Code Delta
auf den Knien und schüttelte benommen den Kopf. Sie schien unverletzt zu sein. Aber es hätte sie in Fetzen reißen können.
»Du hättest mich dir Deckung geben lassen sollen«, sagte er.
Leicht verärgert stand sie auf. »Du magst ja Superman sein, Bish, aber ich bin zum Teufel noch mal nicht Lois Lane!«
Bishop grinste und sagte: »Schon kapiert.« Queen besaß keine Schnellheilungskräfte, doch sie kannte ihre Grenzen und verstand sich aufs Überleben. Sie wollte und brauchte keine Beschützer.
Sie hustete in der staubgeschwängerten Luft, nahm ihre Bandana ab und knotete sie sich vor Mund und Nase. »Wo ist Knight?«
»Hinter Ridley her.«
In diesem Moment erzitterte die Decke der Kammer, die gut hundert Meter tief unter dem Dschungel und der größten Pyramide der Welt lag. Eine extrem große Masse war auf der Oberfläche eingeschlagen. Queen und Bishop hetzten die Stufen hinauf, denn sie befürchteten, dass Ridley inzwischen etwas wesentlich Mächtigeres als Skelettgolems herbeigezaubert hatte. Doch was auch immer es sein mochte, Knight würde allein damit klarkommen müssen.
55 Wiltshire, England
»Tja, die Lage erscheint ein wenig unglücklich«, meinte Alexander, als er aus dem engen Spiraltunnel herauskroch und sah, dass sie in einer Sackgasse gelandet waren.
»Unglücklich ist die Untertreibung des Jahres«, meinte King.
Alexander hockte sich neben ihn. »Da haben Sie wohl recht.«
King lehnte sich gegen die nackte Betonwand, so dass sein Körper sie verdeckte. Er wollte ein paar Antworten. »Da wir jetzt ein wenig Zeit totschlagen müssen, könnten Sie mir doch ein paar Fragen beantworten.«
»Ich glaube nicht, dass …«
»Mit wem haben sie am Telefon gesprochen?«
»Einem Kollegen.«
»Einem Mitglied der Gesellschaft des Herkules?«
Alexander hob achselzuckend die geöffneten Handflächen. »Sonst hätte er meine Nummer nicht gehabt. Aber dies …«
»Worum ging es dabei?«
Kings Fragerei und seine ständigen Unterbrechungen ließen Alexanders Gesicht vor Ärger rot anlaufen. King wusste, dass er sein Glück strapazierte, doch ein zorniger Mann ließ sich leichter zu unbesonnenen Antworten verleiten. »Warum sind Sie wirklich hier?«
Doch Alexander war zu klug und erfahren, um den Köder zu schlucken. Er wollte zwar schon zu einer erzürnten Erwiderung ansetzen, verstummte dann aber und lehnte sich grinsend zurück. Gelassen sagte er: »Dasselbe könnte ich Sie fragen, King. Der Tod Ihrer Schwester hat sie zu einem Mann des Kampfes gemacht. Und jetzt hat ein kleines Mädchen – das Sie sozusagen adoptiert haben – ihnen die Schwester ersetzt, und sie versuchen verzweifelt, es zurückzubekommen. Sie handeln ebenso aus Eigeninteresse wie im Dienste der ›guten Sache‹.«
Diesmal war es King, der unwillkürlich Zorn in sich aufwallen fühlte. Alexander hatte den Spieß umgedreht. Aber Kings persönliche Beweggründe kollidierten nicht mit seiner Mission, und so beruhigte er sich wieder. Er war seinem Ziel, Alexanders Motive zu ergründen, keinen Schritt näher gekommen.
»Vergessen Sie nicht, dass Sie nur hier sind, weil ich Sie mitgenommen habe«, sagte Alexander.
Dem war wenig entgegenzusetzen. Erst hatte Alexander King zur Siletz Reservation und damit zu Fiona geführt. Und seit dem Forum Romanum hätte er King wahrscheinlich zu jedem beliebigen Zeitpunkt abschütteln können. Die Frage lautete: Warum hatte er es nicht getan? Warum erlaubte Alexander, ein Mann von außergewöhnlichen Ressourcen, gewaltiger Intelligenz und Physis, der noch dazu seine eigene Geheimorganisation kommandierte, dass King ihn begleitete? Also fragte King: »Warum?«
Alexander lächelte. »Ich habe einer guten Schachpartie nie widerstehen können.«
Die Anspielung war deutlich. Für Alexander war King ein Bauer im Schachspiel. Pawn. Das wollen wir erst mal sehen , dachte King, rang sich jedoch ein Grinsen ab. Er hatte jetzt genug Druck gemacht. Er war mit einem Mann, der ihn mühelos in Stücke reißen konnte, in einer winzigen Höhle eingesperrt und kam sich langsam vor wie ein Frosch in einem Mixer. Es war Zeit, weiterzuziehen. Er deutete auf ein Wassertröpfeln hinter Alexanders Kopf. »Bei regelmäßiger Wasserversorgung, wie lange würde sich Ihr Körper regenerieren?«
»Unbegrenzt«, erwiderte Alexander. »Warum?«
»Falls wir hier lange oder für immer festsitzen sollten, könnte ich Sie also anfressen, um zu überleben.«
Alexander verzog angewidert das Gesicht, während er King ansah,
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