Cocktail fuer einen Vampir
die sich jeden Tag auf die Suche nach so etwas machen.«
»Kann ich es verschenken?«
»Sie werden es brauchen, wenn Sie angegriffen werden. Und Sie werden angegriffen werden«, sagte Mr Cataliadesvöllig sachlich. »Sie können es auch für sich selbst benutzen, wissen Sie; die Liebe zu sich selbst ist ein legitimer Auslöser der Magie. Wenn Sie es jemand anderem geben, so besiegelt das dessen Tod. Und ich glaube, das wollen Sie nicht wirklich, obwohl ich Sie so gut auch wieder nicht kenne.«
Wow. Jede Menge wunderbarer Neuigkeiten.
»Wenn Adele es nur selbst benutzt hätte, um ihr eigenes Leben zu retten oder das eines ihrer Kinder. Dann müssten Sie diese Bürde nicht tragen. Ich kann nur vermuten, dass sie wohl nicht an die Kräfte des Cluviel Dor geglaubt hat.«
»Vermutlich nicht«, stimmte ich zu. Und selbst wenn, dann hätte sie es höchstwahrscheinlich kaum für eine christliche Tat gehalten, es zu benutzen. »Wer also ist hinter diesem Cluviel Dor her? Ich nehme an, das wissen Sie inzwischen.«
»Ich bin nicht sicher, dass dieses Wissen gut für Sie wäre«, erwiderte er.
»Wie kommt es eigentlich, dass Sie meine Gedanken lesen können, ich Ihre aber nicht?« Ich hatte es langsam satt, so durchschaubar zu sein. Jetzt wusste ich endlich, wie andere Leute sich fühlten, wenn ich hier und da einen Gedanken aus ihrem Kopf pflückte. Mr Cataliades war ein echter Meister darin, dagegen wirkte ich geradezu wie eine Novizin. Er schien immer alles mitzubekommen, und es schien ihm nichts auszumachen. Bevor ich gelernt hatte, mich zu schützen, war die Welt um mich herum ein einziges Gebrabbel in meinem Kopf gewesen. Seit ich mich gegen all diese Gedanken zum größten Teil abschotten konnte, war mein Leben leichter. Aber es war oft auch frustrierend, wenn ich wirklich mal etwas mitbekommenwollte: Nur selten erwischte ich einen vollständigen Gedanken oder verstand den Zusammenhang, in dem er stand. Das eigentlich Erstaunliche war nämlich gar nicht, was ich alles mitbekam, sondern vielmehr, was ich alles verpasste – eine überraschend ernüchternde Erkenntnis.
»Nun, ich bin zum Großteil eben ein Dämon«, erwiderte Mr Cataliades entschuldigend. »Und Sie sind zum Großteil nur Mensch.«
»Kennen Sie Barry?«, fragte ich, und jetzt wirkte selbst Mr Cataliades ein wenig überrascht.
»Ja«, gab er nach einem merklichen Zögern zu. »Der junge Mann kann ebenfalls Gedanken lesen. Ich habe ihn in Rhodes gesehen, vor und nach der Explosion.«
»Wenn ich meine telepathische Begabung Ihrem – nun ja, eigentlich Ihrem Geschenk zur Baby-Party verdanke, wie kommt es dann, dass auch Barry telepathisch veranlagt ist?«
Mr Cataliades richtete sich in seinem Stuhl auf und sah überallhin, nur nicht mir ins Gesicht. »Barry ist mein Ururenkel.«
»Dann sind Sie also sehr viel älter als Sie aussehen.«
Das nahm er als Kompliment. »Ja, meine junge Freundin, das bin ich. Ich vernachlässige den Jungen nicht, wissen Sie. Er kennt mich nicht richtig, und er weiß über seine Herkunft natürlich nicht Bescheid. Aber ich habe ihn schon vor einigen Schwierigkeiten bewahrt. Nicht ganz so wie Ihr Schutzengel Claudine, aber ich habe mein Bestes getan.«
»Natürlich«, erwiderte ich, weil es nicht meine Absicht gewesen war, Mr Cataliades vorzuwerfen, er würde sich nicht um seine eigenen Verwandten kümmern. Ich wareinfach nur neugierig gewesen. Zeit, das Thema zu wechseln, bevor ich ihm noch erzählte, dass mein Schutzengel Claudine getötet worden war, als sie mich zu schützen versuchte. »Werden Sie mir erzählen, wer hinter dem Cluviel Dor her ist?«
Seine Miene drückte tiefes Mitleid mit mir aus. Davon gab’s in letzter Zeit reichlich. »Versuchen wir erst mal, diese Leiche loszuwerden, ja?«, sagte er. »Haben Sie einen Vorschlag für die Entsorgung?«
Ich hatte so selten eine menschliche Leiche entsorgen müssen, dass ich völlig ratlos war. Elfen verwandelten sich in Staub, und Vampire zerfielen zu Asche. Dämonen mussten verbrannt werden. Aber Menschen, das war ein richtiges Problem.
Mr Cataliades, der diesen Gedanken aufgriff, drehte sich mit einem kleinen Lächeln um. »Ich höre Diantha kommen«, sagte er. »Vielleicht hat sie eine Idee.«
Tatsächlich, da glitt die schlanke junge Frau auch schon durch die Hintertür in die Küche. Ich hatte sie weder das Haus betreten hören noch ihr Hirn wahrgenommen. Sie trug wieder mal eine kreischend grelle Kombination: einen kurzen gelb-schwarz gestreiften
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