Codename Azteke
beiden Männer lächelten, und Jack erzählte ihrem Vater die Geschichte von ihrem Einzug im Fonseca, woraufhin dieser lachen musste.
»Sie sucht auch meine Garderobe aus«, erzählte Jack fröhlich weiter und dachte daran, wie sie ein paar Monate nach ihrer ersten Begegnung mit Jack einkaufen gegangen war und ihn aufgefordert hatte, die Hälfte seiner Sachen wegzuwerfen. Hochgerollte Ärmel und beigefarbene Jeans seien kein Ersatz für Sommerkleidung, hatte sie erklärt und gedroht, seine Socken wegzuwerfen, falls er es wagen sollte, vor September noch einmal welche zu tragen.
»Seien Sie vorsichtig mit Florin. Ich kenne solche wie ihn.«
Vilanovas Warnung überraschte Hadley.
»Ich … ich habe nicht die Absicht, mich mehr mit ihm einzulassen, Mr Vilanova.« Doch im gleichen Moment wurde ihm klar, dass das nicht stimmte. »Lediglich im Rahmen meiner Nachforschungen …«
»Sie sind ein erwachsener Mann, Jack. Aber seien Sie vorsichtig: Florin ist und war schon immer ein rücksichtsloser, fanatischer Marxist. Lassen Sie sich nicht von seinem Alter täuschen.«
Sie gingen zum Auto zurück, und zumindest für den Moment schien das Thema erledigt zu sein.
»Luis, übrigens«, sagte Vilanova plötzlich. »Mein Vorname ist Luis.«
Doch Hadley wurde nachdenklich. Wenn Luis Vilanova in den 70er-Jahren in der argentinischen Armee gewesen war, dann hatte er während der schlimmen Zeiten gedient. Wahrscheinlich wusste er eine Menge über Florin. Und während sie zum Haus zurückfuhren, fragte sich Hadley, woher Vilanovas Reichtum stammte, auf den sich Vilanova-Taronger gründete.
Am Samstagmorgen sattelte Mercedes zwei Pferde und nahm Jack auf einen Ausritt in die Sierra mit. Die Sonne strahlte im hellen Frühjahrsglanz, und vom Mittelmeer blies ein leichter Wind.
»Was passiert mit all dem?«, fragte er, als sie unter ein paar Kastanien anhielten und auf Sant Feliu hinabblickten. »Ich meine, wenn sich dein Vater aus dem Geschäft zurückzieht? Hast du je den Wunsch gehabt, hierherzukommen und das Geschäft weiterzuführen?«
»Nein. Ich habe darüber nachgedacht, aber ich glaube, das ist nichts für mich.«
»Für wen dann?«
»Oh, das Geschäft hat gute Manager, Jack. Es wird auch ohne meinen Dad weiterlaufen. Das Land«, sagte sie und nickte in Richtung Sant Feliu, »gehört der Gesellschaft. Das Haus wird eines Tages mir gehören. Aber das ist hoffentlich noch lange hin, und ich werde es nie verkaufen.«
»Haben sich deine Eltern je noch weitere Kinder gewünscht?«
»Meine Mutter konnte nach meiner Geburt keine Kinder mehr bekommen.« Mercedes klang ein wenig traurig. »Aber
ich glaube, Dad hätte gern ein oder zwei Söhne gehabt, die sein Geschäft weiterführen könnten.«
»Das glaube ich«, erwiderte Hadley und fügte aufmunternd hinzu: »Falls du es dir je anders überlegst: Ich komme gerne hierher und arbeite für dich. Es ist paradiesisch hier!«
Sie belohnte ihn mit einem langen Kuss.
Mittags kehrten sie rechtzeitig zu ihrem traditionellen Aperitivo vor dem leichten Mittagessen und der Siesta zurück, und am Nachmittag begleitete Hadley Mercedes und ihre Mutter nach Xátiva.
Während die Frauen einkaufen gingen, besuchte Jack das königliche Kloster Santa Clara und das städtische Almodi-Museum. In der Kunstabteilung des Museums blieb er lächelnd vor einem Porträt von Philipp V. stehen, des Königs, dessen Gesicht auf die Goldmünze geprägt war, die ihm Florin geschenkt hatte.
Im frühen siebzehnten Jahrhundert hatte es einen Erbfolgekrieg zwischen Habsburgern und Bourbonen gegeben. Xátiva hatte die Bourbonen unterstützt und war im Gegenzug dafür von den Siegern zum großen Teil niedergebrannt worden. Seit jenem Tag brachte das Stadtmuseum von Xátiva seine Haltung dem Habsburger König gegenüber dadurch zum Ausdruck, dass es sein Porträt verkehrt herum aufhängte.
Das Abendessen auf Sant Feliu wurde eine große Angelegenheit, bei der eine Menge illustrer Gäste aus der Gegend anwesend waren. Die Frauen tuschelten eifrig über Mercedes’ neuesten Freund aus dem Ausland, während die Männer mit ihr flirteten, sich insgeheim fragten, warum sie ihren vielversprechenden Job bei Santander aufgegeben hatte, und sie offen zu ihren akademischen Leistungen beglückwünschten.
Am Ostersonntag nahm Luis Vilanova seine Familie – zu der jetzt auch Hadley zählte – zur La Seu mit, Xátivas Basilika. Nach der Messe standen sie mit anderen Gemeindemitgliedern vor der Kirche, während
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