Codename Azteke
Guantánamo hatte Aquiles Sierra versucht, festzustellen, wo sich die Tiburón aufhielt. Sie war von Santa Cruz aus losgesegelt und nach Osten gefahren, an der Küste entlang. Danach wusste niemand mehr etwas über sie. Sierra hatte die bekanntesten Häfen im Süden und Osten von Kuba überprüft, aber nirgendwo hatte man von ihr gehört, daher postierte er ein Team in Santa Cruz und konnte nichts weiter tun, als abzuwarten.
Martin Ramos hatte die Absicht gehabt, sich an Jesús’ Anweisung zu halten, um die Ostspitze Kubas herumzusegeln und dann nach Santa Cruz zurückzukehren. Doch auf der Rückfahrt von Jamaika wurde Teresa krank. Anfänglich schob der General es auf zu viel essen und trinken, aber nach zwei Tagen war klar, dass das Mädchen ernsthaft seekrank war. Selbst bei langsamer Fahrt oder wenn er das Boot im Leerlauf treiben ließ, konnte er nichts tun, um ihren Zustand zu verbessern.
Also entschied sich Ramos, die Reise abzukürzen. Er wusste zwar, dass Florin ihn gebeten hatte, fünf Tage auf See zu bleiben, aber dreieinhalb mussten eben ausreichen. In den nächsten achtundvierzig Stunden würde er sich vorsichtshalber ruhig verhalten, und wenn jemand kam und
Fragen stellte, würde Ramos ihn zum Teufel schicken. Nicht viele Leute in Kuba wollten sich mit General Ramos anlegen.
Bei den Mädchen lag die Sache allerdings anders. Sierra suchte sich sein Opfer aus. Sein Vernehmungsbeamter fing sie auf dem Weg zum Markt ab, steckte sie in einen Streifenwagen und fuhr sie in bedrohlichem Schweigen zu einem entlegenen Polizeirevier.
»Du weißt doch, dass es ein Verbrechen ist, unerlaubt das Land zu verlassen, oder?«, fragte der Vernehmungsbeamte auf eine Weise, die die ernsten Konsequenzen einer solchen Handlung anklingen ließ.
»Aber das wusste ich doch nicht«, stieß sie hervor, den Tränen nahe. »Ich wusste nicht, wohin wir fuhren. Angeln, haben die anderen gesagt. Das hat mir Lucrecia gesagt, ich schwöre es.«
»Du würdest mich doch nicht anlügen, Teresa, oder?«
»Nein, niemals, das schwöre ich.«
»Bist du an Land gegangen?«, fragte er, ohne sie anzusehen, und machte sich Notizen.
»Nein, ich bin an Bord geblieben, das können Ihnen die anderen bestätigen. Es ist die Wahrheit.«
»Wer waren die anderen, Teresa?«
Er merkte, wie sie zögerte, sah von seinen Notizen hoch und warf ihr einen so scharfen Blick zu, dass ihr Widerstand in sich zusammenbrach.
»Es waren Lucrecia, Magdalena und ich, sonst niemand.«
»Nur ihr drei und die Generäle? Ist das richtig?« Er sah sie fragend an, als wolle er andeuten, er wüsste die Antwort bereits.
»Ja. General Ramos und General Florin.«
»Nun, wie du weißt, sind die Generäle Ramos und Florin zwei unserer berühmtesten Helden. Wir wollen sie doch nicht aufregen, nicht wahr?«
»Nein.« Teresa klang erleichtert.
»Gut.« Der Vernehmungsbeamte stand auf. »Wir werden diese Angelegenheit nicht weiter verfolgen.« Er sah, wie sie lächelte, und fuhr fort: »Und dieses kleine Gespräch bleibt unter uns, ja?«
»Ja, natürlich.« Teresa musste nicht lange überredet werden.
»Ich bringe dich zum Auto«, erklärte er ihr im Tonfall eines freundlichen Onkels. »Mein Fahrer wird dich zu Hause absetzen.«
»Vielen Dank.«
»Kannst du dich an den Namen des Ortes erinnern, wo ihr General Florin abgesetzt habt?«
»Das war Jamaika – sie sprachen dort Englisch.«
»Ich weiß, dass es Jamaika war«, log der Vernehmungsbeamte. »Ich meine den Namen des Hafens.«
»Ich glaube, er hieß Montego.«
»Und wer hat sich dort mit dem General getroffen?«
»Ich weiß seinen Namen nicht mehr. Er war Engländer, haben sie gesagt, aber er sprach Spanisch. Und er hat sehr gut ausgesehen. Und er schien General Florin zu kennen, glaube ich.«
»Gutes Mädchen.« Der Vernehmungsbeamte hielt ihr die Wagentür auf. »Vielleicht solltest du die nächste Einladung zu General Ramos ablehnen«, schlug er vor und sah sie drohend an. »Ja, ich glaube, das wäre eine gute Idee. Lass das ein anderes Mädchen tun.«
Fest schloss er die Beifahrertür und machte auf dem Absatz kehrt. Colonel Sierra würde zufrieden sein.
Hadley wusste nicht, was ihn in Malabo erwarten würde. Über Äquatorialguinea hatte er sich nie viele Gedanken gemacht. Und Florins Worte über seine Mission hatten nicht viel dazu beigetragen, seine Befürchtungen zu vertreiben.
Das Land bestand aus zwei Teilen: der Insel Bioko, auf der sich die Hauptstadt Malabo befand, zwanzig Meilen vor
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