Cocktail fuer einen Vampir
schwand von ihren Lippen, und sie wurde noch bleicher.
Ich war zwar keine Vampirin, aber anscheinend konnte ich ziemlich bedrohlich wirken.
»Schon gut, schon gut, ich geh ja. Beim Morgengrauen bin ich raus aus Shreveport.« Sie log . Und sie beschloss, einen letzten Versuch zu machen und … ja, was eigentlich? Sie grinste mich höhnisch an und sagte provozierend: »Ist doch nicht meine Schuld, wenn Ihr Typ hungrig ist …« Noch ehe ich mich rühren konnte, hatte Pam ihr mit dem Handrücken eine Ohrfeige verpasst. Die junge Frau taumelte gegen die Wand und glitt daran zu Boden.
»Stehen Sie auf«, sagte Pam in vernichtendem Ton.
Mit sichtlicher Mühe rappelte die Frau sich wieder auf. Jetzt gab es kein unverschämtes Grinsen mehr, keine provozierende Bemerkung. Sie ging dicht an mir vorbei, als sie das Zimmer verließ, und ich nahm ihren Geruch wahr; es war nicht nur ein Hauch von Zweigestaltigkeit um sie, da war auch noch etwas anderes, ihr Blut hatte einen süßlichen Unterton. Sich mit einer Hand an der Wand abstützend, schlich sie den Flur entlang Richtung Wohnbereich.
Nachdem sie zur Tür hinaus war, schloss Pam sie. In dem Schlafzimmer war es seltsam still.
Meine Gedanken rasten in Hunderte von unterschiedlichen Richtungen. Von meinem Zuspätkommen über den neuen Wächter am Tor bis hin zu den merkwürdigen Gedanken der jungen Frau und dem seltsamen Geruch, den ich aus der Nähe an ihr wahrgenommen hatte … und dann richtete sich all meine Konzentration plötzlich auf etwas ganz anderes.
Auf meinen »Ehemann«.
Eric saß immer noch auf dem Bett.
Auf dem Bett, das ich als meins betrachtete. Auf dem Bett, in dem wir Sex hatten. Auf dem Bett, in dem ich schlief.
Er wandte sich direkt an mich. »Du weißt doch, dass ich Blut trinke …«, begann er. Ich hob eine Hand.
»Halt den Mund«, entgegnete ich. Empört wollte er schon wieder das Wort ergreifen. Doch ich wiederholte: »Halt. Den. Mund.«
Ehrlich, wenn ich mich dreißig Minuten lang hätte allein zurückziehen können (oder dreißig Stunden lang oder dreißig Tage), hätte ich die Situation sicher in den Griff kriegen können. Doch so wie es war, musste ich mir auf die Schnelle eine Rede einfallen lassen.
Ich wusste, dass ich nicht Erics einziger Trinkbrunnen war. (Einer allein konnte nicht die einzige Nahrungsquelle für einen Vampir sein; jedenfalls nicht für einen Vampir, der nicht auf synthetisches Blut auswich.)
Nicht sein Fehler, dass er Nahrung brauchte, blabla.
Wenn es freiwillig angeboten wird, warum nicht zugreifen, blabla.
Aber.
Er hatte gewusst, dass ich bald kommen würde.
Er hatte gewusst, dass er von mir trinken könnte.
Er hatte gewusst, dass es mich tief verletzen würde, wenn er sich entschied, das Blut einer anderen Frau zu trinken. Und er hatte es trotzdem getan. Wenn es da nicht etwas gab, das ich nicht wusste über diese Frau, oder etwas, das sie Eric verabreicht und das diese Reaktion bei ihm ausgelöst hatte, dann signalisierte all dies hier, dass er mich gar nicht so sehr liebte, wie ich immer geglaubt hatte.
Mich beherrschte nur der eine Gedanke: Danke, lieber Gott, dass ich die Blutsbande gelöst habe. Wenn ich seine Freude hätte spüren müssen, die er beim Trinken von ihr empfand, hätte ich ihn umbringen wollen.
»Wenn du unsere Blutsbande nicht gelöst hättest«, sagte Eric, »wäre das nie passiert.«
Wieder brach eine Sonneneruption los in meinem Kopf. »Aus genau dem Grund habe ich nie einen Pfahl bei mir«, murmelte ich und fluchte lange und ausgiebig vor mich hin.
Ich hatte nicht zu Pam gesagt, dass sie den Mund halten solle. Und nachdem sie mich mit einem eindringlichen Blick gemustert hatte, um meine Laune einzuschätzen, ergriff sie tatsächlich das Wort. »Du weißt doch, dass du dich schon bald daran gewöhnt haben wirst. Das alles ist nur eine Frage des Timings, nicht der Untreue.«
Einen ziemlich langen Augenblick lang ärgerte ich mich erst mal höllisch über Pams Ansicht, dass ich mich schon noch an Erics Verhalten gewöhnen würde, doch dann musste ich nicken. Was nicht heißen sollte, dass ich mit der ihren Worten zugrunde liegenden Mutmaßung unbedingt übereinstimmte – ich meine, dass es mir egal wäre, was Eric getan hatte, wenn ich mich erst wieder beruhigt hätte. Ich gab ihr nur zu verstehen, dass sie nicht ganz unrecht hatte. Und auch wenn ich innerlich aufschrie, schob ich all die Dinge, die ich eigentlich zu Eric sagen wollte, beiseite, weil hier etwas Gefährlicheres
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