Cocktails fuer drei
Sonnenuntergang.«
Sie stockte, nahm einen Schluck Wein, und nach kurzem Schweigen blickte sie auf. Als sie Ralphs Augen sah, schlug ihr das Herz bis zum Hals. Ob er merkt, dachte sie, dass das eben eine Beschreibung von Flitterwochen war?
Ralph starrte sie mit einem Ausdruck an, den sie in seinen Augen noch nie gesehen hatte. Plötzlich nahm er ihre Hände und presste sie an seine Lippen.
»Du hast es verdient«, sagte er heiser. »Du hast das alles verdient, Roxanne.« Sie sah ihn an und spürte eine Hitze ganz hinten in ihrer Kehle. »Mir tut das alles so leid«, murmelte er. »Wenn ich daran denke, was ich dir zugemutet habe …«
»Dir muss nichts leidtun.« Roxanne blinzelte und merkte, dass ihr schon wieder die Tränen kamen. Sie zog ihn über den Tisch zu sich heran und küsste seine feuchten Augen, seine Wangen, seine Lippen. »Ich liebe dich«, flüsterte sie und spürte eine Woge von schmerzhaftem, besitzergreifendem Glück in sich aufsteigen. »Ich liebe dich, und wir sind zusammen. Alles andere ist egal.«
Kapitel Neun
Das Krankenhaus war ein mächtiger viktorianischer Bau mit gepflegten Gärten und einem umzäunten Bereich, in dem Kinder spielen konnten. Als Roxanne und Candice aus dem Auto stiegen und den Weg zum Haupteingang nahmen, musste Roxanne lachen.
»Typisch Maggie«, sagte sie und sah sich auf dem gepflegten Gelände um. »Selbst das Krankenhaus ist ein Postkartenmotiv. Sie würde ihr Kind nie im Leben in einem düsteren Loch in London zur Welt bringen, oder?«
»Was suchen wir?«, fragte Candice bei einem Blick auf den bunten Wegweiser voller Pfeile, die in alle Richtungen zeigten. »Gynäkologie. Kreißsaal.« Sie blickte auf. »Da wollen wir nicht hin, oder?«
»Du kannst dir den Kreißsaal gern ansehen, wenn du möchtest«, sagte Roxanne mit leichtem Schaudern. »Ich persönlich genieße meine Ahnungslosigkeit.«
»Neugeborenenstation. Schwangerschaftsbegleitung. Entbindungsstation«, las Candice und runzelte die Stirn. »Ich blick da nicht mehr durch.«
»Komm!«, sagte Roxanne. »Wir finden sie schon.«
Sie betraten den geräumigen Empfangsbereich und sprachen mit einer freundlichen Frau hinter dem Tresen, die Maggies Namen in einen Computer tippte.
»Station Blau«, sagte sie lächelnd. »Folgen Sie dem Korridor, so weit es geht, dann nehmen Sie den Fahrstuhl in den fünften Stock.«
Als sie durch die Gänge liefen, betrachtete Candice die beigefarbenen Wände und verzog das Gesicht. »Ich kann diesen Krankenhausgeruch nicht leiden. Sollte ich jemals schwanger werden, möchte ich das Kind zu Hause kriegen.«
»Das kann ich mir gut vorstellen«, sagte Roxanne. »Mit Panflöten und Aromatherapiekerzen.«
»Nein!«, lachte Candice. »Ich glaube, ich wäre einfach … ich weiß nicht … lieber zu Hause.«
»Sollte ich je ein Kind bekommen, kriege ich es per Kaiserschnitt«, sagte Roxanne trocken. »Unter Vollnarkose. Die können mich wecken, wenn es drei Jahre alt wird.«
Sie kamen zum Fahrstuhl und drückten den Knopf für die fünfte Etage. Als es aufwärtsging, warf Candice Roxanne einen Blick zu. »Ich bin richtig nervös«, sagte sie. »Komisch, oder?«
»Ich bin auch ein bisschen nervös«, sagte Roxanne nach kurzer Pause. »Wahrscheinlich liegt es nur daran, dass eine von uns erwachsen geworden ist. Das echte Leben geht los. Die Frage ist: Sind wir bereit dafür?« Sie zog beide Augenbrauen hoch, und Candice musterte sie.
»Du siehst ganz schön müde aus«, sagte sie. »Bist du okay?«
»Mir geht es fabelhaft«, sagte Roxanne sofort und warf ihre Haare in den Nacken. »Besser als je zuvor.«
Doch während sie aufwärtsfuhren, betrachtete sie ihr getöntes Spiegelbild in der Fahrstuhltür und wusste, dass Candice recht hatte. Sie sah wirklich müde aus. Seit jenem Abend mit Ralph fand sie kaum noch Schlaf, weil sie an nichts anderes denken konnte als an dieses Gespräch und was es bedeuten mochte. Sie machte sich unweigerlich Hoffnungen.
Natürlich hatte Ralph nichts Konkretes gesagt. Er hatte keine Versprechungen gemacht. Nach diesem einen, kurzen Gespräch hatte er nie wieder ein Wort über die Zukunft verloren. Aber irgendwas war los, irgendwas hatte sich verändert. Eigentlich hatte sie schon im selben Moment, als er vor der Tür stand, gemerkt, dass er sich irgendwie verändert hatte. Dass er sie anders ansah und anders mit ihr sprach. Und beim Abschied hatte er sie minutenlang angestarrt, ohne ein Wort zu sagen. Er sah aus, als stünde er vor der
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