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Codename Hélène

Codename Hélène

Titel: Codename Hélène Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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into the ditch as quickly as possible«, berichtete Major John Farmer in seinem Report vom 26 . Oktober 1944 . Sie springen angesichts der deutschen Junkers-Flugzeuge in den Chausseegraben, geben ihren Citroën zum Abschuss frei und robben, als die Luft wieder rein ist, in den Wald. Der Fußmarsch zurück dauert drei Stunden. Als sie ankommen, ist das Dorf menschenleer. Granaten schlagen in die verlassenen Häuser ein. Deutsche Artillerie. Die französischen Verteidiger haben sich abgesetzt, aber ein paar Mann zurückgelassen, um die drei für den Rest des Tages und die Nacht in einer Felsenschlucht zu verstecken. Nancy Wake hofft, dass Denden noch lebt und sich irgendwo draußen verborgen hält.
    So ganz falsch lag sie damit nicht, wie sich herausstellte. Am anderen Morgen bringen einige Männer den total erschöpften Funker in ihr Feldlager. Er hatte die Nacht nämlich auf einem Baum verbracht, auf den er sich retten konnte. Zuvor allerdings überlegt gehandelt, sein Funkgerät zerstört, damit es nicht dem Feind in die Hände fiel, Batterie und Antenne gleichfalls unbrauchbar gemacht und versteckt. Das alles entsprach zwar den geltenden SOE -Anweisungen für Notfälle, aber ein Funker ohne Ausrüstung und ohne die geltenden Codes ist jetzt in der Not nicht besonders hilfreich.
    Wieder mal meldet sich Nancy Wake für ein gefährliches Unternehmen. In Laroquebrou soll es einen Funker des Maquis geben. Sein Codename lautet Desiré. Agentin Hélène macht sich auf den Weg, und zwar zu Fuß, natürlich in Begleitung, weil sie sich sonst verlaufen würde. Das 1000 -Seelen-Dorf liegt in den Bergen, also wird es mühsam. Zwar finden sie den Gewährsmann, zwar gibt der ihren Funkspruch nach London durch, aber weil sie die Codes nicht kennen, die an diesem Tag gelten, erhalten sie keine Antwort. Wissen also nicht, ob die Nachricht angekommen ist. Farmer: »The distance covered by Hélène on foot was approximately 200 km«,und allein das, 200 Kilometer in Tages- und Nachtmärschen zurückgelegt zu haben, immer in Gefahr, entdeckt zu werden, sei eine großartige Leistung von Nancy Wake. Farmers Lob klingt ein wenig übertrieben, denn einen Fußmarsch über 200 Kilometer durch unbekanntes bergiges Gelände hätte trotz aller Ausdauer wohl selbst sie nicht geschafft. Dass SOE nicht antwortet auf Funksprüche aus ihnen unbekannter Quelle, gehört zu den unabdingbaren Vorsichtsmaßnahmen.
    Denn die Deutschen auf der anderen Seite sind Profis und kennen alle in dem schmutzigen Geschäft üblichen üblen Tricks. Sie haben inzwischen ihre Suche nach Geheimsendern professionell koordiniert und organisiert. Im zweiten Stock des Hauptquartiers der Gestapo in Paris lauschen rund um die Uhr, in stetiger Wachsamkeit durchaus vergleichbar mit ihren britischen Gegenspielern in der Abhörzentrale Bletchley Park, die deutschen Experten auf alle Funksprüche, die irgendwo in Frankreich abgesetzt werden. Die Frequenzen, auf denen gesendet wird, erscheinen mit einem Piepton auf sogenannten Signal-Bild-Wandlerröhren. Das geben sie durch an eine Station in Brest. Von dort wird im Äther die Region eingekreist, aus der die Signale kamen. Spezialfahrzeuge, hochgerüstet mit modernsten Geräten, starten dann die Jagd in der Realität.
    Sie ziehen den Kreis um die mögliche Quelle immer enger, bis sie schließlich das Gebiet auf einen Quadratkilometer eingegrenzt haben. Ihre schwarzen Funkpeilwagen, die langsam durch eine Stadt oder mit abgedunkelten Scheinwerfern auf Landstraßen fahren, fallen nicht weiter auf. Deutsche halt. Boches. Irgendwann halten die. Es steigen ein paar Männer aus, Ledermäntel bis zum Knöchel, Kragen hochgeschlagen, der ihre Kopfhörer verbirgt, immer wieder auf die Armbanduhr schauend, die aber keine ist, sondern eine Vorrichtung, die die Signale empfängt, bis sie Meter um Meter denen, die sie senden, so nahe sind, dass sie vor dem Haus stehen, aus dem sie kommen. Dann greifen sie zu. In den Städten dauert eine solche Jagd vom ersten aufgefangenen Signal bis zum Aufspüren der Quelle etwa dreißig Minuten. Also waren alle 150 Funker, die von der Special Operations Executive während der Besatzungszeit eingesetzt wurden, dringend ermahnt worden, nur so lange wie unbedingt nötig auf Sendung zu bleiben.
    Falls es dem Funker gelang, ein letztes Warnsignal abzusetzen, bevor die Tür eingetreten wurde und seine Verfolger vor ihm standen, wussten die von der SOE in London wenigstens, dass er aufgeflogen war. Aber oft

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