Codename Hélène
life that I have / Is yours and yours and yours. / A sleep I shall have /A rest I shall have / Yet death will be but a pause. / For the peace of my years / In the long green grass / Will be yours and yours and yours.« Was es natürlich offiziell nicht sein durfte. Als sie ihn ahnungsvoll fragte, von wem es denn stamme, dieses Gedicht über eine Liebe, die der Tod nicht beenden kann, lenkte er deshalb schnell ab. Alle Agenten und Agentinnen durften ihnen wichtige Gedanken oder Begriffe als Stichworte an Marks liefern, mit denen ausgestattet er sich an die verdichtende Arbeit machte.
Keines seiner Werke allerdings ist so voller wehmütiger Poesie, so voller nachgetragener hoffnungsloser, unsterblicher Liebe – »Das Leben, das ich habe, ist alles, was ich habe / und das Leben das ich habe, gehört dir« – wie jenes Poem für Violette Szabo. Die Agentin, deren Lebenszeichen aus Frankreich anhand dieser Zeilen entschlüsselt wurden, ist eine der Frauen der Special Operations Executive , deren Leben in einem deutschen Konzentrationslager beendet wurde.
Nancy Wake zum Beispiel widmete Marks ganz andere Zeilen. Die schienen ihm passender für diese Art von Australian boomerang . »Nachthemd« war neben »Mondschein« eines der persönlichen Codewörter, das sie Leo Marks für seine auf sie zu dichtende Verschlüsselung nannte. Ihr Nightie hatte sie auch während der Ausbildung getragen. Was er daraus machte, empfand sie allerdings, als sie die Zeilen nachlas, die er um »Mond« und »Nachthemd« herum gedichtet hatte, als geschmacklos: »She stood right there / in the moonlight fair / And the moon shone on her nightie. / It lit right on the nipple of her tit /oh, Jesus Christ Almighty.«Das betrachtete sie als ihrer Rolle unangemessen, weil sie reduziert worden war, und mag dies noch so ironisch gemeint gewesen, auf Nippel und Busen und Mondschein, auf ein Lustobjekt in nicht gar so lustigen Zeiten. Doch vielleicht hatte Marks im Gegenteil nur imponiert, wie beeindruckend unverschämt sie mit dem Geschenk vom Frühstückstisch umgegangen war, statt verschämt zu erröten.
Wie sich Kondome nicht zur Verhütung, sondern als Waffen einsetzen ließen im Schattenkrieg, hatte die Kreativabteilung der Special Operations Executive herausgefunden. Mit einem bestimmten unsichtbaren Pulver einer bestimmten Pflanze, das seine Wirkung erst bei einem bestimmten Wärmegrad entfaltete, kontaminierten zum Beispiel in Norwegen hilfreiche Subagenten der SOE Kondome, die dann, sorgsam anschließend so verpackt, dass sie aussahen wie frisch vom Fließband, an die örtlichen Bordelle ausgeliefert wurden, in denen die Besatzer regelmäßig verkehrten. Juckreiz am Morgen danach, nässende Bläschen an empfindlichen Stellen dämpften eine Zeit lang ihre Lust. Nicht nur die bestimmte, sondern auch die auf Kampf.
Für Einsätze in anderen Ländern wurden imprägnierte Kondome wie original verpackt in einigen der abgeworfenen Container neben den üblichen Inhalten wie Maschinenpistolen, Handgranaten oder Zündkapseln verstaut. Die sollten beileibe nicht etwa in regionalen Widerstandsgruppen verteilt werden, sondern von unverdächtigen Helfern an jene Bordelle, die den deutschen Soldaten die liebsten waren. Für militärische Einsätze nach einem Einsatz unter ahnungsloser Benutzung eines French Letter fielen auch die dann tagelang bei der Feindbekämpfung aus, weil sie unter schmerzhaftem Ausschlag an sensibler Stelle litten.
Kondome dieser erregenden Art sind ein Abfallprodukt aus den Werkstätten der SOE -Tüftler in Welwyn, rund vierzig Kilometer entfernt von London gelegen. Sie residierten in einem ehemaligen Hotel, das unverdächtig nach einer Herberge aussah. Manche Erfindungen lassen sich namentlich auf diesen Ort zurückführen, nämlich all die, deren Bezeichnung mit »Wel« beginnt. Der Fantasie, siehe Kondome, werden von ihren Vorgesetzten keine Grenzen gesetzt. Alles darf ausprobiert werden, solange es eventuell dem Feind schaden könnte. Eine Reinigungsfirma in Troyes, die von der Standortkommandantur verpflichtet worden war, die Hemden der U-Boot-Besatzungen zu waschen, stäubte die vor dem Bügeln mit einem Pulver ein. Getragen dann auf hoher See, entfaltete sich nach Tagen die erwünschte Wirkung: Juckreiz, Pickel, Allergien. Dass es in einigen Booten zuweilen so stank wie in einer Kläranlage, lag daran, dass die Besatzung von plötzlichem Durchfall befallen worden war. Die auslösenden Keime schlummerten gut verborgen im
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