Code Vision (Vereint) (German Edition)
wenn … ach vergiss es.“ Sie schüttelte den Kopf und wollte sich abwenden. Bevor ich darüber nachdenken konnte, griff ich nach ihrem Arm und sie erstarrte in der Bewegung.
„Nicht“, platze es aus mir heraus. Sie sollte sich nicht wegdrehen, mir nicht den Rücken zukehren und mich ignorieren. „Sie war nicht hier, weil sie wichtigere Autoren vertritt.“
Einen Moment sah sie mich einfach nur an, dann zog sie den Arm zurück – so langsam, als hätte sie die Entscheidung dazu noch gar nicht wirklich getroffen.
„Ist mir eigentlich vollkommen egal“, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
„Em, es ... ich würde gerne …“
Sie sah mich abwartend an. Mein Blick fiel auf ihre Hände. Angespannt krallte sie sich an der Theke fest. Das Herz wurde mir schwer bei diesem Anblick. Es gab so viel, was ich ihr sagen wollte. So viel, was ich ihr schuldete. Auch wenn ich nichts dafür konnte, dass ich damals einfach verschwunden war, wusste ich, dass ich ihr das Herz aus der Brust gerissen hatte.
„Ich will mit dir reden“, brachte ich schließlich über die Lippen. Ich sah ihr wieder in die Augen und biss mir leicht auf die Zunge.
„So wie vor neun Jahren? Ich bin schon sehr gespannt, wie du aus der Nummer wieder rauskommen willst!“, forderte sie mit eisigem Unterton. „Ich dachte nicht, dass du mir noch etwas zu sagen hättest.“
„Ich habe dir sehr viel zu sagen“, beharrte ich. Jetzt nicht locker lassen. Natürlich hatte sie auf Abwehr geschaltet. Ich kannte Em fast besser als mich selbst und war sicher, dass sie sich in bestimmten Punkten nie geändert hatte – und nie ändern würde. Sie saß immer am längeren Hebel – dafür liebte ich sie. „Aber nicht hier. Können wir nicht irgendwo hingehen? Zu mir oder meinetwegen zu dir. Ganz egal. Irgendwo hin, wo wir ungestört …“
„Wieso sollte ich?“, keifte sie plötzlich los. „Wieso sollte ich dir diese Chance jetzt noch geben? Nach all den Jahren kommst du hier unter einem anderen Namen reingeschlichen, nur weil deine Agentin es so wollte und jetzt erwartest du, dass ich dir um den Hals falle und mich über dich freue?“
„Das habe ich doch gar nicht …“, begann ich, doch sie fuhr schon fort.
„Deine Agentin , Char! Wenn du wenigstens aus freien Stücken hergekommen wärst. Um mich zu sehen anstatt deine blöde Unterschrift zu üben! Aber nein. Weißt du was? Du kannst mich mal! Das tue ich mir nicht an. Verschwinde und …“
„Stopp!“, fuhr ich ihr ins Wort. Ich wollte nicht, dass sie diesen Satz zu Ende sprach. Egal wie er aufhören würde, er würde schmerzen und ich redete mir ein, dass sie es bereuen würde, mich fortzuschicken. „Em, bitte. Ein Gespräch. Gib mir eine Chance, dir zu erklären, was passiert ist.“
Ihre Augen schienen Funken zu sprühen. Mit einem leisen Knirschen kratzte sie über das Holz des Tresens, wie eine Tigerin, die ihre Krallen schärfte. Ich streckte die Hand aus und legte sie auf ihre, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. Mir war, als würde mich ein Blitz durchfahren. Ein heißer Blitz, der von meiner Hand durch meinen Arm schoss und sich in meinem ganzen Körper entlud. Sogar meine Füße kribbelten. Der Atem blieb mir kurz weg, dann fing ich mich wieder.
„Eine Chance, Em“, sagte ich leise. „Mehr will ich nicht.“
Die Sekunden schienen sich in die Länge zu ziehen. Ich sah, wie sie den Blick kurz auf unsere Hände senkte, löste meinen eigenen aber nicht von ihrem Gesicht. Ich konnte es nicht. So lange hatte ich sie vermisst und nicht den Mut aufgebracht, mich bei ihr zu melden. Sie hatte mich verloren, auf mich gewartet, ohne zu wissen, was passiert war. Und jetzt …
Auf einmal wurde mir klar, wie recht sie damit hatte, sauer auf mich zu sein. Natürlich hatte ich es auch vorher schon verstanden, doch jetzt wurde es mir noch klarer. Mir hatte die Trennung wehgetan. Sie hatte mich zerrissen, einen anderen Menschen aus mir gemacht, mir gezeigt, wie verletzlich ich war, wenn ich Emily nicht an meiner Seite hatte. Aber sie hatte nie Antworten bekommen, nie verstehen können, wieso ihr bester Freund plötzlich verschwunden war. Ich zweifelte stark daran, dass einer der eingeweihten es ihr je erklärt hatte. Ich hatte überhaupt keine Chance, noch ein weiteres Treffen mit ihr zu bekommen. Wie konnte sie? Wahrscheinlich würde Emily mir nie wieder trauen.
Gerade als ich meine Hand wegziehen wollte, spürte ich, wie ihre Finger sich um meine schlossen – nur ganz kurz. Ein
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