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Codename Hélène

Codename Hélène

Titel: Codename Hélène Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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zur psychologischen Kriegführung eingesetzt. Das Gerücht, in deutschen Militärlazaretten würde bei Transfusionen auch tierisches Blut verwendet, weil die Vorräte an menschlichen Blutkonserven aufgebraucht seien, beispielsweise gehörte zu solchen Psychotricks. Geboren worden war die Idee, deutschen Soldaten Angst vor den eigenen Lazaretten zu machen, bei SOE in London.
    In den Funksprüchen des Jesser-Verbands an die einzelnen Kampfgruppen auf den Schlachtfeldern der Auvergne ist nicht mehr von erobertem Gelände die Rede oder vernichteten Feinden. Die hatten sich über Nacht in einem Schweigemarsch Richtung Westen und Nordwesten vom Plateau herunter davongemacht. Der Befehl »Abfangen und vernichten« erreichte zwar »fernmündlich voraus 11 . 00 Uhr« die Kampfgruppe Abel, aber die fand schon keinen Gegner mehr vor. Angefragt wird per Funk frustriert stattdessen, ob die »Beute Raum Mont Mouchet (Waffen, Geräte, Munition, Bekleidung, Zelte usw.)« geborgen worden sei und wo die gelagert werden sollte und dass wenigstens das aus den Händen des Feindes befreite Vieh nach Le Puy abgetrieben werden müsse. Das Forsthaus, von dem aus Gaspard die Verteidigung des Mont Mouchet organisiert und Denis Rake nach London gefunkt hatte, ist zu einer Ruine zerschossen.
    Colonel Gaspard hat seine Armee durch den taktischen Rückzug geschont. Danach teilt er sie auf, macht sie mobiler, schlagkräftiger, unberechenbarer. Denn auch er weiß, dass die Deutschen keine Gefangenen mehr machen. Falls seine Männer der SS in die Hände fallen, werden sie auf der Stelle erschossen. Deutschen Soldaten dagegen wird auf Flugblättern der Alliierten versichert, dass sie im Geiste der Genfer Konvention behandelt würden, falls sie sich ergäben oder falls sie desertierten. Die Widerstandskämpfer gelten als Partisanen und können sich nicht auf den Vertrag von Genf berufen. Auch nach Überzeugung solcher Wehrmachtsoffiziere, die mit Gestapo und SS nichts gemein haben wollen, sich im Rahmen der nun mal geltenden Bedingungen einer Besatzerarmee für anständig halten, dürfen die ohne Prozess exekutiert werden Ganz egal, ob es sich um Frauen oder Männer handelt. Agentin Hélène, gekleidet zwar wie ein Mann in Hosen, Stiefel, Blouson, Barett auf dem Kopf, aber augenscheinlich eine Frau, dürfte deshalb nicht mit Gnade rechnen, falls man sie erwischte. Dass ein schneller Tod der Gefangenschaft vorzuziehen, es ein Gnadenakt sein konnte, in der Auvergne erschossen zu werden statt in einem deutschen Konzentrationslager, wusste Nancy Wake noch nicht.
    Dass Special Operations Executive in London seit dem D-Day formell unter dem Kommando von General Pierre König, Chef der Forces Françaises Libres , agieren soll, haben die Kämpfer in den Wäldern nicht erfahren. Die Funksprüche mit Nachrichten, wann welche Waffenlieferungen wo abgeworfen würden, kamen wie bisher aus der Baker Street oder dem Orchard Court. Auch dort war alles so geblieben wie bisher. Maurice Buckmaster und Vera Atkins nahmen die neuen Befehlsstrukturen pflichtgemäß zur Kenntnis, doch taten sie danach einfach weiterhin ihre Pflicht und gaben bei Nachfragen der Franzosen an, in diesen Zeiten hätten sie keine Zeit, sich um irgendwelche geänderten Zuständigkeiten zu kümmern. Sie fühlten sich ausschließlich zuständig für die ihnen anvertrauten Agenten. Schließlich waren sie es gewesen, die sie zum Einsatz nach Frankreich geschickt hatten, und von ihnen hing es ab, ob die überlebten oder nicht. Dieser Verantwortung gerecht zu werden war ihre einzige patriotische Pflicht. Winston Churchill stärkte der von ihm gegründeten Organisation den Rücken und legte sich dafür auch liebend gern mit dem verbündeten stolzen Charles de Gaulle an.
    Wie bisher agierte SOE auch selbst im Schatten. Nicht nur getarnt hinter verschiedenen, unverdächtig klingenden Firmen an verschiedenen Adressen in London. Sondern auch intern. Nie hätten sie einen besonderen Sieg ihrer Männer und Frauen in Frankreich gefeiert, sagte Commander Atkins nach dem Krieg, aber ebenso niemals sichtbar getrauert, sobald es Niederlagen wie die Festnahmen derer, die sie und Buckmaster mal zum Abflug ins Feindesland begleitet hatten, zu verkraften galt. Je länger deren Schweigen dauerte, je länger sie nichts von ihnen hörten, desto bedrückender die einzig mögliche Erklärung, dass ihre Agenten inhaftiert, deportiert oder gar schon getötet worden waren.
    Während Hélène die Inhalte abgeworfener Container

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