Cocktails fuer drei
Maggie in ihrer Verzweiflung versuchte, ihr etwas vorzusingen. Nach ein paar Minuten war hinter dem geblümten Vorhang ein Gesicht aufgetaucht. Es war eine ältere Hebamme aus der Nachtschicht, die Maggie noch nicht kannte, und als die Frau Lucia sah, schüttelte sie lachend den Kopf.
»Junges Fräulein, deine Mutter braucht Schlaf!«, hatte sie gesagt, und Maggie war direkt erschrocken. Sie hatte eine Predigt über das »Stillen nach Bedarf« oder die Mutter-Kind-Bindung erwartet. Stattdessen war die Hebamme in Maggies Kabine gekommen, hatte die dunklen Schatten um ihre Augen gesehen und geseufzt. »Das ist nicht gut! Sie sehen erschöpft aus!«
»Ich bin auch etwas müde«, hatte Maggie mit bebender Stimme gesagt.
»Sie brauchen eine Pause.« Die Hebamme hatte kurz gewartet, dann sagte sie: »Möchten Sie, dass ich die Kleine in den Säuglingssaal bringe?«
»Den Säuglingssaal?« Mit leerem Blick hatte Maggie sie angestarrt. Keiner hatte ihr was von einem Säuglingssaal erzählt.
»Ich behalte die Kleine im Auge, und Sie können so lange schlafen. Und wenn sie hungrig wird, bringe ich sie Ihnen zurück.«
Maggie hatte die Hebamme nur angestarrt und wäre vor lauter Dankbarkeit am liebsten in Tränen ausgebrochen.
»Danke. Danke … Joan«, presste sie hervor, als sie das Namensschildchen der Frau im trüben Licht ausmachte. »Ich … kann ich sie denn allein lassen?«
»Die Kleine kommt bestimmt zurecht!«, sagte Joan. »Jetzt sollten Sie sich erst mal etwas ausruhen.«
Sobald sie Lucias Wiege aus der Kabine gerollt hatte, schlief Maggie zum ersten Mal seit der Entbindung entspannt ein. Es war der tiefste, süßeste Schlaf ihres Lebens. Um sechs Uhr war sie aufgewacht und fast schon wieder bereit, Lucia zu sich zu holen und sie zu stillen.
Seitdem hatte Joan jede Nacht an Maggies Bett gestanden, um ihr die Dienste der Säuglingsstation anzubieten, und mit schlechtem Gewissen war Maggie jedes Mal auf das Angebot eingegangen.
»Kein Grund für Schuldgefühle«, hatte Joan eines Nachts gesagt. »Sie brauchen den Schlaf, um Milch zu produzieren. Es ist nicht gut, sich kaputt zu machen. Wissen Sie, früher haben wir die Mütter zwei Wochen hierbehalten. Jetzt werden sie schon nach zwei Tagen nach Hause geschickt. Nach zwei Tagen!« Missbilligend schnalzte sie mit der Zunge. »Wenn die Kleine keine Gelbsucht hätte, wären sie längst nicht mehr hier.«
Doch trotz aller Beschwichtigungen hatte Maggie ein schlechtes Gewissen. Sie fand, sie sollte rund um die Uhr bei Lucia sein, wie es auch in sämtlichen Büchern empfohlen wurde. Alles andere käme einem Versagen gleich. Und deshalb hatte sie weder Giles noch Paddy etwas von Joan erzählt – und auch sonst niemandem.
Jetzt lächelte sie Roxanne und Candice an und sagte: »Kommt rein! Setzt euch! Wie schön, euch zu sehen!«
»Mags, du siehst toll aus!«, sagte Roxanne. In einer Duftwolke schloss sie Maggie in die Arme, dann setzte sie sich auf die Bettkante. Sie wirkte schlanker und glamouröser als je zuvor. Wie ein exotischer Paradiesvogel in diesem Raum voller triefäugiger Muttertiere. Und einen Moment lang stach Maggie der Neid. Sie hatte gedacht, dass sie gleich nach der Geburt wieder ihre alte Figur haben würde, dass sie problemlos in ihre alten Kleider steigen könnte. Doch ihr Bauch – unter der Decke – war nach wie vor beängstigend schlaff, und es fehlte ihr an Kraft, etwas dagegen zu unternehmen.
»Also, Mags«, meinte Roxanne mit einem Blick in die Runde. »Ist das Muttersein so, wie du es dir vorgestellt hast?«
»Ach, weißt du …« Maggie grinste. »Halb so wild. Bin schon ein alter Hase.«
»Maggie, sie ist wunderschön!« Mit leuchtenden Augen blickte Candice auf. »Und sie sieht überhaupt kein bisschen krank aus!«
»Ist sie eigentlich auch nicht«, sagte Maggie mit Blick auf Lucias verkniffenes schlafendes Gesicht. »Sie hatte Gelbsucht, und es dauerte etwas, bis die weg war. Deshalb mussten wir länger im Krankenhaus bleiben.«
»Darf ich sie mal halten?« Candice streckte die Arme aus, und nach kurzem Zögern reichte Maggie ihr das Baby.
»Sie ist so leicht!«, hauchte Candice.
»Wirklich süß«, sagte Roxanne. »Gleich werde ich trübsinnig.«
Maggie lachte. »Na, das wäre ja mal was ganz Neues!«
»Möchtest du sie auch mal halten?« Candice sah Roxanne an, die komisch mit den Augen rollte.
»Wenn’s sein muss.«
Sie hatte schon Unmengen von Babys im Arm gehalten. Kleine Bündel, die anderen gehörten und in ihr
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