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Cocoon, Band 01

Cocoon, Band 01

Titel: Cocoon, Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Albin
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bleiben.
    »Ich weihe eine neue Akademie ein. In Cypress.«
    Cormac, der den Blick auf den Weg vor uns gerichtet hält, antwortet nicht. Mit einem Mal weiß ich wieder, warum ich ihn hasse. Deshalb bin ich also hier. Als Erinnerung an das, was ich getan habe. Die unterschwellige Drohung entgeht mir nicht. Ich lasse den Blick über die Menge schweifen und frage mich, warum sie so friedlich ist. Die Gilde muss ihnen einen Haufen Lügen aufgetischt haben, damit sie nicht über uns herfallen.
    Hat man ihnen gesagt, es sei ein Unfall gewesen? So wie die Geschichte, die Amie uns über Mrs Swander erzählt hat?
    Selbst wenn man sie belogen hat, sind die Menschen hier allzu gleichmütig. In keinem Gesicht lässt sich auch nur eine Spur von Wut oder Trauer erkennen.
    Dann begreife ich: Sie wissen nicht, was geschehen ist.
    »Was habt ihr mit ihnen gemacht?«, flüstre ich.
    »Was soll ich schon mit ihnen gemacht haben?«, fragt Cormac unschuldig.
    »Was glauben sie, was mit der letzten Akademie passiert ist?« Ich habe keine Lust auf seine Spielchen.
    »Darum geht es nicht, Kleines«, antwortet Cormac schmunzelnd. »Es geht nicht um sie. Es geht um dich.«
    Wir sind jetzt bei der Tür angelangt, und er reicht mir eine riesige Zeremonienschere. Leider ist sie schwer und vorne stumpf. Alles für die Show. Aber wenn ich gut ziele …
    Cormacs Grinsen verblasst, und er tritt einen Schritt zurück. Nicht ängstlich, sondern wie um mir zu zeigen, dass er meine Gedanken erahnt und dass ich mir keine Hoffnungen machen soll. Einer der hiesigen Sicherheitsleute kommt herbei und stellt sich zwischen uns.
    Sowie Cormac sich umdreht, um mit ihm zu sprechen, nähert sich eine ältere Frau und mustert mich interessiert. Trotz ihrer runzligen Haut und ihres silbergrauen Haars sieht man sofort, dass sie nicht aus Cypress stammt: Alle Einwohner von Cypress haben honigbraune Haut und seidiges, schwarzes Haar.
    »Du bist also Cormacs Gesellschafterin?«, erkundigt sie sich.
    »Ja«, sage ich, und versuche, den Kopf nicht zu senken.
    »Schamlos«, murmelt sie. Mit Sicherheit ist sie der älteste Mensch, den ich je gesehen habe. Selbst in Romen ermöglichen die Grunderneuerungspflaster es allen, vergleichsweise jung auszusehen, aber die Haut dieser Frau ist faltig und knittrig wie zerknülltes Papier, trotz der dicken Schminke auf ihrem Gesicht. Zweifellos ist sie mit der Gilde hier. Oder vielleicht ist sie eine Webjungfer aus dem Konvent des Nordens – jedenfalls benutzt sie keine Erneuerungspflaster.
    »Loricel, wie ich sehe, hast du meine Begleiterin schon kennengelernt«, sagt Cormac, der sich zu uns umgedreht hat.
    »Ja, und ich finde es schamlos«, antwortet sie ernst.
    »Adelice«, sagt er, »darf ich dir Loricel vorstellen? Halt dich lieber von ihr fern. Sie ist bissig.«
    »Pass auf, was du sagst!«, warnt ihn Loricel. »Sonst reiße ich deinen Hintern aus Arras heraus.«
    »Uns verbindet eine tiefe Hassliebe«, erklärt er mir. »Adelice ist unsere jüngste Webjungfer, Loricel. Ihr Fähigkeitsprofil bricht alle Rekorde.«
    »Du bist also diejenige, die Cormacs Aufmerksamkeit geweckt hat. Seit Jahren hat er sich nicht mehr so für den Konvent des Westens interessiert.« Sie mustert mich mit zusammengekniffenen Augen. In ihrem Blick liegt ein Funke von etwas, bei dem es sich möglicherweise um Respekt handeln könnte. Und natürlich interessiere ich mich ebenso sehr für sie wie sie sich für mich. Das ist die Frau, von der Enora erzählt hat. Die Stickmeisterin. Endlich treffe ich die mächtigste Frau von Arras, und weiß nicht, was ich zu ihr sagen soll.
    Bevor ich antworten kann, tritt ein Wachmann in vollem Gildenornat zu uns, und Cormac und er stecken die Köpfe zusammen. Inmitten von all dem Gerede um uns herum kann ich ihre Worte nicht verstehen, trotzdem lausche ich angestrengt.
    »Und, gefällt es dir hier?«, fragt mich Loricel.
    »Nein«, antworte ich abwesend, weil ich immer noch versuche, Cormacs Gespräch zu belauschen.
    Loricels Stirn legt sich in ein Gitterwerk aus Falten, als sie die Brauen hebt. Sie lacht. »Gut. Du bist genau so, wie sie gesagt haben.«
    »Und zwar?« Ich will mir meine Neugier nicht anmerken lassen.
    »Tollkühn und gewitzt. Hervorragende Eigenschaften, um Konversation zu betreiben, aber weniger praktisch, wenn es ums Überleben geht.«
    »Habe ich auch gehört.«
    »Man hält dich von den Webstühlen fern?«
    Ich nicke und frage mich, woher sie davon weiß, bis mir Enoras Worte wieder einfallen: Als

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