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Cocoon, Band 01

Cocoon, Band 01

Titel: Cocoon, Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Albin
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an.
    »Oder du bringst ein paar Leute um?« Ich mache keinen Hehl aus meinem Hass.
    »Als Exempel«, antwortet sie bedächtig und sichtlich bemüht, die Fassung zu wahren. »Das ist notwendig, um euch die Wichtigkeit eurer Tätigkeit zu verdeutlichen. Du kannst gern das Opfer spielen, Adelice, aber du bist ebenso schuldig wie ich. Wenn du nicht in der Lage bist, wichtige Entscheidungen zum Wohle anderer zu treffen, gefährdest du alle.«
    »Es war kein Zufall, dass Pryanas Schwester in diesem Stück war.«
    Sie ignoriert meine Anschuldigung.
    »Anscheinend willst du es nicht verstehen.« Sie raucht weiter.
    »Vielleicht bin ich da ja nicht die Einzige.«
    Maela lächelt, und diesmal ist es ein echtes Lächeln, nicht das übertriebene, das sie für die anderen aufsetzt, und auch nicht das hämische Grinsen, das sie anscheinend für mich reserviert hat. Dieses Lächeln zeigt all die Makel, die sonst durch die Schminke verborgen werden – die Falten, das Zahnfleisch. Es ist scheußlich anzusehen.
    Ihre Züge nehmen wieder den einstudierten gelassenen Ausdruck an. »Ich bin bereit, dir noch eine Chance zu geben. Normalerweise bin ich nicht so nachsichtig.«
    Ich stelle mir die anderen Mädchen vor, die für noch weniger gestorben sind. Sind sie in den Zellen verfault, oder wurden sie aus dem Gewebe gerissen und vernichtet?
    »Was geschieht dabei?«, frage ich, die glitzernden, vom Haken hängenden Fäden vor Augen.
    »Was geschieht wobei?«
    »Wenn man die Fäden der Menschen entfernt. Was geschieht mit ihnen?«
    Ein weiteres freudloses, giftiges Lächeln. »Du könntest ja in deinen Unterricht gehen und es herausfinden, statt in einer Zelle herumzugammeln.«
    Sie geht, um mir Zeit zum Nachdenken zu geben, aber mir ist klar, dass man mir solche Fragen hier niemals beantworten wird. Enora zum Beispiel hat die Antwort wirklich nicht gewusst, als ich ihr bei unserem ersten Treffen die gleiche Frage stellte. Warum halten sie das geheim, wo doch das Säubern so ein wichtiger Teil unserer Arbeit ist?
    Außer natürlich, die aus dem Gewebe Entfernten könnten gerettet werden.

SIEBEN
    I ch schmecke Blut, und meine aufgeplatzte Lippe brennt. So viel dazu, unauffällig zu bleiben – mit Pryana in meiner Trainingsgruppe wird daraus wohl nichts. Maela hat mich kurz nach unserem Gespräch entlassen, und obwohl ich in den letzten Tagen viel über meine Herangehensweise an die Ausbildung nachgedacht hatte, bin ich dabei kein bisschen weitergekommen. Eigentlich wollte ich mich entschuldigen, aber ich brachte die Worte nicht über die Lippen. Die anderen Kandidatinnen zeigten mir, ebenso wie Pryana, die kalte Schulter – meine Konfrontation mit Maela hatte ihnen offenbar nicht gerade imponiert – , und ihre Blicke sprachen Bände. Genau genommen erinnerten sie mich an die Blicke der Mädchen bei den Prüfungen. Man hält mich für tollpatschig und unfähig. Und vielleicht bin ich das ja auch. Jedenfalls schlurfte ich zum Unterricht an meinen Webstuhl, ohne ein einziges Wort mit Pryana gesprochen zu haben. Wahrscheinlich hätte es ohnehin nichts geändert. Offensichtlich gibt sie mir die Schuld am Tod ihrer Schwester. Ich eigne mich sehr viel besser als Zielscheibe als Maela – und bin längst nicht so gefährlich.
    Endlich durften wir wieder an echten Webstühlen arbeiten. Nach dieser ersten traumatischen Erfahrung gaben sie uns drei Tage lang nur künstliches Gewebe, bevor man uns wieder den echten Stoff überließ. Das künstliche Gewebe fühlte sich unter meinen Fingern leblos an, aber es ließ sich leicht verarbeiten. Am Ende der ersten Trainingsstunde hatte ich meine Fähigkeit, Änderungen einzufügen, unter Beweis gestellt – im Gegensatz zu den meisten anderen Mädchen. Noch etwas, womit ich mich unbeliebt machte. Sie mochten ganz passable Webjungfern sein, aber entweder führten sie ihre Arbeiten schlampig aus oder waren zu langsam. Einigen mangelte es vielleicht auch nur an dem nötigen Selbstvertrauen, um sich voll auf das Weben einzulassen. Am Ende der Trainingseinheit konnten wir alle einfachen Aufgaben, wie das Weben von Nahrungsmitteln, bewältigen. Pryana und mich zog man allerdings ab, um mit dem Wetter zu arbeiten. Ich hoffte auf eine Gelegenheit, endlich mit ihr zu reden.
    Mir war klar, dass sie aufgebracht war, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie mir gleich eine reinhauen würde. Nach mehreren Tagen in der Zelle bei unzureichender Ernährung bin ich wacklig auf den Beinen, weshalb Pryanas Schlag mich

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