Cobra
auf einen Streit gefasst. »Dann ist unsere Abmachung geplatzt«, sagte sie ohne Umschweife.
Er kniff überrascht die Augen zusammen. »Was?«
»Ich sagte, unsere Abmachung ist geplatzt. Sie können ebenso gut gleich nach Milika zurückfahren, denn ich werde allein nach Mangus gehen.«
»Das ist doch lächerlich. Ich werde nicht zulassen, dass Sie so etwas … so etwas …« Er schwieg, als ihm entnervt bewusst wurde, dass er zu stottern anfing. »Außerdem, worüber müssen wir uns Sorgen machen? Mit Ihren Fähigkei…«
»Meine Fähigkeiten sind so konstruiert, dass ich mich damit schützen kann«, schnitt sie ihm das Wort ab. »Keine Freunde oder Menschen in meiner Nähe, nur mich allein. Und solange Sie nicht mit mir zusammenarbeiten wollen, kann ich das Risiko nicht eingehen, dass Ihnen etwas zustößt.«
»Wieso nicht?«, knurrte er voller Wut. »Weil mein Vater Ihnen die Shahni auf den Hals hetzen würde?«
»Weil Sie mein Freund sind«, erwiderte sie ruhig.
Eine Weile starrte er sie bloß wütend an. Mit einem Satz hatte sie alle Argumente aus dem Weg geräumt. »Also schön«, presste er endlich hervor. »Ich biete Ihnen einen Kompromiss an. Wenn Sie beweisen können, dass wir tatsächlich in Gefahr sind, stimme ich allem zu, was Sie sagen.«
Sie zögerte, dann nickte sie. »Klingt fair. Also gut … mal sehen. Vermutlich fangen wir am besten damit an, dass Sie Bürgermeister Capparis’ Büro anrufen und dort eine Nachricht hinterlassen, dass wir in eine andere Wohnung ziehen. Wir werden natürlich nirgendwo anders hingehen«, beeilte sie sich hinzuzufügen, »aber wenn es dort einen Informanten gibt, wird er das zu seinem Schlägertrupp durchsickern lassen. Dann suchen wir uns ein Plätzchen am Spielfeldrand und sehen in aller Ruhe zu, was passiert. Wenn überhaupt etwas passiert.«
Er biss die Zähne aufeinander, überlegte ohne Erfolg, was er dagegen einwenden könnte. Dann trat er unvermittelt ans Fon.
Bürgermeister Capparis war natürlich nicht im Haus, wahrscheinlich befand er sich noch bei einem Treffen mit seinen Heyats in seinem privaten Sajada . Daulo hinterließ die Nachricht, unterbrach die Verbindung und drehte sich wieder zu Jin um. »Na gut. Und jetzt?«
»Jetzt laden wir wieder alles in den Wagen und tun, als reisten wir ab«, erklärte sie ihm. »Wir müssen ohnehin aus dem Haus, um uns Stadtkleidung zu besorgen. Zuerst jedoch werden wir uns ganz in der Nähe eine Wohnung suchen, die als Versteck einleuchtend ist.«
»Das wird nicht schwer sein«, brummte Daulo und ging zu der Stelle, wo er am Abend zuvor seinen Koffer ausgepackt hatte. »Wir suchen einfach nach einem Apartment, an dessen Tür sich kein Protektor befindet.«
»Protektor?«
»Ja«, sagte er. »Die traditionellen, geschnitzten Medaillons, die jeder Haushalt neben seiner Tür anbringt, um sich vor dem bösen Blick zu schützen. Sind sie Ihnen in Milika nicht aufgefallen?«
Ihm blieb die kleine Befriedigung, zu sehen, wie ihr die Zornesröte ins Gesicht schoss. »Nein, ich fürchte, die sind mir völlig entgangen«, gestand sie. »Na ja … schön. Das wird die Suche auf jeden Fall vereinfachen.«
»Und was geschieht, wenn wir diese leere Wohnung gefunden haben?«
Sie setzte ein schiefes Lächeln auf. »Mit etwas Glück wird irgendwann heute Abend dort eingebrochen werden.«
Und damit verschwand sie im Schlafzimmer. Nein, sagte Daulo sich entschieden, du willst es überhaupt nicht wissen. Er schluckte und machte sich wieder ans Kofferpacken.
68
»Sie wollen tatsächlich so nach draußen gehen?«, fragte Daulo.
Jin stand vor dem größten Spiegel des Apartments und betrachtete sich ein letztes Mal in ihrem grauen Nachtkampfanzug, dann drehte sie sich um und sah ihn an. Er saß auf dem Sofa, malte nervös mit dem Finger Muster auf den kleinen Tisch neben sich und blickte sie wütend und mit nur knapp beherrschtem Widerwillen an. »Wenn es mein Aufzug ist, der Ihnen nicht passt«, meinte sie kühl, »dann sollten Sie sich besser daran gewöhnen. Nach dem, was Sie mir erzählt haben, stellt Mangus fast ausschließlich Männer für die Arbeitstrupps ein, und wenn ich dort unterkommen will, dann nur als Mann verkleidet.«
Er brummte etwas Unverständliches. »Die ganze Geschichte ist lächerlich. Selbst wenn es dort draußen tatsächlich Leute gäbe, die es auf uns abgesehen haben, wie kommen Sie darauf, sie wären auf Ihr kleines Spielchen reingefallen? Angenommen, sie haben gar nicht gemerkt, dass das unser
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