Cocaine oder die Lust zur Hingabe
praktischen Seiten hatte.
„Die Freundin heißt Susan Woods. Sie sagt, sie hätte niemanden bei Arlena gesehen, den sie nicht kannte. Arlena sei allein zur Toilette gegangen, während Susan auf sie wartete, weil sie danach zusammen nach Hause fahren wollten. Miss Woods ist zur Zeit bei den Dunkirks zu Besuch. Als es ihr zu lange dauerte, ging sie nachsehen und fand ihre Freundin auf dem Teppich vor den Waschbecken. Stellen Sie sich vor, die haben tatsächlich Perserteppiche in den Waschräumen liegen."
Aidan erwiderte sein jungenhaft ungläubiges Grinsen.
„Für uns war das natürlich praktisch. Die Spurensicherung brauchte ihn nur einzurollen und mitzunehmen. Er war am Abend davor noch gründlich abgesaugt worden. Vielleicht haben wir Glück."
Aidan nickte nachdenklich. „Ich würde mich nicht darauf verlassen. Wenn wirklich jemand Arlena gezielt umgebracht hat, dann ist dieser jemand ziemlich schlau vorgegangen. Hatte es nicht nötig, am Tatort aufzutauchen. Wusste diese Susan, wo Arlena den Stoff herbekam?"
„Nein. Aber ich habe mir angewöhnt, jeden Zeugen im Verlaufe der Ermittlungen nochmals zu verhören. Sie würden staunen, was den Leuten mit der Zeit alles wieder einfällt, wenn der erste Schock nachlässt und ihnen klar wird, wie ernst die Sache ist."
Aidan nickte. „Kann ich mir denken."
***
„Wir sind da." Joe wies auf ein riesiges altes Gebäude mit Säuleneingang und Stuckfassade. „Die Bank ist eine der ältesten der Stadt. Sie ist bereits seit neun Generationen im Besitz der Dunkirks."
Er lenkte den Wagen mit quietschenden Reifen und angezogener Handbremse geschickt in eine Parklücke, keine fünfzig Meter von dem Gebäude entfernt. Dann riss er die Tür auf und sprang hinaus, sog tief die Luft ein, als wäre es köstlichstes, sauerstoffgeschwängertes Bergaroma. Endlich wieder draußen! Aidan machte ihn total nervös, richtig kribbelig. Er hielt es kaum aus, so nah neben ihm zu sitzen. Zuerst das Prickeln, das ihm vorhin bei seinem Handschlag durch den Körper gefahren war und jetzt diese coole Masche. Die Augen, die jeder seiner
Bewegungen zu folgen schienen, und doch völlig ruhig und unbeteiligt blieben, sich jeden Urteils über ihn enthielten. Diese Distanziertheit konnte einem schon gehörig auf die Eier gehen.
Joe hatte in seinem Beruf mit vielen Menschen zu tun, bildete sich ein, bereits ein gehöriges Maß an Menschenkenntnis zu besitzen. Ihm machte so schnell niemand etwas vor. Aber bei Aidan kam er einfach nicht dahinter, was unter der glatten Oberfläche vor sich ging. Der Kerl war so unergründlich, dass er ihn total verunsicherte. Joe hatte ihn aus den Augenwinkeln beobachtet, um das Rätsel zu
lösen. Und er hatte dabei mehr von Aidan gesehen, als vom Verkehr. Fuck, er war durch die Straßen gesurft wie ein blinder Idiot.
Und Aidan? Der saß nur cool neben ihm, als handele es sich um eine gemütliche Spazierfahrt. Jeder andere hätte sich irgendwo angeklammert und ihm die Meinung gegeigt, vor allem, als er die Lady mit dem Kinderwagen beinahe von der Straße gefegt hätte. Aidan hatte nur kurz eingegriffen und sich ansonsten nicht weiter aufgeregt. Wenn Aidan nicht so geistesgegenwärtig gewesen wäre ... Joe schuldete ihm was.
Für einen Augenblick kam ihm das Gefühl wieder in den Sinn, als er bei der Aktion in Aidans Arme gedrückt wurde ... und er dachte schnell wieder weg. Das war doch ... der Schock des Beinaheunfalls musste schuld daran sein. Genau, eine Sinnestäuschung. Anders konnte er es sich nicht vorstellen. Sich in den Armen eines anderen Mannes als seines Vaters geborgen zu fühlen ... drehte er langsam durch, oder was?
Wie alt war der Bursche eigentlich, dreißig? Vielleicht nicht ganz. Und hatte es schon zum Special Agent gebracht – wahrscheinlich nicht ohne Grund.
Jetzt erinnerte sich Joe, doch schon mal von ihm gehört zu haben. Man munkelte, dass er einer alten vornehmen Familie entstammte. Der Familiensitz sollte tatsächlich eine dieser riesigen Südstaatenkästen in Louisiana sein mit einer ganzen Batterie von Marmorsäulen drum herum und auf eigenem Grund und Boden von der Größe einer Stadt.
***
„Guten Morgen, Sergeant Hooker.", empfing ihn Dunkirks Sekretärin, als er ihr seine Marke zeigte. Er hatte sich vorsorglich telefonisch angemeldet.
„Guten Morgen, Ms. Miller, ist er da?"
Sie schien ihm auf ihrem Stuhl regelrecht entgegen zu wachsen. Ihre Augen leuchteten. Sie strich sich kokett eine Strähne ihres dunkelblonden Haares
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