Cocktails fuer drei
nichts anderes als Langeweile auslösten. Roxanne Miller gurrte im Angesicht von Babys nicht, sie gähnte. Dafür war sie bekannt. Die Frage, ob sie tatsächlich kein Interesse hatte oder ob es sich nur um eine im Laufe der Jahre zielstrebig kultivierte Abwehrreaktion handelte, hatte sie stets verdrängt.
Als sie jedoch Maggies schlafendes Baby sah, merkte Roxanne, dass ihr Widerstand nachließ und sie Dinge dachte, die sie sich bisher nie gestattet hatte. Sie wollte auch eins, dachte sie. Oh, Gott. Sie wollte wirklich auch eins. Der Gedanke machte ihr Angst, und er machte sie glücklich. Sie schloss die Augen, und ohne es zu wollen, stellte sie sich vor, sie hielte ihr eigenes Baby. Ralphs Baby. Und Ralph blickte selig über ihre Schulter. Bei der Vorstellung wurde ihr fast schlecht vor lauter Hoffnung – und vor Angst. Sie bewegte sich auf verbotenem Terrain, ließ zu, dass ihre Gedanken an gefährliche Orte abdrifteten. Aber woraufhin? Auf ein bloßes Gespräch hin. Es war lächerlich. Es war dämlich. Doch nachdem sie einmal damit angefangen hatte, konnte sie nicht mehr aufhören.
»Und was meinst du dazu, Roxanne?«, fragte Maggie amüsiert. Roxanne starrte Lucia noch ein paar Sekunden an, dann zwang sie sich, nonchalant aufzublicken.
»Sehr hübsch – wenn Babys denn hübsch sein können. Aber ich warne dich: Hauptsache, sie pinkelt mich nicht an.«
»Dann nehme ich sie lieber wieder«, sagte Maggie lächelnd, und einen kurzen Moment war Roxanne richtig enttäuscht.
»Hier, nimm sie, Mama«, knurrte sie und gab das Bündel ab.
»Ach, Maggie, ich hab dir was mitgebracht«, sagte Candice und hob den Blumenstrauß auf, den sie auf dem Boden abgelegt hatte. »Ich weiß ja, du hast schon so viele …«
»Hatte ich«, sagte Maggie. »Die sind alle eingegangen. Hier drinnen halten sie keine fünf Minuten.«
»Oh, gut. Ich meine nur …«
»Ich weiß, was du meinst«, sagte Maggie lächelnd. »Sie sind bezaubernd. Vielen Dank.«
Candice sah sich in der Kabine um. »Hast du eine Vase?«
Maggie zog eine Grimasse.
»Vielleicht ist draußen auf dem Flur eine. Oder auf einer anderen Station.«
»Ich werd schon eine finden.« Candice legte die Blumen aufs Bett und ging hinaus. Als sie weg war, lächelten Maggie und Roxanne sich an.
»Und … wie geht es dir?«, fragte Maggie, während sie sanft mit der Fingerspitze Lucias Wange streichelte.
»Gut«, sagte Roxanne. »Du weißt ja, das Leben geht weiter …«
»Was macht Mister Verheiratet mit Kindern?«, fragte Maggie vorsichtig.
»Hat immer noch Kinder«, sagte Roxanne heiter. »Ist immer noch verheiratet.« Sie lachten beide, und Lucia rührte sich im Schlaf. »Obwohl … man weiß ja nie«, konnte Roxanne sich nicht verkneifen. »Vielleicht ändert sich ja was.«
»Wirklich?«, fragte Maggie erstaunt. »Ist nicht dein Ernst!«
»Wer weiß?« Ein Lächeln zog Roxannes Miene in die Breite. »Wart’s ab.«
»Du meinst, wir lernen ihn vielleicht sogar kennen?«
»Na, das weiß ich noch nicht so genau.« Roxannes Augen blitzten amüsiert. »Ich habe mich schon so daran gewöhnt, dass er mein kleines Geheimnis ist.«
Maggie sah sie an, dann suchte sie nach ihrer Uhr.
»Wie spät ist es? Ich sollte euch ein Tässchen Tee anbieten. Da steht eine große Kanne im Aufenthaltsraum.«
»Mach dir keine Mühe«, sagte Roxanne und unterdrückte ein leises Schaudern angesichts der Vorstellung. »Ich habe uns eine kleine flüssige Erfrischung mitgebracht. Die genehmigen wir uns, wenn Candice wieder da ist.« Sie sah sich um und suchte etwas Höfliches, das sie über die Entbindungsstation sagen konnte. Für sie war dieser Raum jedoch nur eine überheizte Blumenhölle. Und Maggie war schon eine Woche hier. Wie konnte sie es ertragen? »Wie lange musst du denn noch bleiben?«, fragte sie.
»Morgen darf ich nach Hause. Der Kinderarzt muss sich Lucia noch mal ansehen, und dann verschwinden wir.«
»Ich wette, du bist heilfroh.«
»Ja«, sagte Maggie nach kurzer Pause. »Ja, natürlich bin ich das. Aber … aber lass uns nicht über Krankenhäuser reden.« Sie lächelte Roxanne an. »Erzähl mir von der Welt da draußen. Habe ich was verpasst?«
»Ach Gott, keine Ahnung«, sagte Roxanne achselzuckend. »Ich weiß nichts von Klatsch und Tratsch. Ich bin immer unterwegs, wenn was passiert.«
»Was ist mit Candice’ neuer Freundin?«, fragte Maggie finster. »Heather Soundso. Hast du sie noch mal getroffen?«
»Ja, wir sind uns im Büro begegnet. Bin nicht richtig
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