Code Delta
sagte Fiona.
Elma verzog das Gesicht und nickte. »Ja. Noch nicht. Wir werden mit Spielen, Wasser, Lesestoff und auch medizinisch versorgt, wenn nötig.«
Das Gespräch hatte Fiona beruhigt, und ihr Körper kehrte langsam in den Normalbetrieb zurück. Sie löste sich von Elma und konnte sich wieder selbst aufrecht halten. »Wer bringt denn das alles? Das Essen?«
»Das wissen wir nicht«, sagte ein hochgewachsener, hagerer Schwarzer, der in der Nähe stand. »Die Sachen werden im Dunkeln gebracht. Bei Nacht. Wenn das Licht gelöscht ist. Wir können sie nicht sehen. Aber sie klingen unheimlich.«
»Buru«, wies Elma ihn zurecht. »Mach dem Mädchen keine Angst.«
»Sie wird sich weniger fürchten, wenn sie weiß, was auf sie zukommt.« Er wandte sich an Fiona. »Was glaubst du, wer dich hierhergebracht hat? Keiner von uns hat deine Ankunft bemerkt. Wir sind morgens aufgewacht, und du warst auf einmal da.«
Elma murmelte ein paar verärgerte Worte auf Italienisch vor sich hin und gestikulierte: »Sie ist doch gerade erst angekommen!«
Dabei rutschte ihr Ärmel zurück, und ein schwarzes Symbol auf dem Handrücken wurde sichtbar. Es war klein, etwa von der Größe eines 25 -Cent-Stücks, aber Fiona erkannte es sofort. Sie wich zurück.
Elma erstarrte mitten in der Bewegung. Sie hatte Fionas Erschrecken bemerkt und folgte ihrem Blick zu dem Symbol auf ihrer Hand – einem Kreis, der von zwei vertikalen Linien durchschnitten wurde. »Was ist denn los, meine Kleine?«
Fiona starrte sie groß an, während ihr Verstand die Teile des Puzzlespiels zusammensetzte.
»Es ist eine Art Brandzeichen«, meinte Elma und streckte Fiona die Hand hin.
Buru zeigte Fiona seine eigene Hand. Auf seiner schwarzen Haut war das Symbol schlechter zu erkennen, aber doch war es da. »Alle von uns tragen es.« Er deutete auf Fionas rechte Hand. »Du auch.«
Fiona betrachtete ihre eigene Hand, auf der das schwarze Symbol frisch und kräftig leuchtete. Sie versuchte, es abzuwischen, doch es ließ sich weder verschmieren noch abreiben. Tätowierungen , dachte sie. Sie hatte einmal ihrer Großmutter geholfen, Schafe im Reservat so zu markieren. Es hatte sie angewidert. Doch das Erlebnis hatte sich unauslöschlich in ihr Gedächtnis eingeätzt. Die Tätowierungen markierten einen Besitzanspruch. Und hier in diesem Raum war sie die Einzige, die den Namen des Schäfers kannte.
Alexander Diotrephes.
Dieses Wissen gab ihr Kraft. Sie strich mit dem Daumen über die Tätowierung und fragte Buru: »Sie kommen nur im Dunkeln?«
Er nickte, erstaunt, dass das kleine Mädchen das Thema weiterverfolgte. »Es fällt ein schwaches Licht aus dem Gang hinter der Tür herein, aber das ist alles.«
»Haben Sie einen von denen gesehen?«
Buru sah Elma an, die die Hände über dem Kopf zusammenschlug und sich vor sich hin murmelnd abwandte.
»Nur Schatten«, meinte Buru. »Aber andere haben sie gesehen.«
»Dunkle Umhänge und graue Haut?«
Elma erstarrte und drehte sich langsam wieder zu ihnen um. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Buru schien gleichermaßen verblüfft zu sein. »Du weißt etwas über diese – Dinger?«
Fiona dachte zurück. »Mein Vater nennt sie Schemen, aber das trifft es nicht ganz, weil das Wort eigentlich ein Schattenbild bezeichnet, und das sind keine Schattenbilder.«
»Und was genau sind sie?«, fragte Buru.
Fiona zuckte die Achseln. »Keine Ahnung, aber zwei Dinge kann ich euch versichern: Erstens, wir kommen hier nicht ohne Hilfe raus. Und zweitens, Hilfe ist unterwegs.«
Buru wirkte ungläubig, als wäre ihm gerade erst wieder bewusst geworden, dass er mit einem jungen Mädchen redete. »Woher willst du das wissen?«
Fiona war überzeugt, dass King jeden Stein auf der Erde nach ihr umdrehen würde, und legte alle Überzeugungskraft, die sie aufbrachte, in ihre Stimme: »Ihr kennt meinen Vater nicht.«
19 Luftwaffenstützpunkt Pope, North Carolina
King stützte die Ellenbogen auf den Tisch und ließ das Wort probeweise über die Zunge rollen. »Golem.« Es schmeckte ihm nicht. »Wie in der legendären jüdischen Variante?«
»Die kennst du?«, fragte Aleman.
»Nur in groben Zügen«, erwiderte King. »Es sind aus Lehm modellierte Figuren, die zum Leben erwachen, wenn ein Rabbi ihnen ein Stück Papier mit dem Wort ›Emet‹ in den Mund legt. Das bedeutet ›Wahrheit‹. Manchmal wird das Wort stattdessen in den Leib des Golems eingeritzt. Um den Golem zu zerstören, wird das ›E‹ ausradiert, wodurch das Wort
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