Cocktail fuer einen Vampir
Vertrautheit mit der modernen Welt.
»Und was genau ist das?«, fragte ich.
»Ein USB-Stick«, sagte Bill völlig selbstverständlich.
»Oh ja, klar.« Ich hatte mich schon dumm genug gefühlt an diesem Abend. Wir gingen hinein, damit Bill meinen Computer benutzen konnte. Bill trug einen Stuhl für mich heran, und dann setzte er sich in den Schreibtischstuhl mit Rollen direkt vor dem Bildschirm.
Er steckte den Stick in einen Schlitz an der Seite des Computers, den ich bisher noch nicht einmal bemerkt hatte. Und schon im nächsten Augenblick hatte er ›Die Datenbank der Vampire‹ auf dem Bildschirm.
»Wow.« Ich konnte den Blick gar nicht abwenden von der theatralischen Grafik, die da aufflammte. Ein gotisches Tor, die Flügel mit einem großen Vorhängeschloss gesichert, und das Ganze untermalt von einer dunklen, atmosphärischen Hintergrundmusik. Darauf hatte ich garnicht geachtet, als ich mal ein gestohlenes Exemplar der Datenbank benutzt hatte, wohl weil ich ein so schlechtes Gewissen gehabt hatte. Jetzt erst fiel mir auf, mit welch schwarzem Humor Bill seine Datenbank präsentierte. Eine in Gothic-Lettern geschriebene Einleitung glitt in vielen verschiedenen Sprachen über das Tor hinweg. Hatte man sich die Sprache ausgewählt, die man wollte, las eine ernste Stimme diese Einleitung noch einmal laut vor. Doch das übersprang Bill alles. Er tippte ein bisschen auf der Tastatur herum, und schon öffnete das gotische Tor sich quietschend und gab dem Benutzer all seine Optionen preis. Wie Bill mir schon mal erklärt hatte, konnte man seine Suche nach den Vampiren auf verschiedene Weise vorfiltern. Es war zum Beispiel möglich, nur nach Vampiren im einstigen Jugoslawien zu suchen oder auch nach Vampirinnen in der Umgebung von St. Louis. Oder nach allen Vampiren in Myanmar, die über eintausend Jahre alt waren.
»Ich kann gar nicht glauben, dass du das alles selbst gemacht hast«, sagte ich bewundernd. »Das ist so cool.«
»Es war eine Menge Arbeit«, erwiderte er abgelenkt, »und mir haben viele geholfen.«
»In wie vielen Sprachen gibt es die Datenbank?«
»Bisher in dreißig.«
»Das muss doch haufenweise Geld eingebracht haben, Bill. Ich hoffe, davon ist auch bei dir was hängen geblieben.« Es war hoffentlich nicht alles auf das Bankkonto von Felipe de Castro geflossen. Der es so überhaupt nicht verdiente.
»Ich kann mich nicht beschweren«, meinte Bill lächelnd.
Es tat gut, diesen Ausdruck in seinem Gesicht zu sehen. Er zeigte ihn nicht oft genug.
Im Nu hatte Bill den Eintrag zu Ra Shawn aufgerufen. Der Vampir war um die dreißig gewesen bei seinem Menschentod, und als er zum zweiten Mal starb, hatte er (etwa) hundert Jahre als Vampir hinter sich gehabt. Ra Shawns Herkunft war unklar, aber er war zuerst in Haiti aufgetaucht, wie Bills Quellen ihm berichtet hatten. Mit seinen Dreadlocks war Ra Shawn lange so etwas wie eine Kultfigur unter den schwarzen Supras gewesen. Er war der coole totenschwarze Vampir gewesen, den Könige, Gangster und Politiker als Kämpfer für ihre Sache angeheuert hatten.
»Na ja«, sagte ich. »Vielleicht standen Mustaphas – Ke-Shawns – Eltern auf die Supra-Afrokultur. Und nach dem Gefängnis wurde er dann zum Blade-Klon, weil er ein etwas moderneres Vorbild suchte.«
»Jeder braucht einen Helden«, stimmte Bill zu, und ich hatte schon den Mund geöffnet, um zu fragen, wer seiner war. Robert E. Lee, der General der Südstaaten-Armee?
»Was macht ihr zwei da?«, fragte plötzlich Eric, und ich fuhr mit einem überraschten Aufschrei herum. Sogar Bill war leicht zusammengezuckt.
»Es wäre nur höflich gewesen, wenn du dich angekündigt hättest, ehe du ins Haus kommst«, schnauzte ich, weil er mir einen richtigen Schreck eingejagt hatte und ich mich darüber ärgerte.
»Es wäre nur höflich gewesen«, wiederholte Eric spöttisch und auf nervtötende Weise meine Stimme imitierend. »Ich finde, ›es wäre nur höflich gewesen‹, wenn meine Ehefrau mich darüber informiert hätte, dass sie einen Mann zu Besuch hat, und noch dazu einen, mit dem sie mal das Bett geteilt hat.«
Ich holte einmal ganz tief Luft und hoffte, dass mich dasberuhigen würde. »Du führst dich auf wie ein Arschloch«, stieß ich hervor – tja, das tiefe Luftholen hatte wohl doch nicht so richtig geholfen. »Ich habe dich nie betrogen und vertraue darauf, dass auch du mich nicht betrügst. Darüber sollte ich vielleicht noch mal nachdenken, da du ja nicht allzu viel Vertrauen in mich zu
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