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Coco Chanel & Igor Strawinsky

Titel: Coco Chanel & Igor Strawinsky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Greenhalgh
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die Ruhe im Haus durchbrochen hat. »Ob es dir gefällt oder nicht, wir arbeiten hier für Mademoiselle Chanel. Was für sie am besten ist, ist auch für uns das Beste.«
    »Ich finde, es ist eine Schande, wie sie sich aufführt.«
    »Das haben wir nicht zu beurteilen, Marie.«
    »Aber irgendjemand sollte es tun.«
    Durch das Fenster sieht Joseph Milena, die die Seile der Schaukel immer enger zusammendreht, bis sie sich zu kräuseln beginnen.
    »Meinetwegen, aber uns steht das nicht zu. Vergiss nicht, was letztes Mal passiert ist.«
    »Daran brauchst du mich nicht zu erinnern.«
    »Anscheinend doch. Jeder Wechsel des Liebhabers führt auch zu einem Wechsel beim Personal. Du kennst die Regel.«
    Als Milena die Füße vom Boden hebt, entwirren sich die Seile der Schaukel, und sie wirbelt herum.
    »Schon gut, schon gut, ich weiß«, gibt sie nach.
    »Wir können uns nicht leisten, dass so etwas wieder passiert.«
    Marie zieht den Stöpsel aus dem Becken. Klirrend wickelt sie die Kette um den Wasserhahn. »Ich verstehe sowieso nicht, was sie an ihm findet«, fügt sie hinzu.
    »Mhm.«
    »Aber es ist ziemlich offensichtlich, worauf er aus ist.«
    »Jetzt hör aber auf!«
    In dem Moment kommt der Kater der Strawinskys herein und stolziert durch die Küche.
    »Ich fürchte, es ist nichts mehr übrig, Wassili.«
    »Raus hier!«, schimpft Marie, weniger gnädig.
    Mit einem langen Gurgeln, das zu einem strudelnden Brüllen anschwillt, läuft das Wasser aus dem Becken. Marie lässt
kaltes Wasser über den erstarrten Schaum am Beckenboden laufen und spült die kleinen Essensreste weg. Ein wenig übrig gebliebener Schaum knistert leise im Licht.
     
    Jekaterina leidet unter der eintönigen Abfolge immergleicher Tage.
    Jeden Morgen erwacht sie mit dem erdrückenden Gefühl der Langeweile. Es fällt ihr schwer, sich zu konzentrieren. Sie hat Angst davor, nach unten zu gehen, wo sie sich nicht willkommen fühlt, aber mehr noch fürchtet sie sich vor dem, was sie dort vorfinden könnte. Sie fühlt sich zunehmend eingesperrt. Das einzige Fenster des Schlafzimmers ist zu hoch, als dass sie vom Bett aus etwas anderes sehen könnte als Vögel, die am Himmel träge ihre Kreise ziehen. Ihr Horizont hat sich auf diesen einen leeren Fleck verengt. Und das Zimmer ist so schrecklich karg möbliert, es kommt ihr immer noch genauso streng und nüchtern vor wie am Anfang. Stunde um Stunde liegt sie reglos da und sieht zu, wie das Sonnenlicht seine Muster an die Wände wirft.
    Sie liest viel. Die Gedichte von Achmatowa, Erzählungen von Dostojewski und Tschechow. Die Bibel - vor allem die Paulusbriefe und die Apostelgeschichte. Aber nicht die Romane von Colette, die Coco ihr geliehen hat. Sie liest, bis ihre Augen schmerzen. Nachmittags döst sie vor sich hin, gibt den Wellen der Müdigkeit nach, die von einem fernen Ufer her an ihr lecken.
    Und wenn Milena zu ihr kommt und an den Decken zerrt, wird ihr oftmals alles zu viel. »Lass mich in Ruhe!«, fährt sie sie an und stößt sie von sich. Doch Milena hält das alles für ein Spiel und lässt sich nicht verscheuchen. Wieder beginnt sie, an den Decken zu zupfen und an den Armen ihrer Mutter zu ziehen. Ihr ist nicht bewusst, dass sie zu grob ist.

    »Bleib mir endlich vom Leib!«, schreit Jekaterina so wütend, dass ihre jüngere Tochter erstarrt. Die arme Milena bricht in Tränen aus. Sie versteht nicht, warum ihre einst so liebevolle, verspielte Mutter jetzt so elend und mitleiderregend aussieht. Natürlich tut es Jekaterina gleich darauf wieder leid. Aber diese Vorfälle zeigen ihr die Verschlechterung ihres Zustands in einem grausam hellen Licht. Sie weiß, dass es falsch ist, aber sie kann nicht anders. Sie ist zu verängstigt, zu gequält, sehnt sich so sehr nach Platz und Ruhe. Zusätzlich zu ihren körperlichen Beschwerden scheint sie auch einen emotionalen Zusammenbruch zu erleiden. Ihr Schluchzen steigt in der Dunkelheit auf. Ihre Augen füllen sich mit einer Flüssigkeit, die dicker ist als Tränen. Sie stößt die Kinder fort, um sie in einer Entfernung zu halten, mit der sie umgehen kann. Sie muss das tun, um zu überleben.
    Ihre Nerven liegen blank. Das leise Rascheln eines auf das Fensterbrett fallenden Blütenblatts genügt, um sie zu erschrecken. In ihrem Zimmer steigt ihr ein schwacher Fäulnisgeruch in die Nase, ein ferner Geruch nach Verwesung. Anfangs glaubt sie, es seien die Blumen. Aber der Geruch erinnert eher an verdorbenes Fleisch. Dann wird ihr klar, dass er aus ihrem

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