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Cocaine oder die Lust zur Hingabe

Cocaine oder die Lust zur Hingabe

Titel: Cocaine oder die Lust zur Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Waters
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aufschlussreich, wenn man weiß, welche Gesichtsmuskeln bei den verschiedenen Gefühlsregungen ange- spannt werden. Selbst wenn die Leute versuchen, sie zu unterdrücken, die Reflexe sind schneller. Auch nur ansatzweise ausgeführt, können sie sehr viel verraten. Und dann sind da noch die Gesten. Die Leute achten viel zu wenig auf ihre Hände. Sie verraten viel von der inneren Spannung."
    „Sie sind wohl ein richtiger Lügendetektor, was?", meinte Joe sarkastisch und dachte, dass Aidan selbst ja wohl das beste Gegenbeispiel für seine These war. Bei dem zuckte gar nichts, nicht mal ansatzweise.
    „Ich habe mich ein wenig mit der menschlichen Mimik beschäftigt – ein sehr interessantes Feld. Jetzt zum Beispiel sagt mir Ihr Gesicht, dass Sie zwar sauer, aber auch fasziniert sind. Allzu langweilig kann das Thema für Sie nicht sein."
    Joe brummte nur und sah Aidan zu, wie er sich anschnallte. Was sollte er von ihm halten? Weshalb war er wirklich eingeschaltet worden? Groß und
    breitschultrig passte er kaum in den Sitz, und seine Oberschenkel waren so durchtrainiert, dass Joe die Muskelstränge unter dem Stoff der Hose spielen sah, wenn er sich bewegte.

Trotzdem wirkte er nicht wie ein stupider Bodybuilder, eher wie ein eleganter Boxer oder ein Sprinter, eben der perfekte FBI-Mann, intelligent und schnell. Joe wandte sich ab und startete den Motor, drückte das Gaspedal bis zum Anschlag durch und fädelte sich mit sirrenden Reifen in den Verkehr ein.
    „Immer noch nervös?", kam es von nebenan.
    „Nervös? Ich? Ich bin doch nicht nervös." Joe warf ihm einen schnellen, gehetzten Seitenblick zu, drosselte dann aber das Tempo.
    „Nur, dass wir das noch einmal klarstellen. Ich bin nicht gekommen, um Ihre Methoden zu überprüfen oder mich auch nur im Geringsten in Ihre Ermittlungen einzumischen. Soweit ich das vermag, möchte ich Ihnen, wie man so schön sagt, mit Rat und Tat zur Seite stehen, das ist alles. Der Feind ist dort draußen, nicht hier in drinnen."
    Joe antwortete nicht. Er hatte mehr auf Aidans Stimme geachtet als auf das, was er sagte. Aidan sprach langsam und akzentuiert, aber seine Heimat konnte er nicht verleugnen. Der sexy Ton seines weichen Südstaatendialektes ging Joe durch Mark und Bein. Doch dann riss er sich zusammen. So leicht ließ er sich nicht einwickeln. Der Typ konnte so viel dahersülzen wie er wollte, Joe machte sich seine eigenen Gedanken und sein Bauchgefühl warnte ihn vor Aidan, so einfach war das.

    ***
    Während Joe sein Tonbandgerät suchte, das ihm während der Fahrt unter den Sitz gerutscht war, ging Aidan schon einmal vor, die Auffahrt zur Villa hinauf. Sie lag in den Hügeln über der Stadt, eine der besten Wohngegenden in San Francisco. Das Haus verschwand fast zwischen den üppigen hohen Blütensträuchern und unter den alten Bäumen des großen Gartens. Ein halbrunder, von vier weißen Säulen getragener Balkon überdachte den Eingang und das Stockwerk darüber, fast wie bei ihm zuhause.
    Aidan wartete im Schatten, sah Joe schließlich im Gegenlicht auf sich zukommen. Aidan blinzelte, als sähe er eine Spiegelung in der vor Hitze flimmernden Luft über dem heißen Asphalt. Das Licht ließ Joes Gestalt erstrahlen, umflimmerte ihn, löste die Konturen auf. Aidan schluckte, die Hitze drang plötzlich mit doppelter Wucht auf ihn ein. Fast war es, als zöge Joe selbst die Sonnenstrahlen an wie ein junger Gott. Sein Gesicht lag im Schatten, seine Miene wirkte ernst, fast düster, der leichte Wind zerzauste sein Haar. Der verwaschene Stoff der Jeans schmiegte sich weich um sein Geschlecht und seine Oberschenkel, unterstrich jede seiner Bewegungen.
    Aidan atmete tief durch und verschwand hinter der Säule, neben der er stand, lehnte sich erschöpft dagegen. Wiederwillig schüttelte er den Kopf, um das dumpfe Gefühl loszuwerden, das sein Gehirn umnebelte. Mann o Mann, was war das denn? Die ungewohnte Hitze, so früh im Jahr? Er konnte sich nicht erinnern, wann er sich zuletzt so wenig im Griff gehabt hatte. Es ging ihm nicht gut, nein, es ging ihm gar nicht gut. Hitze hin, Hitze her, dieser Mann ging ihm schwer an die Nieren. Warum musste er ausgerechnet mit ihm zusammenarbeiten? Diesmal fiel es Aidan nicht leicht, seine Gefühle zu verbergen. Dabei kannte er ihn noch nicht einmal richtig.

***
    Eine Hausdame in schwarzem Kleid öffnete ihnen die Tür und begrüßte sie standesgemäß. „Sie wünschen?"
    Joe zog seine Dienstmarke und zeigte sie ihr. „Sergeant Hooker und

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