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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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mit mir«, sagte er endlich. »Ich riskiere meine Ehre und meine Stellung für Sie, und als Gegenleistung bringen Sie mich in Rage, um alle anderen Empfindungen zu vertreiben.«
    »War das der Grund, warum Sie mich begleiten wollten?«, konterte sie. »Und wo Sie es schon angesprochen haben, verraten Sie mir doch: Wenn ich Ihren Avancen entgegenkäme, würden Sie sich nicht eines Tages fragen, ob ich Sie nicht dazu herausgefordert habe?«
    Daulo schwieg sie einen Augenblick lang wütend an. »Womöglich würde ich das, ja. Aber ist es so besser? Vielleicht fordern Sie mich durch diese geheimnisvolle Aura heraus, die Sie umgibt, eine Aura, die sich vielleicht in nichts auflöste, wenn Sie das normale Verhalten einer Frau an den Tag legten.«
    Jin schüttelte den Kopf. »Ich fordere Sie nicht heraus, Daulo Sammon. Sie helfen mir aus Eigennutz. Außerdem sind Sie zu klug, um Entscheidungen Ihren Hormonen zu überlassen.«
    Er lächelte bitter. »Und jetzt machen Sie es zu einer Sache der Ehre, wenn ich mich von Ihnen fernhalte. Sie sind eine gewiefte Schauspielerin, Jasmine Moreau.«
    »Das ist kein Spiel!«
    »Als ob das wichtig wäre. Im Endergebnis ist es das Gleiche.« Er kehrte ihr den Rücken zu, stapfte zu den Taschen hinüber, die sie mit hereingebracht hatten, und begann, darin zu wühlen. »Am besten schlafen Sie ein wenig, wir müssen zum Gottesdienst
früh aufstehen.« Er zerrte eine Decke hervor, ging hinüber zur Wohnzimmercouch und begann, es sich bequem zu machen.
    Gottesdienst?, wunderte sie sich. In Milika haben sie das nie gemacht. Gibt es das nur in den Städten? Sie öffnete den Mund und wollte fragen … es schien jedoch keine gute Idee, das Gespräch noch fortzusetzen. »Verstehe«, sagte sie stattdessen. »Gute Nacht, Daulo.«
    Er brummte eine Antwort. Jin verzog den Mund, machte kehrt, ging ins Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich.
    Minutenlang saß sie auf dem Bett und überlegte, ob sie die ganze Geschichte nicht vielleicht falsch angefangen hatte. Wäre es wirklich so schlimm gewesen, auf seine Avancen einfach einzugehen?
    Doch, natürlich, wäre es das … weil sie es nicht ehrlich gemeint hätte, nur um einer Diskussion mit ihm über diesen Punkt aus dem Weg zu gehen, um die Gastfreundschaft seiner Familie zu erwidern, oder vielleicht auch, ganz zynisch, um sich seiner weiteren Zusammenarbeit zu versichern, indem sie ihn gefühlsmäßig an sich band.
    Ihre Cobra-Ausrüstung machte sie zu einem Arsenal fürchterlicher Waffen. Sie hatte nicht die Absicht, auch noch ihren Körper hinzuzufügen.
    Eines Tages würde Daulo das begreifen. Hoffentlich.
     
    Daulo weckte sie kurz nach Sonnenaufgang, und nachdem sie sich – jeder für sich, versteht sich – in dem viel zu engen Bad gewaschen hatten, verließen sie die Wohnung und machten sich auf den Weg die Straße hinunter.
    Bei Tag war Azras verblüffend anders, als es am Abend vorher erschienen war. Wie in den Städten, die Jins Onkel Joshua bei seinem Besuch auf Qasama besucht hatte, waren die unteren Partien der Gebäude Azras’ in den Farben des Waldes bemalt. Manchmal hatte man den Eindruck, die Muster würden sich bewegen. Oberhalb davon waren die Gebäude leuchtend weiß und bewiesen damit jene Art sorgfältiger Pflege, die entweder von gesundem
Finanzhaushalt der Stadt oder großem Bürgerstolz zeugte – oder von beidem.
    Hauptsächlich war es jedoch die große Menge Menschen, die ihr auffiel.
    In verblüffend großer Zahl waren sie unterwegs, und alle hatten offensichtlich das gleiche Ziel wie Jin und Daulo. Gehen sie alle zum Gottesdienst?, fragte sie sich. »Wo genau gehen wir eigentlich hin?«, erkundigte sie sich leise bei Daulo.
    »In eines der Sajadas in der Stadt«, erklärte er ihr. »Man erwartet, dass jeder – auch Besucher – freitags zum Gottesdienst geht.«
    Sajada. Das Wort klang vertraut, und nach einer Weile machte es klick . Daulo hatte ihr das Sajada in Milika bei ihrer ersten Stadtrundfahrt gezeigt, aber zu diesem Zeitpunkt hatte sie sich noch als Qasamanerin ausgegeben und Angst gehabt, zu fragen, um was es sich dabei handelte. Aber warum waren sie dann niemals dorthin gegangen …? Ach, natürlich. Vermutlich fand dieser Gottesdienst nur einmal in der Woche statt, und an ihrem ersten Freitag auf Qasama hatte sie im Bett gelegen und die Verletzungen von ihrem Absturz auskuriert.
    Was ihr ein Problem vergegenwärtigte: Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, was jetzt auf sie zukam und was von ihr erwartet

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