Codename Azteke
Restaurant verabredet, um einen Drink zu nehmen und dann essen zu gehen.
Das Buch – es war Jacks fünftes – bereitete ihm Probleme. Der Vorschuss war längst aufgebraucht. Obwohl das
Gehalt von der Universität regelmäßig kam und den finanziellen Druck zumindest teilweise linderte, musste er doch immer noch die Hypotheken für sein früheres Haus in London bezahlen.
Jack und seine Frau – die bald seine Exfrau sein würde – hatten ein gutes Verhältnis zueinander, vielleicht wegen der Kinder. Seine finanziellen Probleme stammten eher von seinem Ehrgeiz, dass die Schlacht um Madrid Berichte von früheren Kämpfern aus erster Hand enthalten sollte.
Jack hatte zwar einige dieser sich stetig verringernden Gruppe aufgespürt, aber nach der Niederlage ihrer Seite hatten viele Republikaner Spanien verlassen. Die meisten, die Hadley angesprochen hatte, waren zwar bereit, ihre Geschichte zu erzählen, aber nun musste er feststellen, dass Reisen nach Uruguay oder Nicaragua Geld kosteten.
Seit er Mercedes kannte, hatte sie mehr als ihren Anteil an ihren Unterhaltskosten getragen, besonders, seit sie mit Jack zusammengezogen war, doch eine Mischung aus Stolz und Gerechtigkeitssinn hinderte ihn daran, die großzügigen Zuwendungen seiner Freundin über Gebühr zu beanspruchen, solange er noch einen bedeutsamen Anteil seines eigenen Einkommens an seine getrennt lebende Frau schickte.
Hadleys Trumpf im Spiel war Florin, der wahrscheinlich berühmteste noch lebende Exkrieger – auch wenn sein Ruhm zugegebenermaßen eher aus seinem späteren Leben stammte als aus seiner Rolle in der Schlacht um Madrid.
Hadley hatte an die Universität von Havanna geschrieben, und der Dekan für Geschichte, Dr. Asencio, hatte ihm die gute Nachricht mitgeteilt, dass Florin ihn empfangen würde. »Kommen Sie im Frühling«, lautete die Botschaft. In
Presse- und Literaturkreisen war allgemein bekannt, dass Florin keine Interviews gab. Er hatte sich zwar nur einverstanden erklärt, über Spanien zu sprechen, aber Hadley hoffte, dass er auch andere Geschichten zu hören bekommen würde, aus Russland, dem Kongo oder Mosambik. Also beschloss er, sobald in Salamanca im März der Frühling anbrach, nach Kuba zu fliegen und sich mit dem legendären Azteken zu treffen.
Um zehn vor acht Uhr abends, fast eine Stunde später als geplant, verließ Jack das Gebäude für Geschichte und Geografie und eilte zum Hauptsekretariat, wo er ein paar Papiere abgeben musste.
Er lief über den Innenhof der Escuelas Minores, wobei er aufpassen musste, nicht auf Eis auszugleiten. Auch wenn man den Schnee beiseitegeschoben hatte, war es gelegentlich immer noch schwierig, den umbauten Platz zu überqueren, den im Winter kaum ein Sonnenstrahl erreichte.
Am Haupteingang kam er wieder heraus, wo sich ein paar japanische Touristen vergeblich bemühten, in den steinernen Ornamenten der Plateresco-Fassade der Universität den Frosch von Salamanca zu finden, und ging dann zum Verwaltungsgebäude gegenüber den hoch aufragenden Mauern der beiden Kathedralen von Salamanca.
Zusätzlich zu den drei Stunden, die er tags zuvor in der Bibliothek der Fakultät für Politikwissenschaften verbracht hatte, war Hadley gerade zwei Stunden in der Bibliothek der Historiker gewesen und hatte versucht, mehr über den geheimnisvollen Jesús Florin herauszufinden. Die meisten Informationen, die er entdeckte, stammten aus unautorisierten Biografien und Zeitungsausschnitten, doch es gab auch Kopien von Schriften, die von Florin selbst stammten
und die in den Fünfzigerjahren von der autonomen Universität in Mexiko veröffentlicht worden waren.
Hadley sah auf die Uhr und stellte fest, dass er sowieso schon spät dran war, aber das Thema interessierte ihn, und daher beeilte er sich nicht. Er wusste, dass Mercedes unbesorgt warten würde. Außerdem waren ihre Freunde und Kollegen bestimmt schon im Restaurant. Sie würde also nicht allein sein.
»Professor Hadley, die hier habe ich alle gefunden.« Die Bibliotheksassistentin brachte ihm einen weiteren Stapel Literatur.
Ziemlich jung, stellte Jack fest. Sie war vielleicht achtzehn und trug einen extrem knappen Rock, der selbst zu dicken Wollstrümpfen in den ernsten Hallen der Universität von Salamanca vor kurzem noch als unangemessen betrachtet worden wäre. Es war lange her, seit vor einem halben Jahrtausend die erste Frau die Universität hatte betreten dürfen – und auch das nur, weil sie Königin Isabellas persönliche Lehrerin war
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