Cocktail fuer einen Vampir
Sie nur in noch größerer Gefahr als jetzt schon«, sagte er, und damit war er auch schon raus aus der Küche, sprang auf sein Motorrad und brauste davon.
Das alles war so schnell gegangen, dass es mir vorkam, als würde der Raum sich bewegen, nachdem er weg war. Dermot und ich sahen einander an.
»Ich weiß nicht, warum er hier war statt in Shreveport, wo er hingehört. Ich hätte ihn aufhalten können«, sagte Dermot. »Ich habe nur auf ein Zeichen von dir gewartet, Großnichte.«
»Das ist gut gemeint, Großonkel. Aber ich finde, es wäre einfach nicht richtig gewesen«, murmelte ich.
Einen Augenblick lang saßen wir schweigend da. Doch ich musste Dermot noch erklären, was vergangene Nacht geschehen war.
»Willst du wissen, warum Mustapha hier aufgetaucht ist?«, fragte ich, und er nickte, jetzt schon viel freudiger, weil er einige Hintergründe erfahren würde. Und so erzählte ich ihm die Geschichte.
»Keiner kannte sie, und sie ist ganz allein gekommen?« Dermot blickte nachdenklich drein.
»Das sagen jedenfalls alle.«
»Dann hat sie jemand geschickt, jemand, der wusste, dass bei Eric eine Party stattfinden würde. Es hat jemand dafür gesorgt, dass sie hineingehen konnte, ohne aufgehalten zu werden, obwohl Fremde im Haus waren. Wie ist sie an dem Wachmann am Tor vorbeigekommen?«
Das waren alles berechtigte Fragen, und ich fügte noch eine weitere hinzu. »Wie konnte jemand schon vorher wissen, dass Eric sich nicht dagegen würde wehren können, ihr Blut zu trinken?« Ich klang ganz verzweifelt und konnte nur hoffen, dass ich nicht als selbstmitleidig rüberkam. Im Unglück geht das manchmal schneller, als man denkt.
»Sie wurde offenbar ausgesucht, weil sie irgendeine Art Gestaltwandlerblut hatte, und das hat sie dann noch mit Elfenduft verstärkt. Wir wissen nur zu gut, wie verlockend das auf die Untoten wirkt. Da du wegen Mustaphas Anruf zu spät gekommen bist und Eric deshalb eher bereit war, der Versuchung nachzugeben«, sagte Dermot, »muss Mustapha irgendwie beteiligt gewesen sein an dem, was geschehen ist.«
»Ja. Das habe ich auch schon gedacht.« Ich war nichtglücklich über diese Schlussfolgerung, aber sie passte zu den Beweisen.
»Er hat vielleicht nicht gewusst, welche Folgen es haben würde, aber er muss von irgendwem die Anweisung bekommen haben, dein Eintreffen zu verzögern.«
»Aber von wem? Er ist ein einsamer Wolf. Er untersteht nicht Alcide.«
» Irgendwer hat Macht über ihn«, sagte Dermot sachlich. »Nur jemand, der Macht über ihn hat, kann einen Mann wie Mustapha dazu bringen, Erics Vertrauen zu missbrauchen. Er ist auf der Suche nach seinem Freund Warren. Könnte Warren irgendein Interesse daran haben, Eric hinter Gittern zu sehen?«
Dermots Batterien waren heute wirklich voll aufgeladen. Es fiel mir ziemlich schwer, ihm zu folgen, so müde wie ich war.
»Das ist natürlich der Schlüssel«, erwiderte ich. »Sein Freund Warren. Soweit ich weiß, hätte Warren selbst kein Interesse daran, Eric zu schaden – schließlich sorgt der ja für Mustaphas Lebensunterhalt. Aber ich glaube, Warren wird als Druckmittel benutzt. Irgendwer hat ihn sich geschnappt, fürchte ich. Und er wird festgehalten, damit Mustapha auf jeden Fall kooperiert. Ich muss über all das noch einmal nachdenken«, sagte ich und gähnte, dass mein Kiefergelenk knackte. »Aber jetzt muss ich erst noch mal schlafen. Fährst du ins Hooligans?«
»Später«, sagte er.
Ich sah Dermot an und dachte an all die unbeantworteten Fragen zu der seltsamen Ansammlung von Elfenvolk in einem tief in der Provinz von Louisiana gelegenen Stripclub. Claude hatte immer gesagt, dass sie alle aus Versehen draußen geblieben waren, als Niall die Portaleschloss. Aber woher hatten sie gewusst, wohin sie gehen können? Und welchen Grund hatten sie, in Monroe zu bleiben? Doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, diese Fragen zu stellen, weil ich zu erschöpft war, um Dermots Antworten überhaupt noch folgen zu können – wenn er mir denn welche hätte geben können. »Okay, dann lege ich mich mal hin«, sagte ich. Es war Sonntag, und das Merlotte’s hatte geschlossen. »Lass einfach den Anrufbeantworter die Anrufe annehmen, wenn’s dir nichts ausmacht.« Ich stellte die Klingellautstärke des Telefons in der Küche noch leiser und würde dasselbe auch mit dem im Schlafzimmer machen.
Ich nahm mein Handy mit ins Schlafzimmer und rief Alcide an. Er ging nicht ran, also hinterließ ich eine Nachricht. Dann schloss ich das
Weitere Kostenlose Bücher