Cocktail fuer einen Vampir
wieder empfinden würde, doch ich war emotional so mitgenommen, dass ich mich beinahe wie betäubt fühlte. Ein seltsames Gefühl – so als wäre mir die Hand eingeschlafen, und ich wartete nur darauf, dass jeden Moment ein einziges Pieksen und Stechen einsetzen würde. »Ich liebe ihn«, sagte ich, doch selbst in meinen eigenen Ohren klang ich nicht glücklich.
Kapitel 11
Man mag sich wundern, dass ich bereit war, in der Küche zu essen, wo ich eben noch einen grausamen Mord mitangesehen hatte. Aber Tatsache ist, dass Donald Callaways Tod nicht das Schlimmste war, was in meiner Küche geschehen ist – bei Weitem nicht. Vielleicht war ich gefühlsmäßig aber auch so betäubt, dass ich nichts mehr an mich heranließ.
Kurz bevor unser Essen fertig war, kehrte Dermot mir mal den Rücken zu, und ich öffnete die Küchenschublade, holte die Sonnenbrille des Toten wieder heraus und ließ sie in meine Schürzentasche gleiten. Zugegeben, meine Beine waren ziemlich wackelig, als ich mich kurz entschuldigte, um auf die Toilette zu gehen. Und als ich die Badezimmertür sicher hinter mir verriegelt hatte, setzte ich mich erst mal auf den Badewannenrand, stützte meine Hände auf die Knie und atmete ein paar Mal tief durch. Dann stand ich wieder auf, ließ Donald Callaways Sonnenbrille auf die Badematte fallen und trat dreimal schnell nacheinander darauf. Und ohne zwischendrin auch nur einmal nachzudenken, hielt ich dann die Badematte wie einen Trichter über den Mülleimer und schüttelte sie sanft, bis alle Stückchen restlos in dem Plastikbeutel verschwunden waren.
Nach dem Abendessen wollte ich den Beutel rausbringenzum großen Müllcontainer, den wir jeden Freitag vorne an die Straße rollen mussten.
Als ich Dermot rufen hörte, wusch ich mir die Hände und das Gesicht, richtete mich ganz bewusst auf und trat aus dem Badezimmer. Auf dem Weg durch mein Schlafzimmer steckte ich das Cluviel Dor in die Tasche, in der die Sonnenbrille gewesen war. Ich konnte es nicht allein in meinem Zimmer lassen. Jetzt nicht mehr.
Die Hamburger waren gut, und es gelang mir, meinen ganz aufzuessen und hinterher auch noch eine Portion Fruchtsalat. Dermot und ich redeten nicht viel miteinander, was mir sehr recht war. Und als wir den Abwasch machten, erzählte Dermot mir schüchtern, dass er eine Verabredung habe und noch einmal weggehen würde, nachdem er geduscht hatte.
»Donnerwetter!« Ich grinste ihn an. »Wer ist denn die Glückliche?«
»Linda Tonnesen.«
»Die Ärztin!«
»Ja«, erwiderte er etwas skeptisch. »Ich glaube, sie hat gesagt, das ist ihr Beruf. Sie behandelt die Krankheiten der Menschen?«
»Oh, das ist toll, Dermot, wirklich«, sagte ich. »Ärzte sind sehr angesehen in unserer Gesellschaft. Sie nimmt vermutlich an, dass du ein Mensch bist, oder?«
Dermot wurde rot. »Ja, sie hält mich für einen sehr attraktiven Menschen. Ich habe sie vor drei Tagen im Hooligans kennengelernt.«
Es wäre ziemlich dumm von mir gewesen, dazu noch mehr zu sagen. Er war gut aussehend, liebenswürdig und stark. Was konnte eine Frau sich mehr wünschen?
Und wenn ich mir das Chaos in meinem eigenen Liebeslebenso anschaute, war ich ohnehin nicht diejenige, die Tipps von sich geben sollte.
Ich sagte Dermot, dass ich den Abwasch allein fertig machen würde, damit er sich für seine Verabredung fein machen konnte. Und als ich es mir schon mit einem Buch auf dem Wohnzimmersofa gemütlich gemacht hatte, kam er herunter in einer dunkelblauen Hose und einem hellblau gestreiften Hemd. Er sah fantastisch aus, und das sagte ich ihm auch. Er grinste mich an. »Ich hoffe, das findet sie auch«, sagte er. »Ich liebe es, wie sie riecht.«
Das war ein faires Kompliment. Linda Tonnesen war eine kluge Frau mit einem großartigen Sinn für Humor, aber nicht gerade das, was Menschen gemeinhin als schön bezeichnen. Mit ihrem Geruch also hatte sie bei Dermot gepunktet. Das musste ich mir merken.
Als Dermot sich auf den Weg machte, war es schon dunkel. Ich holte die Tüte mit Jannalynns Jacke hervor, verließ das Haus durch die Hintertür und machte mich auf den Weg zu Bill. Und ich fühlte mich schon ein wenig besser, nachdem ich die andere kleine Tüte, den Beutel mit der zertretenen Sonnenbrille, im großen Müllcontainer versenkt hatte. Ich schaltete meine Taschenlampe ein und lief durch den Wald. Es hatte sich schon ein richtiger kleiner Pfad gebildet, denn Bill kam ja oft herüber, sehr viel öfter vermutlich, als ich wusste.
Ich hatte das
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