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Cocktail fuer einen Vampir

Cocktail fuer einen Vampir

Titel: Cocktail fuer einen Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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musste über die Leiche steigen.
    »Vielen Dank, meine Liebe.« Der Anwalt trank das Glas mit einem einzigen langen Zug aus. Ich schenkte ihm nach. Und war froh, als ich mich wieder hinsetzen konnte.
    »Sie sehen irgendwie mitgenommen aus«, bemerkte ich, denn ich hatte ihn gemustert, als er trank. Normalerweise war Mr Cataliades immer sehr gut gekleidet und trug teure Anzüge, die zwar seine rundliche Figur nicht kaschieren konnten, ihn aber zumindest wohlhabend erscheinen ließen. Der Anzug, den er heute trug, hatte beim Kauf bestimmt noch sehr viel besser ausgesehen. Doch jetzt war er voller Risse, Löcher, ausgefranster Stellen und übersät mit Flecken. Seine einst gepflegten Halbschuhewaren nicht mehr zu retten. Sogar seine Socken waren völlig zerfetzt. Und in seinem dunklen Haar, das wie eine Tonsur seine Glatze umschloss, hingen Blätter, kleine Zweige und ein paar Steinchen. Konnte es sein, dass er keine Gelegenheit zum Umziehen mehr gehabt hatte, seit ich ihn das letzte Mal hier in dieser Küche sitzen sah, auf der Flucht vor vierbeinigen blitzartigen Streifen der Düsternis?
    »Ja«, gab er zu und sah an sich hinunter. »›Irgendwie mitgenommen‹ ist noch nett ausgedrückt. Diese Streifen der Düsternis waren Höllenhunde.« Es schockierte mich nicht weiter, dass er meine Gedanken lesen konnte; meine eigene telepathische Fähigkeit war ein Geburtstagsgeschenk von Mr Cataliades gewesen. Es war ihm immer bestens gelungen, sein eigenes Talent zu verbergen; nicht mit einem einzigen Blick hatte er je verraten, dass er die Gedanken der Menschen lesen konnte. Doch ich hatte irgendwann mal messerscharf geschlossen, dass er diese Gabe wohl auch selbst besitzen musste, wenn er sie verschenken konnte. »Die Höllenhunde haben mich sehr lange verfolgt, und ich wusste überhaupt nicht, warum. Ich konnte einfach nicht verstehen, was ich getan hatte, um ihren Meister zu erzürnen.« Er schüttelte den Kopf. »Jetzt weiß ich es natürlich.«
    Ich wartete darauf, dass er mir erzählen würde, was er getan hatte, doch so weit war er noch nicht.
    »Schließlich war ich den Höllenhunden weit genug voraus, dass ich einen Hinterhalt planen konnte. Zu dem Zeitpunkt hatte Diantha mich bereits gefunden und beteiligte sich an der Überraschung, die ich für sie vorbereitet hatte. Wir hatten … ziemlich zu kämpfen mit den Höllenhunden.« Einen Augenblick lang schwieg er. Ich betrachtetedie Flecken auf seiner Kleidung und holte einmal tief Luft.
    »Bitte sagen Sie mir nicht, das Diantha tot ist«, bat ich ihn. Seine Nichte Diantha war eins der ungewöhnlichsten Geschöpfe, dem ich je begegnet war, und das wollte schon etwas heißen, wenn man bedachte, wen ich so alles in mein Adressbuch aufnehmen könnte.
    »Wir siegten«, erwiderte er nur. »Aber es hat natürlich seinen Tribut gefordert. Ich lag viele Tage lang im Wald versteckt, bevor ich wieder in der Lage war zu reisen. Diantha hat sich schneller erholt, da ihre Wunden nicht so tief waren, und sie brachte mir zu essen und begann damit, Informationen zusammenzutragen. Wir mussten die Situation erst verstehen, bevor wir anfangen konnten, uns aus dem Schlamassel zu befreien.«
    »Aha«, sagte ich und fragte mich, wohin das Ganze führen würde. »Wollen Sie mir diese Informationen mitteilen? Ich bin ziemlich sicher, dass dieser Kerl den Brief meiner Gran gar nicht richtig verstanden hat.« Ich nickte zu der Leiche hinüber.
    »Er hat den Zusammenhang vielleicht nicht verstanden und glaubte nicht an Elfen, aber er hat den Namen ›Cluviel Dor‹ gelesen«, erwiderte Mr Cataliades.
    »Aber woher wusste er dann, dass es wertvoll ist? Was genau man damit machen kann, wusste er jedenfalls nicht, denn er verstand die Existenz der Elfen ja gar nicht.«
    »Ich habe von meiner Gönnerin Bertine erfahren, dass Callaway den Begriff ›Cluviel Dor‹ gegoogelt hat. Und in dem Fragment einer alten irischen Volkssage hat er einen Hinweis darauf gefunden«, erklärte Mr Cataliades.
    Diese Bertine musste sozusagen Mr Cataliades’ Patentante gewesen sein, genau so wie Mr Cataliades (der besteFreund meines Großvaters) mein Patenonkel war. Einen Augenblick lang fragte ich mich, wie Bertine wohl aussah und wo sie lebte. Doch Mr Cataliades sprach immer noch.
    »Computer sind ein weiterer Grund, dieses Zeitalter zu beklagen, in dem niemand mehr richtig reisen muss, um von anderen Kulturen wichtige Dinge zu lernen.« Er schüttelte den Kopf, und ein Blättchen schwebte zu Boden und landete auf

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