Cocoon, Band 01
wiederholt er sanft. »Ich brauche dein Vertrauen.«
»Ich vertraue dir doch, du Idiot«, fahre ich ihn an.
»Dann weihe mich ein«, sagt er und zieht mich näher zu sich heran.
»Hier geht es um mehr als nur um mich und dich«, sage ich und inhaliere seinen Duft – Rauch und Schweiß, etwas Süßes wie Geißblatt. Ich würde am liebsten die Fäden um uns zusammenziehen und uns für ewig so einschließen. Sicher und zufrieden, wenn auch nicht glücklich. Aber ich weiß nicht recht, ob so etwas wie Glück für uns überhaupt noch denkbar ist.
»Vielleicht«, haucht er in mein Haar. »Aber das ist deren Problem. Wir müssen uns um uns beide kümmern.«
»Ein ›wir beide‹ kann es hier nicht geben«, erwidere ich. Mein Leib ist von seinen Armen wie eingesponnen, und ich drücke meinen Kopf an seine Brust und lausche seinem Herzschlag.
»Das hier ist alles, was wir haben«, sagt er und hebt mein Gesicht an, damit ich ihm in die Augen sehe. Die elektrische Spannung ist zurück, so intensiv, dass sie mich zu überwältigen droht.
Jost beugt sich herab, um mich zu küssen, doch ich weiche zurück.
»Nicht einmal das werden wir noch lange haben«, sage ich leise.
Er lässt die Arme sinken, und ich richte mich auf, um dem Wunsch zu widerstehen, mich an seiner Brust zu vergraben.
»Warum bist du hier?«, fragt er und kann dabei die Wut in seiner Stimme kaum unterdrücken.
Ich erzähle ihm, was ich über Enora erfahren habe und dass man mich überschreiben will. Auch, was mir Loricel über die Erde und den Mantel von Arras gesagt hat. Während ich spreche, weicht die Kälte aus seiner Miene, und als ich ihm schließlich von Cormacs letztem Besuch berichte, nimmt er meine Hand.
»Das tut mir leid«, unterbricht er meinen Bericht. »Ich war unfair zu dir.«
Ich schüttle den Kopf. »Das geschieht mir nur recht.«
»Du hast getan, was du für das Beste gehalten hast, und ich … «
»Jost«, schneide ich ihm das Wort ab, da ich sein wachsendes Schuldbewusstsein spüre. »Das ist Vergangenheit.«
Ich meine es zärtlich und aufrichtig, und vielleicht ist es nicht alles, was ich ihm über mein Gefühl der Verwirrung und der Hoffnung sagen will. Es sind nicht die Fragen, die ich ihm stellen will, und es ist nicht einmal das eine, was ich ihm gern anvertrauen will, aber es ist genug.
Seine Miene verzieht sich zu einem breiten Lächeln, und er schlingt die Arme um mich.
»Du hast recht.«
Diesmal lasse ich mich küssen. Er fängt langsam an, doch ich schmiege mich an ihn und ergreife seine Schultern. Er umfasst meine Taille, und dann wandern seine starken, warmen Hände behutsam meinen Rücken empor. Wo immer er mich berührt, schreit mein Körper nach mehr. Seine Lippen sind weich, aber ich verlange mehr, schiebe meinen Arm in seinen Nacken und drücke ihn fester an mich. Er gibt nach, sein Mund öffnet sich auf meinem, und mich durchläuft ein Beben. Schließlich lässt er von meinen Lippen ab, doch wir verharren Stirn an Stirn. Sein Atem streift heiß über meine Wangen, und es fällt mir schwer, mich zu erinnern, was ich ihm eigentlich sagen wollte.
»Wir müssen gehen.« Ich presse die Worte hervor, bevor ich dem Schmerz erliege, der sich in meiner Brust zusammenzieht und nach der Berührung seiner Lippen verlangt.
»Wo können wir hin?«, fragt er, wobei er sich aufrichtet, die Hände aber auf meinem Rücken lässt.
»Darüber denke ich noch nach.«
»Aber du hast nur noch ein paar Tage«, sagt Jost und küsst mich auf die Stirn.
»Ich könnte einen Augenblick weben«, sage ich und umklammere noch immer seinen Hals.
»Und ihn niemals verlassen?«
»So ungefähr.«
»Muss ich dir erst erklären, weshalb das nicht funktionieren kann?«
Ich löse mich aus seinen Armen und seufze. »Das hat die Gilde auch getan, und darum sind wir jetzt hier.«
»Und zwar in einem viel größeren Maßstab«, sagt er. »Und es läuft nicht besonders gut.«
»Ich weiß. Ich kann ohnehin nicht gehen, solange ich Amie nicht gefunden habe.«
»Amie ist in Sicherheit«, sagt er und verschränkt seine Finger mit meinen.
Ich möchte ihm genauso gern glauben, wie ich mit ihm davonlaufen und alles vergessen möchte, was ich über die Gilde weiß. Aber ich kann Amie nicht in Cypress zurücklassen, und ich weiß, dass er das nur vorschlägt, weil er selbst außer mir nichts zu verlieren hat. Doch das wird sich bald ändern. »Würdest du jemanden, den du liebst, zurücklassen?«, frage ich und taste mit der freien Hand nach der
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