Cocoon, Band 01
Boden des Würfels erkenne ich einen eingravierten Strich- und Zahlencode. Ich halte meine Digiakte daneben, öffne den mit Ortung betitelten Ordner und drücke den kleinen Bildschirm auf den Code. Ein pulsierendes Icon leuchtet auf, worauf ein neuer Datensatz erscheint.
NAME : Riccard Blane
PERSÖNLICHE IDENTIFIKATIONSNUMMER : 06 022 103 ON BH BR
BESCHÄFTIGUNG : Bankier
ENTFERNUNGSDATEN : 10 112 158 ON
GEWÜNSCHTE KONTAKTPERSON : Amalia Blane
VERHÄLTNIS : Ehefrau
DERZEITIGER STATUS : aktiv
Aktiv?
Der Faden ist zu dünn, als dass es sich bei ihm um die Überreste des Bankiers handeln könnte. Wenn er jedoch vor zwei Jahren entfernt wurde, wieso wird er dann noch als aktiv geführt? Ich halte den Würfel ins Licht, doch es erscheinen keine weiteren Informationen. Ich speichere die Daten in der Digiakte, um sie später genauer zu begutachten, und lege den Würfel in die Kiste zurück.
Auf Zehenspitzen bewege ich mich die schmale Gasse entlang, weil ich befürchte, dass in diesem Bereich des Geländes selbst das leiseste Geräusch Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnte. Je weiter ich mich von der Stelle entferne, an der ich hereingekommen bin, desto mehr Sorgen mache ich mir. Was, wenn Loricel in ihr Atelier zurückkehrt oder jemand das Magazin betritt? Gerade als ich kehrtmache, um mich näher bei dem Durchgang umzusehen, fallen mir die Regale in der nächsten Reihe ins Auge. Gedrungene Metallvierecke, keine Kisten reihen sich dort auf. Rasch husche ich hinüber. Zwar sind auch sie mit Identifikationsnummern beschriftet, doch enthalten sie keine Würfel. Stattdessen schnellt aus ihnen eine kleine Plastikkarte heraus. Ich fummle an der Digiakte herum, scanne die Karte und warte, bis der Datensatz geladen ist.
NAME : Annelin Mayz
PERSÖNLICHE IDENTIFIKATIONSNUMMER : 11 262 158 NU MG MA
DATENÄNDERUNG : 12 162 159 NU
UMSIEDLUNG : ON
GEWÜNSCHTE KONTAKTPERSON : Offizier Jem Blythe
FAMILIE : keine / permanent entfernt
DERZEITIGER STATUS : gesund
Die Datei enthält das Bild eines jungen Mädchens. Ihrer PIN nach zu schließen, ist sie gerade einmal zwei Jahre alt. Danach habe ich gesucht: Nach Aufzeichnungen von Kindern, die in Pflegefamilien verwoben wurden. Auch Amies Daten müssen hier irgendwo sein. Ich schiebe Annelins Karte wieder in das Gehäuse und schnippe den Verschluss an dem daneben auf. Das schmale Türchen gleitet auf, und noch bevor ich den Hebel schließen kann, springt die nächste Karte heraus. Ich hebe die Karte auf und scanne sie. Vielleicht verbirgt sich hinter den Datenänderungen ein Muster. Der erste Eintrag der Datei lässt mich erstarren. Obwohl es nicht Amie ist.
Es ist Sebrina Bell.
Bell.
Ich klicke auf den Link zur angehängten Bilddatei. Das Bild zeigt ein Mädchen im Säuglingsalter mit Sommersprossen auf den Wangen und einer schwarzen Lockensträhne in der Stirn. Sie wirkt noch zu klein, um zu lächeln, aber sie grinst, als betrachte sie jemanden, den sie verehrt. Beispielsweise ihren Vater. Ihre Augen funkeln in tiefem Blau. Ich erkenne sie sofort wieder. Diese Augen liegen wohl in der Familie.
Es ist Josts Tochter, das Kind, das vor seinen Augen verschwunden ist. Ich muss ein Schluchzen unterdrücken. Die Karte an die Brust gedrückt, scanne ich die Daten mit der Digiakte.
NAME : Sebrina Bell
PERSÖNLICHE IDENTIFIKATIONSNUMMER : 02 262 158 OS BR BS
DATENÄNDERUNG : 05 282 158 OS
UMSIEDLUNG : ON
GEWÜNSCHTE KONTAKTPERSON : Botschafter Patton
FAMILIE : Vater / verwitwet
Mutter: permanent entfernt / gestorben
DERZEITIGER STATUS : gesund
ANMERKUNGEN : aufgrund zusätzlicher Beseitigungen muss neue persönliche Identifikationsnummer ausgestellt werden
All die Abneigung, die ich Cormac gegenüber empfinde, kocht angesichts dieser neuen Information in mir hoch. Ich stecke die Karte in meine Tasche, lehne mich an das Regal und versuche, meinen keuchenden Atem zu beruhigen. Gleich werde ich die Datei speichern, aber erst muss ich Amie finden.
Der 24. Juli. Ihre Nummer beginnt mit 0724. Die anderen Mädchen waren nach den Sektoren ihrer Umsiedlung einsortiert. Ich überfliege die Reihen mit Akten, bis ich die Würfel für den nördlichen Sektor finde. Während ich an dem Regal entlanghaste, lasse ich den Blick über die Fächer mit den langsam aufsteigenden Zahlen schweifen. Als ich Nummer 0618 erreiche, höre ich nördlich von mir eine Tür metallisch klicken. Ich halte panisch die Luft an, während Schuhabsätze durchs Magazin hallen.
Ich schleiche zum Ende des
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