Cobra
auf ein Hochplateau mit dem Namen Massada zurück. Die Römer umzingelten es und versuchten ein Jahr lang, es einzunehmen.«
Deutschs dunkle Augen waren fest auf seine gerichtet. »Und, haben sie es geschafft?«
»Ja. Aber die Verteidiger hatten einen Schwur abgelegt, sich nicht lebendig besiegen zu lassen … und als die Römer dann in das Lager einmarschierten, fanden sie dort nur Leichen vor. Die Verteidiger hatten den Freitod der Gefangenschaft vorgezogen.«
Deutsch leckte sich die Lippen. »Ich hätte versucht, noch ein paar Römer mehr mitzunehmen.«
Halloran zuckte mit den Achseln. »Ich auch. Aber darum geht es gar nicht. Sie haben verloren, aber sie wurden nicht besiegt, wenn du den Unterschied verstehst. Zwar haben die Römer am Ende den Krieg gewonnen, aber Massada ist niemals in Vergessenheit geraten.«
»Hm.« Deutsch starrte noch einen Augenblick ins Leere, dann griff er unvermittelt nach seiner Karte. »Trotzdem, bei diesem Spiel wäre mir ein etwas positiveres Ende lieber«, meinte er energisch. »Kannst du da draußen irgendwas besonders Vielversprechendes für unseren nächsten Ausfall sehen?«
Halloran richtete seine Aufmerksamkeit wieder aus dem Fenster und fragte sich, ob er mit seinen aufmunternden Worten etwas erreicht hatte. »Ein paar sehr eindeutig ausgebrannte Gebäude in südwestlicher Richtung, die möglicherweise gute Deckung für ein Postenhaus oder einen verdeckten Tunneleingang bieten. Und hinter dieser Schutzmauer ein Stück weiter hinten liegt ein regelrechter Dschungel.«
»Die Tyler-Villa«, bestätigte Deutsch mit einem Nicken und trug die Positionen auf seiner Karte ein. »Vor dem Krieg war das Haus von sehr hübschen Gärten und Obstgärten umgeben. Inzwischen
werden die Gärtner von Tyler längst das Weite gesucht haben.«
»Sieht aus, als könnte man unter dem Gestrüpp eine ganze Panzerdivision verstecken. Ist es möglich, dass die Trofts das Gelände eingenommen haben?«
»Kann sein, aber es ist schwer vorstellbar, wie sie das ohne offensichtliche Schlacht geschafft haben sollen. Zum einen ist die Mauer nicht bloß zur Zierde da, und Tyler hat bestimmt noch schwereres Gerät in der Hinterhand. Außerdem hat noch niemand Trofts beim Betreten oder Verlassen des Gebäudes gesehen.«
»Da fällt mir ein – wir sollten vielleicht ein sicheres Fon suchen und uns zurückmelden, bevor wir die Stellung wechseln. Mal hören, ob die Späher schon irgendetwas herausgefunden haben, was die Troftbewegungen anbelangt.«
»Wenn sie in vier Monaten nichts herausgefunden haben, warum dann ausgerechnet jetzt?«, gab Deutsch zu bedenken und faltete seine Karte zusammen. »Na gut, melden wir uns trotzdem zurück. Und dann nehmen wir uns die ausgebrannten Gebäude vor.«
»Einverstanden.« Zumindest, dachte Halloran, hat er jetzt noch etwas anderes, über das er grübeln kann, als simple Gewinn-Verlust-Berechnungen. Vielleicht reicht das ja schon.
Erst als sie die dunkle Treppe zur Straße hinunterstiegen, kam ihm in den Sinn, dass es vielleicht nicht das Allerklügste gewesen war, Deutsch in seiner gegenwärtigen Verfassung etwas von Selbstaufopferung zu erzählen.
Wie sich herausstellte, war Ilona eine wandelnde MagCard mit Informationen über die Tyler-Villa.
Sie kannte das Gebäude von außen, kannte den Grundriss der Hauptgärten, wie sie vor dem Krieg ausgesehen hatten, sowie die Größe und ungefähre Lage eines Teils ihrer Räumlichkeiten. Sie konnte sowohl die Steinmetzarbeiten an der fünf Meter hohen Außenmauer beschreiben als auch die Ausmaße der Mauer angeben,
und sie hatte zumindest eine allgemeine Vorstellung von der gesamten Anlage der Villa und des Grundstücks. Jonny war ungeheuer beeindruckt, bis ihm auffiel, dass alle ihre Informationen klangen, als stammten sie aus einem dieser Boulevardblättchen, wie es sie überall im Imperium gab. Jene Informationen, die sowohl er als auch ein mutiger Eindringling nützlicher gefunden hätten – Sicherheitssysteme, Waffenstellungen und dergleichen -, fehlten völlig. Schließlich – und mit Bedauern – entschied er, dass sie lediglich einer jener begeisterten Fans der geheimnisvollen Aura um den Namen Tyler war, von der sie bereits kurz gesprochen hatte.
Dennoch, man hatte ihm beigebracht, wie man aus dem äußeren Erscheinungsbild von Gebäuden seine Schlüsse zieht, und selbst wenn man bedachte, dass diese Informationen aus zweiter Hand stammten, konnte er sich ein brauchbares Bild dessen machen, was Tyler
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