Cocoon, Band 01
Assistentin wechseln bedeutungsvolle Blicke.
»Sicher, Liebes.« Aber als ihre Assistentin fortgeht, um mehr Schmuck zu holen, beugt Valery sich zu mir vor und flüstert: »Wenn du nur ein bisschen Glück findest, dann nimm es dir.«
Valery richtet sich wieder auf, als das Mädchen mit der Halskette zurückkehrt, aber ihre Worte bleiben hängen. Während ich sie im Spiegel bei ihren raschen, geübten Handgriffen beobachte, kann ich keine Spur von Verbitterung über die Arbeit, die sie verrichten muss, bei ihr entdecken. Ich hoffe, sie ist glücklich, und wünsche mir, dass ich es auch sein könnte.
»Was steht als Nächstes an?«, frage ich Erik, der vor der Tür wartet.
»Zuerst einmal siehst du fantastisch aus«, sagt er, und ich muss mich zusammenreißen, um nicht laut loszuprusten.
»Zieht das bei den anderen Mädchen?«, frage ich, ohne einen Hehl aus meiner Belustigung zu machen.
»Ja«, sagt er mit einem breiten Grinsen. »Warum bist du bloß immun gegen meinen Charme?«
»Jahrelange Geschlechtertrennung«, antworte ich und lächle dabei selbst ein wenig.
»Das spielt mir normalerweise in die Hände.« Er flüstert, weil Cormac soeben aus seinem Zimmer tritt und auf uns zukommt.
Ich mag Erik durchaus. Ich finde ihn sogar charmant. Und vielleicht liegt es nur an meiner Unerfahrenheit, dass seine Flirtversuche mir eher peinlich als liebenswert erscheinen.
»Du siehst toll aus, Adelice«, sagt Cormac, nimmt mich bei der Hand und führt mich zu dem draußen wartenden Wagen. Beim Verlassen des Hotels eiere ich auf meinen hohen Pfennigabsätzen, und schon ist Eriks Hand zur Stelle, um mich zu stützen. Bevor ich ihm danken kann, ist er schon wieder hinter mir verschwunden. Stream-Teams rufen mir ihre Fragen zu, und im Blitzlichtgewitter bin ich praktisch blind. Ich drücke mich schutzsuchend näher an Cormac, trotz seines beißenden Geruchs. Ein Teil von mir wünscht sich ein paar Dosen Valpron, die alles einfacher machen würden, aber wahrscheinlich ist es besser, dass ich keins habe. Ich werde meinen Verstand noch brauchen, um heute Abend allen Fettnäpfchen auszuweichen.
Cormac spricht viele der Reporter mit Namen an. Er beantwortet ihre Fragen und lässt dabei die ganze Zeit den Arm an meiner Taille ruhen. Als wir wieder im Auto sind, in Sicherheit, mache ich mich von ihm los und streiche die Falten glatt, die sein Arm auf meinem Kleid hinterlassen hat.
»Du kannst es wohl kaum erwarten, mich loszuwerden.« Ein kalter Ausdruck tritt in seine braunen Augen.
»Es ist einfach zu viel für mich«, gebe ich zu.
»Mach dir deshalb keine Gedanken«, sagt er und zündet sich eine Zigarre an. »Es wird eine ganz einfache Einweihungszeremonie mit ein paar Fotos, und dann gehen wir wieder.«
Also keine Abendessen, Konferenzen oder Interviews mehr danach. Ich bin erleichtert.
»Ein Band kann ich wohl noch durchschneiden«, sage ich zuversichtlich.
»Bei Arras, das will ich hoffen. Du bist schließlich eine Webjungfer.« Er grinst und lässt ein paar Rauchringe in der Luft schweben.
Ich weiß nicht, was ich von Cormac halten soll. Langsam bin ich mir nicht mehr sicher, ob mein Hass auf ihn gerechtfertigt ist. Klar, er ist schmierig und arrogant, aber von allen Leuten, die mir seit meiner Einberufung begegnet sind, hat er mir am meisten Respekt entgegengebracht, oder doch zumindest schonungslose Offenheit.
Unser Wagen nähert sich einer großen Menschenmenge. Offenbar hat sich das ganze Viertel hier versammelt. Der Anblick so vieler Menschen macht mich zittrig, was hinderlich ist, wenn man ein Band durchschneiden soll. Cormac öffnet die Wagentür und hilft mir beim Aussteigen. Ich sehe mich Stream-Teams und sehr vielen Menschen gegenüber. An dieser Menschenmenge ist allerdings etwas Merkwürdiges. Bei jedem bisherigen Halt waren die Leute wie berauscht, sie haben unsere Namen gerufen und uns anzufassen versucht. Die Leute hier hingegen sind ziemlich ruhig. Einige sehen sogar gelangweilt aus, als wären sie gezwungenermaßen hier. Vielleicht sind sie das ja – das wäre nichts Neues.
»Was wird hier eigentlich eingeweiht?«, frage ich Cormac, während er mich auf ein großes Backsteingebäude zuführt. Ich suche nach einem Schild, aus dem hervorgeht, worum es sich handelt, aber die Menschenmenge verstellt mir den Blick.
»Es ist ihre neue Akademie«, antwortet er, legt mir eine Hand auf den Arm und führt mich zum Eingangstor.
Wenn er mich nicht mitziehen würde, würde ich wie angewurzelt stehen
Weitere Kostenlose Bücher