Cocaine oder die Lust zur Hingabe
aus der Stirn, schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und nickte. „Er wartet schon auf Sie, Sergeant. Einen Augenblick, ich melde Sie an." Sie drückte die entsprechende Taste auf der Gegensprechanlage und ließ ihn dabei keinen Augenblick aus den Augen. Sie flirtete mit ihm was das Zeug hielt. „Mr. Dunkirk? Sergeant Hooker und ..."
Aidan kam ihr rasch zur Hilfe und nannte ihr seinen Namen und Dienstgrad. „... und Special Agent Robineaux sind hier und möchten Sie sprechen.", fuhr sie erleichtert fort. Joes Anblick hatte sie so völlig aus dem Konzept gebracht, dass sie vergessen hatte, Aidan nach seinem Namen zu fragen.
„Gut, führen Sie die Herren bitte herein, Maggie.", kam es aus dem Lautsprecher.
Maggie ging vor und öffnete die schwere, mit grünem Leder gepolsterte Tür. Alte glänzend polierte Möbel, Teppiche und Gemälde sorgten für Atmosphäre, cremegelbe Seidengardinen für freundliches Licht, das die weiß gestrichenen Wände und die stuckverzierte hohe Decke aufleuchten ließ.
Aus alter Gewohnheit zwinkerte er Maggie im Vorbeigehen zu und erntete ein verlegenes Kichern.
***
Aidan beobachte, wie Jonathan Dunkirk sich hinter seinem Schreibtisch erhob und ihnen mit schweren Schritten aber aufrecht entgegen kam, um sie zu begrüßen. Der Raum wirkte sehr gemütlich. Den glänzenden honigfarbenen Parkettboden bedeckten drei riesige Perserteppiche aus schimmernder Seide und die Wände verschwanden komplett hinter Bücherregalen. Bis auf die Stellen, an denen man die Gemälde platziert hatte. Es waren lichtdurchflutete englische Landschaftsaquarelle, jedes mit einer eigenen kleinen Lampe darüber zum Leuchten gebracht. Mit der Leichtigkeit, die sie ausstrahlten, schienen sie das Ge- wicht der Regale auszugleichen.
„Guten Morgen, meine Herren ... setzen Sie sich doch. Darf ich Ihnen Kaffee anbieten? Maggie, bringen Sie bitte drei Tassen Kaffee und dann sorgen Sie dafür, dass wir nicht gestört werden, ja?"
Aidan und Joe sahen sich erstaunt an. Normal war dieser freundliche Empfang nicht. Wenn es um die Polizei ging, mauerten die meisten. Auch wenn die Aufklärung des Falls in ihrem Interesse lag. Dunkirk schien zwar aufs höchste angespannt, blieb aber freundlich. Wenn er um seine Frau trauerte, sah man es ihm zumindest nicht an.
„Was wollen Sie wissen?", fragte er, als sie sich in die gemütlichen englischen Polstersessel um den kleinen Besuchertisch herum niederließen.
Aidan überließ Joe die Gesprächsführung und versuchte statt dessen, die Reaktionen des Bankers einzuschätzen. Durchschnitt, war das Wort, was ihm zuerst bei Dunkirk in den Sinn kam. Er war von durchschnittlicher Größe, nicht dick, aber auch nicht gerade schlank zu nennen. Seine Haare waren einmal mittelblond gewesen, jetzt jedoch ziemlich ergraut, seine Gesichtszüge wirkten angenehm, und doch hatte er nur wenig Ausstrahlung. Das einzige, was Aidan wirklich angenehm an ihm auffiel, war seine ruhige Würde, die so natürlich wirkte wie eine zweite Haut.
„Mr. Dunkirk, dürfen wir Ihnen im Namen der gesamten Polizei von San Francisco unser Beileid aussprechen? Es muss ein großer Verlust für Sie gewesen sein. Ich hoffe, Sie werden mir trotzdem ein paar Fragen beantworten, auch wenn sie vielleicht etwas unangenehm für Sie sein werden.", begann Joe.
In Dunkirks Augen flackerte es kurz auf, dann wurden sie dunkel vor Trauer. „Danke. Natürlich beantworte ich Ihre Fragen. Ich fürchte nur, ich werde Ihnen nicht viel weiterhelfen können."
Schwer zu sagen, ob seine Trauer gespielt war oder er sich vorher nur gut im Griff gehabt hatte, um sie nicht zu zeigen. Aidan neigte zu letzterem. Dieser Mann war zur Disziplin erzogen worden. Er schien es gewöhnt, unter allen Umständen Haltung zu bewahren. Das gebot ihm schon die Familienehre. Aidan kannte das nur zu gut, schließlich war er selbst ebenso aufgewachsen. Die Ehre stand an erster Stelle. Sie bedeutete alles im Leben.
„Sie wussten also nicht, dass Ihre Frau kokainabhängig war?"
„Nein, ganz und gar nicht. Seit wir vor einem Jahr heirateten, haben wir eine glückliche Ehe geführt."
Als Joe ihn schweigend und ein wenig skeptisch ansah, fuhr er nachdenklich fort: „Ich glaube allerdings nicht daran, dass man unbedingt alles über seinen Partner wissen sollte. Ich habe Arlena dazu ermutigt, ihr Leben so weiterzuführen, wie sie es gewohnt war. Wir hatten natürlich nicht den gleichen Freundeskreis, und ich wollte nicht, dass sie meinetwegen irgend etwas
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