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Code Vision (Vereint) (German Edition)

Code Vision (Vereint) (German Edition)

Titel: Code Vision (Vereint) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruby Shadow
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anderen Ende der Küche, genau vor dem Herd, hatte schwache Konturen. Im Grunde war es nur eine große schwarze Wolke, von der ein eigenartiges, violettes Schimmern ausging, doch mit etwas Phantasie konnte ich vier Arme und einen spitzzulaufenden Kopf erkennen. Phantasie hatte ich weiß Gott genug, weshalb mir der Anblick einmal mehr eine Gänsehaut über den Rücken jagte.
    „Genau!“, rief ich, als die schwarze Wolke sich in Bewegung setzte. „Verzieh dich wieder.“
    Sie näherte sich der Wand und verschwand dann einfach. Lange hatte ich geglaubt, dass sie durch die Wand hindurch entfloh. Heute wusste ich, dass sie sich einfach nur auflöste. Mein Verstand spielte mir diese Streiche – regelmäßig. Und es nervte!
    Ich rieb mir den Nacken und sah gedankenverloren aus dem Fenster, während die Kaffeemaschine laut gurgelte. Vor mir erstreckte sich ein Garten, der irgendwann vor vielen Jahren einmal sehr schön gewesen war – genau wie das Haus mit seinen unzähligen Zimmern. Ich erinnerte mich an Obstbäume und Beerensträucher an den Grenzen des Grundstücks. An schön gepflegte Wiesen und Gartenpartys der Extraklasse. Wieder lief es mir kalt den Rücken hinunter.
    Die Geister der Vergangenheit waren schlimmer, als die Einbildungen, die manchmal durch diese Mauern waberten. Ich war mir sicher, dass sie nur deshalb existierten, weil mein Unterbewusstsein mir etwas sagen wollte. Und zwar, dass es sich gerne wieder mit Horrorgeschichten befassen wollte, statt mit Romantik, Kitsch und Happy Ends. Aber genau das war der Grund, weshalb ich sie ignorieren musste. Einfach ignorieren.
    „Mein Name ist Christopher Redfield und ich bin der Herr über meinen Verstand“, redete ich mir ein. „Ich werde diesen Kaffee trinken, dem Schatten keine Beachtung schenken und mich dann für meine Fans fertig machen, damit ich die Signierstunde halten und meine reizende Agentin zufrieden stellen kann.“
    In Wirklichkeit wollte ich dem Schatten sehr wohl Beachtung schenken. Meine Fans waren mir so egal, wie sie es nur sein konnten und auf die Signierstunde freute ich mich genauso wenig, wie auf das zufrieden strahlende Gesicht meiner Agentin Liz, von der ich jetzt schon wusste, dass sie mich viel zu überschwänglich an sich drücken würde. Aber all das war egal, denn ich würde weder dem Auftritt in der Buchhandlung, noch dem roten Lippenstiftmund von Liz entkommen, die spätestens morgen wieder auf der Matte stehen würde.

Emily
    War ich tot? Das konnte nur der Himmel sein. Die feurige Version des Jenseits zwei Etagen tiefer schied aus, denn ich befand mich mitten in einem Dior-Laden und alle Handtaschen wurden für die Hälfte des Preises ausverkauft.
    Während mein Verstand noch damit rang, wie ich hierhergekommen war, fassten meine Augen ein überaus seltenes Sammlerstück ins Auge. Mit energischen Schritten näherte ich mich dem rosafarbenen Traum einer jeden Frau und starrte sie ehrfürchtig an. Ein gleißendes Licht umgab mein Objekt der Begierde, als sich ein paar fremde Finger danach ausstreckten und sie schließlich umfassten. Moment mal. Das war meine Tasche! Ich hatte sie zuerst gesehen!
    Ich drehte den Kopf so schnell zur Seite, dass meine rotblonden Locken nur so flogen und fokussierte meine Gegnerin: blond, blauäugig, Kaugummi kauend und mit einem Ausschnitt verziert, der sogar einen katholischen Priester dazu gebracht hätte, sein Zölibat zu überdenken.
    Wut kochte in mir hoch und ich musste im Geist erst bis drei zählen, bevor ich zuckersüß hervorbrachte: „Entschuldigen Sie, aber ich habe diese Tasche wohl zuerst gesehen.“
    Blondi musterte mich so intensiv von oben bis unten, dass ich ernsthaft überlegte, ob ich mir heute Morgen etwas angezogen hatte.
    „Ey Rauschengelchen, schieb ab. Ich hab sie zuerst gesehen!“
    Ich musste meine komplette Willenskraft aufbringen, um freundlich zu bleiben, aber es half nichts. „Erstens heiße ich nicht Rauschengelchen und zweitens würde ich es deiner Gesundheit wirklich sehr empfehlen, wenn du die Tasche jetzt loslässt.“
    Ehe ich mich versehen konnte, hatten sich meine Finger im weichen Leder der Dior-Tasche vergraben und ließen sie nicht mehr los. Ein Gerangel und Gezerre entstand, sodass die umliegenden Personen mit ihrem Tun inne hielten und wir nun die volle Aufmerksamkeit aller Anwesenden hatten.
    „Lass sofort los! Was willst du Pummelchen überhaupt damit? Die passt ja nicht mal zu deiner Haarfarbe!“
    Pummelchen ? In Ordnung. Das war zu viel.

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