Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Codename Hélène

Codename Hélène

Titel: Codename Hélène Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
Vom Netzwerk:
Folter gab er zu, Pat O’Leary in die Falle gelockt zu haben. Danach wurde er erschossen, seine Leiche im Wald verscharrt.
    Eine britische Agentin, Deckname Hélène, war dabei. Sie machte kein Hehl daraus, wie sehr es sie freute, dass ausgerechnet sie das Ende von Roger le Neveu erleben durfte, des Mannes, der Pat O’Leary verraten hatte. Die vielfältigen Methoden der Folter waren Hélène alias Lucienne Suzanne Carlier alias Nancy Fiocca alias Nancy Grace Augusta Wake grundsätzlich zuwider, selbst bei solchen Verrätern wie Roger. Sie habe immer, wie sie berichtet, eine schnelle Kugel zwischen die Augen bevorzugt.
    Mit dem Bluff, seinen angeblichen Freund Pierre Laval einzuschalten, sich mit gefälschtem Ausweis als Mitglied der Milice Française auszugeben, hatte sich Pat O’Leary bei der Befreiung von Nancy Fiocca bewusst die Furcht selbst der französischen Polizei vor dieser Organisation zunutze gemacht. Er wusste, dass die Miliz so gefürchtet war wie die SS und bei der Résistance so verhasst wie die. Aimé-Joseph Darnand, einer der mächtigen Reaktionäre in Pétains Mannschaft, hatte aus einem ihm fanatisch ergebenen und der nationalen Revolution verpflichteten Haufen antisemitischer Schläger den Service d’Ordre Légionnaire ( SOL ) geformt, der sich bevorzugt auf Kommunistenjagd begab. Bewaffnet wurden sie erst im Januar 1943 , dann hieß die Truppe Milice Française .
    Zunächst suchten sie nur nach Männern, die sich dem Befehl zur Zwangsarbeit entzogen und in den Wäldern versteckt hatten. Die denunzierten sie, wohl wissend, dass die Deutschen sie deportieren würden ins Reich. Jetzt machten die Milizionäre von ihren Waffen Gebrauch und erschossen sie gleich selbst, statt sie erst gefangen zu nehmen. Zu ihren besten Zeiten, die für anständige Franzosen die schlimmsten waren, zählte die Milice 30 0 00 Mitglieder, mehr junge als alte Männer, aber alle überzeugte Faschisten. In ihren programmatischen » 21 Punkten«, auf die sie eingeschworen wurden, standen Formulierungen wie »Gegen den jüdischen Aussatz – für die französische Reinheit« oder »Gegen das heidnische Freimaurertum – für die christliche Zivilisation« und »Gegen die Demokratie – für die Autorität«.
    Weil sie in schwarz-blauer Uniform auftraten, nannte man sie die »Blauen Teufel«, im Unterschied zu den »Schwarzen Teufeln« der SS , die schwarze Uniformen trugen. Gemeinsam verbreiteten sie durch ihren Terror und ihre Grausamkeit Angst und Schrecken in der Bevölkerung. Dass Franzosen gegen Franzosen so vorgingen wie Deutsche gegen Franzosen, dass die töteten, ihre Bauernhöfe anzündeten, wie es auch die Feinde taten, ist bis heute ein Trauma der Grande Nation. Gepflegt wird dagegen der Mythos, dass bis auf wenige Ausnahmen eigentlich alle Franzosen in der Résistance waren.
    Man darf, selbst als Deutscher, die Brutalität der Milice vergleichen mit jener der SS . Sie jagten, ohne auf Gesetze zu achten, die auch im total besetzten Frankreich auf dem Papier noch galten, obwohl sie täglich gebrochen wurden, Kommunisten, Juden, Widerstandskämpfer, Linke. Bei denen, die sie erwischten oder auch nur verdächtigten, machten sie kurzen Prozess, stellten sie an die Wand und legten sie um. Sorgten dafür, dass Fotografen ihre Heldentaten festhielten. Was immerhin manchen von ihnen zum Verhängnis wurde, weil sie als Henker auf den Fotos erkennbar waren und dann, als die Zeit reif und die ihre abgelaufen war, selbst da standen, wo sie ihre unschuldigen Opfer hingestellt hatten – an der Wand. Die Maquisards gaben kein Pardon, denn zu viele der Ihren waren von den Blauen Teufeln verraten oder ermordet worden. Und nach der Denunziation durch die Milice Française starben Tausende von Juden in den deutschen Vernichtungslagern.
    Diese Teufel, schrieb Nancy Fiocca, hätten sich benommen wie bissige wilde Hunde. Was sie in Menschengestalt tatsächlich auch waren. »Sie waren so brutal wie die Nazis.« Behielt in Erinnerung die Szenen mit lachenden, singenden Mördern auf offenen Lastwagen in irgendeinem Dorf, kurz nach einer blutigen Schandtat. Damals erstarrte sie in ohnmächtiger Wut darüber, nicht eingreifen zu können, um ihre eigentliche Aufgabe nicht zu gefährden. Doch Jahre danach war sie noch immer voller Zorn und ungebrochener Lust auf Vergeltung. Sie benutzt zur Charakterisierung der uniformierten Gangster die Wörter »bösartig«, »grausam«, »heimtückisch«, »sadistisch«. Eine andere Geheimagentin aus

Weitere Kostenlose Bücher