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Cocoon, Band 01

Cocoon, Band 01

Titel: Cocoon, Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Albin
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umhaut. Es wäre ja schön, wenn das nur an meiner Überraschung liegen würde, aber ich habe einfach nie gelernt, mich zu prügeln. Ich verstehe, dass sie sauer auf mich ist. Ich würde auch gern jemanden für das verprügeln, was die Gilde meiner Familie angetan hat.
    »Eins verspreche ich dir«, sagt Pryana und beugt sich über mich, sodass ich ihren heißen Atem spüre. »Ich mach dir das Leben zur Hölle, wo ich nur kann.«
    »Von mir aus.« Ich spucke das Blut aus, das sich in meinem Mund gesammelt hat.
    Anscheinend gefällt ihr meine Antwort nicht, denn sie kneift die Augen zu Schlitzen zusammen. Die ganze Situation ist absurd. Eine Fehde, die einzig und allein auf Maelas Mist gewachsen ist. Ich hatte es gut gemeint, als ich bei der Prüfung Pryanas Platz einnahm. Ich konnte nicht wissen, dass in diesem Stück der Faden ihrer Schwester verwebt war.
    Aber das wird sie nicht davon abhalten, mich zu hassen.
    Pryana setzt sich und nimmt ihre Arbeit wieder auf, sie webt wie besessen. Eigentlich müsste mich das wütend machen oder zumindest ärgern, aber ich denke an Amie und daran, wie ihr das feine blonde Haar um die Ohren weht. Es ist meine Schuld, was mit ihnen geschehen ist – mit ihrer Schwester und mit meiner. Ich habe das alles in Gang gesetzt.
    Unsere Ausbilderin, eine ältere, übereifrige und zu stark geschminkte Webjungfer, bemerkt von alldem nichts. Sie ist zu sehr damit beschäftigt, von einer Kandidatin zur nächsten zu gehen, ihnen Tipps zu geben oder sie zu ermutigen. Sie ist eine sehr gute Lehrerin. Der Gedanke daran, wie viele neue Lehrerinnen man wohl am Zuweisungstag in Romen eingeteilt hat, versetzt mir einen Stich. Ich war jedenfalls nicht dabei. Ich wende mich wieder meiner Aufgabe zu, dem Weben eines kurzen Schauers über dem nordöstlichen Teil unseres Sektors.
    Mein Webstuhl ist größer als der der anderen Mädchen, und seine Röhren und Zahnräder nehmen eine ganze Ecke des Zimmers ein. Er ist viel neuer, und normalerweise dient er unserer Ausbilderin dazu, etwas zu erklären, während der Rest der Klasse übt. Die anderen Webstühle im Zimmer sind kleiner, manche sogar angerostet, aber alle funktionieren. Sie stehen so dicht beieinander, dass die Kandidatinnen sich kaum vom Fleck rühren können. Pryana arbeitet an einem davon. Ein weiterer Grund für sie, mich zu hassen. Seufzend denke ich darüber nach, wie lang die Liste dieser Gründe bereits ist. Wahrscheinlich wird sie mir niemals verzeihen. Aber ich kann mir bei meiner Tätigkeit keine Ablenkungen erlauben.
    Wetter ist schwieriger als Nahrung, weil die Stränge, die Regen oder Schnee bilden, in die Wolkenfasern eingeflochten werden müssen, und diese wiederum sind Teil der Himmelsfäden. Mahlzeiten hingegen sind einfache Änderungen. Das Rohmaterial wird in die Angebotskette der Bauern und Ladenbesitzer eingeflochten. Vieh und Pflanzen werden von Menschen gezüchtet und gepflegt, sodass die Bürger einen wichtigen Beitrag leisten können. Wir müssen nur noch den Rohstoff in neue Höfe einweben und die Ernte eintragen und gleichmäßig über ganz Arras verteilen. Es ist eine einfache Aufgabe – einen Strang herauszunehmen, ihn an einer anderen Stelle wieder einzuflechten, um anschließend einen neuen Strang in der Lücke zu platzieren, wo er gedeihen kann. So baut man Getreide an, so transportiert man Nahrungsmittel von den Höfen zum Markt. Aber es ist auch eine wahnsinnig langweilige Arbeit. Angeblich tun mehr als tausend Webjungfern in den vier Konventen von Arras Tag und Nacht nichts anderes. Zweihundert davon sind hier stationiert, und ich hoffe, dass man mir am Ende nicht genau diese Aufgabe zuweist. Sicher würde Maela mich liebend gern den ganzen Tag lang nur vermehren und transferieren lassen.
    Wenigstens hat man beim Wetter Raum zum Experimentieren. Die Rohmaterialien stammen aus unterschiedlichen Quellen, sie werden in den verschiedenen Sektoren von Arras abgebaut oder gesammelt. Diese Vorgänge hat man uns nicht wirklich erklärt. Wir haben nur ein paar Fotos von riesigen Bohrern zu Gesicht bekommen, und von großen Fabriken, die die Fasern auftrennen und sortieren. Ich nehme das Material – schiefergraue Stränge für Regenwolken und golden glänzende Blitzfäden – und verwebe sie miteinander. Dann rufe ich die für sie vorgesehenen Orte auf meinem Webstuhl auf und füge sie dort ein. Es ist kleinteilige Arbeit, bei der man die Elemente behutsam miteinander verknüpfen muss, damit der Sturm zum vorherbestimmten

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