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Codename Hélène

Codename Hélène

Titel: Codename Hélène Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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Teufel der Milice Française oder der SS trafen, wurde kein Pardon gegeben. Weil auch die nie Pardon gegeben hatten. Anne-Marie Walters, Codename Colette, Mitglied im Netzwerk Wheelwright , mit 21 Jahren eine der jüngsten in Frankreich eingesetzten Agentinnen, berichtete nach ihrer Rückkehr Vera Atkins in London von »absolutely horrible tortures on captured miliciens«.
    Mit schrecklichen Folterungen an Milizionären oder Kollaborateuren habe man sich mitunter die unmenschlichen Torturen der verhassten Gestapo zum Vorbild genommen, sich deren brutale Praktiken zu eigen gemacht. Spezielle Foltermethoden wollte sie zwar nicht näher ausführen, zu furchtbar seien die gewesen. Doch so viel sagte sie auf Nachfragen von Buckmasters Stellvertreterin dann schon: Gefangene wurden gnadenlos blutig geprügelt oder ihre Füße so lange übers offene Feuer gehalten, bis sie die Namen und Verstecke ihrer Kumpane verrieten. Erst danach gab man ihnen den Gnadenschuss.
    Der so verhasste Chef der Milice , Aimé-Joseph Darnand, hatte zwar noch einmal versucht, seine Milizionäre zum letzten Gefecht zu befehlen. Nur dann, wenn sie kämpften, würde die bisherige Ordnung wiederherzustellen sein. Wehe dann den Verrätern und Feiglingen, die seinem Ruf nicht gefolgt wären. Viele folgten, aber längst nicht mehr so viele wie bisher. Zu Recht fürchteten sie die Rache derer, die sie gejagt hatten. Versuchten, sich ihrer Vergangenheit zu entledigen, und boten ihre Dienste dem Maquis an. Doch die Maquisards wollten Blut mit Blut vergelten. Als sie in einem eroberten Wald zum Beispiel die Leichen von 38 ihrer Kameraden fanden, zum Teil mit zugenähten Lippen, alle erschossen, alle gefoltert, rächten sie sich so fürchterlich, wie die Mörder furchtbar gehandelt hatten. Machten nicht nur gnädig kurzen Prozess, indem sie Blaue Teufel erschossen oder aufhängten. Sondern handelten auch wie die Sadisten der Gestapo. Einem Gefangenen gaben sie heißes Salzwasser zu trinken, schnitten ihm die Ohren ab. Hoben sein Grab aus. Legten ihn lebend hinein. Schlitzten ihm den Bauch auf und ließen ihn dann qualvoll sterben.
    Nach der allgemeinen Mobilmachung durch den Äther folgten von Radio Londres die konkreten Anweisungen an örtliche Widerstandszellen, ebenfalls verschlüsselt, für die Adressaten jedoch klar verständlich. »C’etait le sergeant qui fumait sa pipe en pleine campagne«, der Sergeant ist es gewesen, der auf offenem Feld seine Pfeife rauchte, oder »Il avait mal au cœur mais il continuait tout le même«, er hatte zwar Herzbeschwerden, machte aber dennoch weiter. Was bedeutete: Zerstört Lokomotiven, Weichen, Signale. Oder »Italie est une botte« und »La corse ressemble a une poire« – Italien ist ein Stiefel, was ebenso unbestreitbar richtig war wie die Mitteilung, dass Korsika einer Birne gleichen würde, aber hier ging es nicht um Geografie, sondern darum, einen bestimmten Abschnitt eines bestimmten Gleises in Richtung Küste unbefahrbar zu machen.
    Über die Invasion, die im Juni 1944 begann und am 25 . August mit der Befreiung von Paris endete, gibt es Hunderte von Büchern, Dutzende von Filmen. Die Verluste auf beiden Seiten waren gewaltig, doch die angegebenen Zahlen beruhen nur auf Schätzungen. Vermisste wurden logischerweise mitgerechnet. Zwar fanden sich von denen keine Spuren mehr, aber daran, dass sie tot waren, bestand kein Zweifel: im Meer ertrunken, als ihre Schiffe getroffen wurden von deutscher Artillerie, in Stücke zerfetzt durch Granaten und Mörser, durchsiebt von Kugeln aus MG s. Als der Wehrmacht-Verteidigungsring in der Normandie endgültig zerstört war und der Marsch Richtung Paris begann, dürften es aufseiten der Befreier etwa 120 0 00 Gefallene und Verwundete und Vermisste gewesen sein, bei den Besatzern rund 117 0 00 .
    Weil bei den Luftangriffen der Briten und Amerikaner aber zudem mindestens zehntausend von denen starben, die von ihnen befreit werden sollten, darunter auch die ehemalige Pariser Concierge von Nancy Wake, versuchte die deutsche Propaganda daraus noch einmal Kapital gegen die Befreier zu schlagen und den Hass weg von sich auf die alliierten »Kriegsverbrecher« zu lenken. Die Geigen des Herbstes jedoch übertönten die Gesänge der Boches. Verluste in der Zivilbevölkerung wie in Caen oder Cherbourg wurden beklagt, aber als unvermeidbarer Preis der Freiheit akzeptiert. Für die Angehörigen kein Trost, doch wichtiger war, dass der Feind bluten musste. Manchmal wurde sein Blut auch

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