Cocktails fuer drei
»Was war denn los?« Sie betrachtete Candice, und ihre Miene nahm einen seltsamen Ausdruck an. »Ihr habt doch nicht etwa … meinetwegen gestritten, oder?« Candice spürte, dass sie puterrot wurde.
»Nein!«, sagte sie eilig. »Nein, natürlich nicht! Es ging um … etwas völlig anderes. Das hat überhaupt nichts zu bedeuten.«
»Wenn du meinst …«, sagte Heather und sah Candice mit leuchtenden Augen an. »Ich möchte niemandem Probleme bereiten.«
»Du bereitest doch keine Probleme!«, sagte Candice lachend. »Komm, ich zeig dir deinen Schreibtisch.«
Kapitel Sechs
Maggie saß in ihrem großen, kühlen Schlafzimmer am regennassen Fenster und blickte auf das matschig grüne Gras hinaus. Wiesen über Wiesen, so weit das Auge reichte. Uralte englische Landschaft. Zwanzig Morgen davon gehörten Giles und ihr.
Volle zwanzig Morgen – nach Londoner Maßstäben gigantisch. In jenen ersten, aufregenden Monaten, nachdem der Umzug beschlossene Sache war, hatte dieser Gedanke sie über alle Maßen begeistert. Giles, der die Koppeln und Schafwiesen seiner Eltern gewohnt war, hatte sich wohl gefreut, das Land zu erwerben, war aber nicht ganz so aufgeregt gewesen. Maggie jedoch, die am Londoner Stadtrand in einem winzig kleinen Garten aufgewachsen war, kam es wie ein Gutshof vor. Sie hatte sich als Gutsherrin gesehen, die ihren Grund und Boden abschritt, jeden Winkel genauestens erkundete, Bäume pflanzte und an ihrem schattigen Lieblingsplatz ein Picknick bereitete.
An jenem ersten Oktober-Wochenende nach ihrem Einzug war sie bis zum äußersten Ende des Grundstücks gelaufen und hatte von dort aus das Haus betrachtet. Sie bekam gar nicht genug von dem Stück Land, das nun Giles und ihr gehörte. Das zweite Wochenende war verregnet, und sie hatte sich drinnen am Ofen eingerollt. Das dritte Wochenende hatten sie in London verbracht, weil Freunde eine Party gaben.
Seither war die Begeisterung ein wenig verblasst. Noch immer ließ Maggie im Gespräch gelegentlich ihre zwanzig Morgen fallen. Nach wie vor sah sie sich gern als Gutsbesitzerin und erwähnte beiläufig, ein Pferd kaufen zu wollen. Doch die Vorstellung, ernstlich über ihre sumpfigen Wiesen zu traben, war ihr zu viel. Es war ja nicht so, als wären sie besonders schön oder interessant. Es waren einfach nur Wiesen.
Das Telefon klingelte, und sie sah auf ihre Uhr. Sicher war es Giles, der wissen wollte, was sie so trieb. Sie hatte sich – und ihm – gesagt, sie wollte heute die Renovierung der Schlafzimmer im Dachgeschoss planen. Tatsächlich hatte sie nichts anderes fertiggebracht, als nach unten zu gehen, zu frühstücken und dann wieder raufzugehen. Sie fühlte sich schwer und träge, ein wenig deprimiert vom Wetter, unfähig, irgendetwas anzufangen.
»Hi, Giles?«, sagte sie in den Hörer.
»Wie geht es dir?«, hörte sie ihren Mann gut gelaunt am anderen Ende der Leitung. »Hier schüttet es aus Eimern.«
»Schön«, sagte Maggie und rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl herum. »Hier regnet es auch.«
»Du klingst etwas niedergeschlagen, Liebes.«
»Ach, geht schon«, sagte Maggie finster. »Mein Rücken tut weh, draußen pisst es, und ich hab niemanden, mit dem ich reden kann. Aber ansonsten geht es mir gut.«
»Ist das Kinderbett gekommen?«
»Ja, es ist da«, sagte Maggie. »Der Mann hat es im Kinderzimmer aufgestellt. Sieht hübsch aus.«
Plötzlich spürte sie, wie sich vorn in ihrem Bauch etwas zusammenkrampfte, und sie atmete scharf ein.
»Maggie?«, fragte Giles besorgt.
»Schon okay«, sagte sie nach ein paar Sekunden. »Mal wieder eine Übungswehe.«
»Ich hätte gedacht, du müsstest inzwischen genug Übung haben«, sagte Giles und lachte fröhlich. »Na gut, ich muss los. Pass auf dich auf.«
»Warte«, sagte Maggie, die ihn plötzlich gar nicht gehen lassen wollte. »Was glaubst du, wann du nach Hause kommst?«
»Hier ist der Teufel los«, sagte Giles mit leiser Stimme. »Ich versuche, so früh wie möglich zu kommen, aber wer weiß? Ich ruf dich nachher an und sag Bescheid.«
»Okay«, sagte Maggie unglücklich. »Bye.«
Nachdem er aufgelegt hatte, hielt sie den warmen Hörer noch ein paar Minuten an ihr Ohr, dann legte sie ihn auf und sah sich im leeren Zimmer um. Die Stille war ohrenbetäubend. Maggie betrachtete das Telefon und fühlte sich plötzlich verloren, wie ein Kind im Internat. Absurderweise war ihr, als wollte sie nach Hause.
Dabei war sie doch zu Hause. Immerhin war sie Mrs Drakeford von The Pines .
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