Cocktails fuer drei
noch ein Telefonat zu führen.« Er stellte das Telefon auf ihren Schoß und grinste sie an.
»Wieso?«, sagte Candice verdutzt.
»Ruf Justin an. Erzähl ihm, was Heather zu dir gesagt hat – und dass sie abgehauen ist. Beweis ihm, dass sie nicht ganz richtig tickt.«
Ganz allmählich wurde Candice etwas bewusst. »Mein Gott«, sagte sie langsam. »Du hast recht! Dadurch ändert sich alles, oder? Jetzt muss er mir doch glauben!« Sie nahm noch einen Schluck Grappa, dann griff sie sich den Hörer. »Okay. Los geht’s.« Eilig wählte sie die Nummer, und als sie das Freizeichen hörte, wurde sie ganz unruhig.
»Hallo«, sagte sie, als sich jemand meldete. »Ich möchte gern Justin Vellis sprechen.«
»Ich muss sehen, ob er da ist«, sagte die Telefonistin. »Dürfte ich nach dem Namen fragen?«
»Ja«, sagte Candice. »Hier … hier ist Candice Brewin.«
»Ah, ja«, sagte die Telefonistin in einem Ton, aus dem sowohl Verachtung als auch Gleichgültigkeit sprechen mochte. »Ich will versuchen, ob ich ihn an den Apparat bekomme.«
Als sie Justins Telefon klingeln hörte, wurde Candice plötzlich richtig mulmig zumute. Sie sah Ed an, der am Sofa lehnte und beide Daumen hochhielt.
»Justin Vellis.«
»Hi, Justin«, sagte Candice und wickelte das Telefonkabel fest um ihre Finger. »Hier ist Candice.«
»Ja«, sagte Justin. »Was willst du?«
»Hör zu, Justin.« Candice versuchte, schnell zu sprechen und trotzdem ruhig zu bleiben. »Ich kann beweisen, dass alles stimmt, was ich im Büro zu dir gesagt habe. Heather hat zugegeben, dass sie mich in eine Falle gelockt hat. Sie will sich an mir rächen. Sie hat mich auf der Straße angeschrien!«
»Ach ja?«, sagte Justin.
»Ja! Und jetzt ist sie mit Sack und Pack aus der Wohnung verschwunden. Sie ist einfach … abgehauen!«
»Na und?«
»Na, ist das denn nicht verdächtig?«, sagte Candice. »Überleg doch mal!«
Eine Pause entstand, dann seufzte Justin. »Wenn ich mich recht erinnere, wollte Heather Urlaub machen. Nicht sonderlich verdächtig.«
»Sie macht keinen Urlaub!«, schrie Candice frustriert. »Sie hat sich aus dem Staub gemacht! Und sie hat zugegeben, dass sie mich absichtlich in Schwierigkeiten gebracht hat.«
»Sie hat zugegeben, dass sie deine Handschrift gefälscht hat?«
»Nein«, sagte Candice nach kurzer Pause. »Nicht genau mit diesen Worten. Aber sie hat gesagt …«
»Candice, ich fürchte, dafür habe ich keine Zeit«, unterbrach Justin sie kühl. »Du wirst Gelegenheit bekommen, deine Sicht der Dinge bei der Anhörung vorzutragen. Aber ruf mich bitte nicht wieder an. Ich werde der Zentrale sagen, dass sie deine Anrufe nicht mehr durchstellen soll.«
»Justin, wie kannst du nur so blind sein?«, schrie Candice. »Wie kannst du …«
»Mach’s gut, Candice.« Es klickte, und Candice starrte fassungslos den Hörer an.
»Lass mich raten«, sagte Ed und nahm einen Schluck Grappa. »Er hat sich entschuldigt und dir eine Gehaltserhöhung angeboten.«
»Er glaubt mir nicht«, sagte Candice. »Er glaubt mir einfach nicht!« Sie kreischte vor Wut. »Wie kann er ihr mehr glauben als mir? Wie kann er das machen?«
Sie stand auf, ließ das Telefon laut zu Boden fallen und trat ans Fenster. Sie bebte vor Zorn, konnte sich gar nicht beruhigen.
»Für wen hält er sich eigentlich?«, sagte sie. »Er kriegt vorübergehend etwas Macht, und plötzlich meint er, er kann sich alles erlauben. Er hat mit mir gesprochen, als wäre ich eine kleine Arbeiterin und er der Fabrikdirektor. Es ist armselig!«
»Offensichtlich hat er einen winzigen Pimmel«, sagte Ed.
»Nicht winzig«, sagte Candice mit einem Blick aus dem Fenster. »Aber ziemlich mickrig.« Sie drehte sich um, sah Ed in die Augen und prustete laut los. »Mein Gott, ich kann nicht fassen, wie wütend ich bin.«
»Ich auch nicht«, sagte Ed und klang beeindruckt. »Die wütende Candice. Gefällt mir.«
»Ich fühle mich, als ob …« Schweigend schüttelte sie den Kopf, lächelte verkniffen, als müsste sie ihr Lachen unterdrücken. Dann lief ihr eine Träne über das Gesicht.
»Und was soll ich jetzt machen?«, sagte sie stiller. Sie wischte die Träne weg und atmete aus. »Bis zur Anhörung sind es noch zwei Wochen. Mindestens. Was mach ich denn so lange?« Sie fuhr mit einer Hand durch ihre zerzausten Haare. »Ich komme ja nicht mal mehr in das Gebäude. Die haben mir meine Schlüsselkarte weggenommen.«
Ein paar Sekunden herrschte Schweigen, dann stellte Ed sein Grappaglas weg und
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