Code Delta
kochten in ihm hoch, und die Maske des abgehärteten Soldaten bröckelte.
Dann sah er die Parallelen. »Ich wurde ebenfalls beschattet. Er hat Fiona entführt und die anderen getötet. Und er kontrolliert die Golems.«
»Dann wissen Sie, wer der Drahtzieher ist?«, fragte Duncan.
»Ja. Richard Ridley.«
»Dieser Mistkerl …« Duncan schwieg einen Moment lang. »Ich lasse ihn zur Fahndung ausschreiben, für den Fall, dass er versucht, in die USA zurückzukehren. Boucher wird auf internationaler Ebene Entsprechendes arrangieren, jedenfalls in den Ländern, die noch mit uns reden.«
King wollte fragen, was passiert war, zog schließlich aber selbst seine Schlussfolgerungen. Wenn diese Länder einen Tipp bekommen hatten, dass US -Einheiten ihre Staatsbürger zu kidnappen versuchten, bahnte sich gerade ein internationales Drama an. Und Duncan als Präsident würde alle Hände voll zu tun haben. King beschloss, ihn nicht unnötig aufzuhalten. »Ich sage Bescheid, was ich in Haifa herausfinde.«
»Dito, was Ridley angeht«, sagte Duncan. Es klickte, dann ertönte das Freizeichen. Der Mann war sehr beschäftigt.
King wählte eine zweite Nummer. Aleman antwortete beinahe sofort. »Aleman hier.«
»Lew, hier ist King. Ich wollte mich nur nach meinen Eltern erkundigen.«
»Ich habe sie im Hotel abgesetzt. Dein Vater ist ganz begeistert, er liebt das kontinentale Frühstück. Sie haben eine Menge Fragen nach dir gestellt. Jede Menge Fragen. Wenn sie nicht deine Eltern wären, würde ich denken, sie seien hinter Geheiminformationen her.«
Einen Moment lang war King besorgt, aber dann sagte er sich, dass das ganz normal war. Seine Eltern wussten inzwischen, dass er einem wesentlich interessanteren Job nachging, als sie bisher geglaubt hatten. Vermutlich wollten sie einfach über alles Bescheid wissen. »Und was hast du ihnen gesagt?«
»Die Wahrheit. Dass du im Küchenteam der Spezialkräfte bist – sehen wir’s mal realistisch, das klingt ungefähr genauso bedrohlich wie ›Schachteam‹ – und gegenwärtig den Globus nach Trüffeln abklapperst.«
King grinste. Der Humor tat gut. »M-hm.«
»Sobald wir im Hotel waren, konnten sie mich allerdings gar nicht schnell genug loswerden.«
»Komisch«, meinte King.
»Wieso? Sie haben sich zehn Jahre lang nicht gesehen, und jetzt haben sie ein paar Tage ganz für sich allein in einem Luxushotel. Ich denke, sie werden häufig das ›Bitte nicht stören‹-Schild vor die Tür hängen.«
King stieß ein Lachen aus. »Danke, Lew. Du hast es gerade geschafft, all die furchtbaren Dinge, die ich gesehen habe, mit einer noch schlimmeren Vorstellung zu übertrumpfen.«
»Ich habe das mit Fiona gehört. Große Scheiße.«
»Hätte nicht schlimmer kommen können.«
»Du findest sie.«
Darauf fiel King keine Antwort ein. Seine Zuversicht schwand mit jeder neuen Wendung der Dinge.
»Pass auf dich auf, King.«
»Mache ich.«
Er legte auf und dachte an seine Eltern. Es gab viel nachzuholen. Verlorenes Vertrauen wiederherzustellen, alte Wunden zu heilen. Er wollte vor allem, dass sie Fiona kennenlernten. Dann hatten sie ein Enkelkind zum Verwöhnen, und Fiona, die ihre Großmutter sehr vermisste, ein Paar liebevoller Großeltern.
Aber erst einmal musste er sie finden.
Er sah aus dem Fenster. Die blauen Wellen tief unten wurden größer, während das Flugzeug zum Landeanflug auf den internationalen Flughafen Ben Gurion ansetzte.
40 Haifa, Israel
Die anderthalbstündige Fahrt vom Flughafen von Tel Aviv zum Technion verlief ruhig und ereignislos. Das einzig Spektakuläre war der Blick aufs Mittelmeer, und Haifa entpuppte sich als ruhige Studentenstadt voller Cafés. Ein Wermutstropfen war allerdings, dass King seine Waffe nicht hatte mitnehmen können; gegen die ultrascharfen Sicherheitsmaßnahmen auf dem israelischen Flughafen war selbst der große Herkules machtlos.
Im Parkhaus hatte bereits ein schwarzer Mercedes für sie bereitgestanden. Der Mann aus grauer Vorzeit schien sich hier auszukennen wie ein Einheimischer. King erinnerte sich an seine Behauptung, Jesus persönlich gekannt zu haben, und vermutete, dass er diesen Weg in der Vergangenheit schon mehrmals zurückgelegt hatte, vielleicht zu Pferd oder sogar in Sandalen. Möglicherweise war er überall auf der Welt zu Hause.
Während King noch darüber nachdachte, was er mit fünfundzwanzig Jahrhunderten Leben anfangen würde, bogen sie auf einen Parkplatz ab. Die Universität bestand aus einem Meer aus weißen
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