Codename Merlin - 3
seiner Altardiener ihm diese Aufgabe abgenommen hatte − und trat hindurch, in den Altarraum selbst. Merlin blieb am Gitter stehen und wandte sich um, sodass er die Kathedrale wieder im Auge behalten konnte, doch zugleich betrachtete er das gesamte Gebäude auch mithilfe der SNARCs, die er im ganzen Gotteshaus verteilt hatte. Währenddessen kniete Staynair vor dem gewaltigen Mosaik nieder, das Langhorne und Bedard zeigte, erhob sich wieder und wandte sich schließlich der versammelten Gemeinde selbst zu.
Die Unruhe in der Kathedrale legte sich, langsam und fast widerwillig, als die Kirchgänger ihn dort stehen sahen. Dunkel zeichnete sich das Blut seiner Attentäter auf seinen Gewändern ab, und auch sein Gesicht war blutverschmiert, doch zugleich war auch offenkundig, dass nichts davon sein eigenes Blut war, und einige Anwesende stießen Rufe der Erleichterung aus, als ihnen das bewusst wurde.
Doch auch diese Erleichterung reichte nicht aus, um den Zorn zu besänftigen, und Merlin spürte die Wut in den Herzen und auch in den Köpfen der ganzen Gemeinde, Hunderte und Aberhunderte, denen nun bewusst wurde, wie nah die Attentäter ihrem Erzbischof wirklich gekommen waren. Nun waren wieder mehr Rufe zu hören − Rufe deutlich kundgetaner Wut.
»Meine Kinder!«, sagte Staynair und erhob die Stimme, um das Tosen des aufziehenden Sturms rachgierigen Zorns zu übertönen. »Meine Kinder!«
Klar und deutlich waren seine Worte zu vernehmen, sie übertönten den Tumult, und langsam legte sich wieder Stille über die Kathedrale. Es war nicht völlig still − dafür gab es einfach noch zu viel Zorn, und auch zu viel Entsetzen −, doch wenigstens wurde es deutlich leiser, und Staynair hob die Hände.
»Meine Kinder«, sagte er mit geringfügig leiserer Stimme, »dies ist ein Haus Gottes. An diesem Ort, zu dieser Zeit, muss die Rache Sein Werk sein, nicht das unsere.«
Wieder brandete Stimmengewirr durch die Kathedrale, als könne die Gemeinde nicht glauben, was ihr Erzbischof gerade gesagt hatte, und Maikel Staynair schüttelte traurig den Kopf.
»Was auch immer andere glauben mögen, meine Kinder, Gott ist ein Gott der Liebe«, erklärte er ihnen. »Wenn es heißt, Gerechtigkeit walten zu lassen, so soll es wohl geschehen, aber vergiftet euch nicht mit Rachegefühlen. Gewiss ist es schon tragisch genug, dass drei Kinder Gottes hier in Seinem Haus den Tod gefunden haben, ohne dass der Rest Seiner Kinder sich noch mit Hass befleckt!«
»Aber die haben versucht, Euch zu töten!«, rief jemand irgendwo aus der Tiefe der Kathedrale, und Staynair nickte langsam.
»Das haben sie«, gab er zu, »und sie haben auch bereits den Preis dafür gezahlt.« Das Bedauern, diese Trauer in seiner Summe, war völlig aufrichtig, bemerkte Merlin. »Jene Männer, die das versucht haben, sind bereits tot, mein Sohn. An wem also sollen wir für ihre Vergehen Rache nehmen?«
»An den Tempelgetreuen!«, rief jemand anderes aufgebracht, doch wieder schüttelte Staynair entschlossen den Kopf.
»Nein«, sagte er mit fester Stimme. »Wir wissen nur, dass drei Männer diesen Versuch unternommen haben. Wir wissen noch nichts darüber, wer sie waren, warum sie diesen Versuch unternommen haben oder ob sie nun alleine gehandelt haben oder nicht. Wir wissen nichts über sie, meine Kinder, nicht einmal − was auch immer ihr denken mögt −, ob sie wirklich in irgendeiner Verbindung zu den Tempelgetreuen hier in Tellesberg stehen. Ohne dieses Wissen kann Gerechtigkeit nicht darin bestehen, gegen irgendjemanden vorzugehen, und selbst wenn es anders wäre, obliegt doch Rache niemals einem Kind Gottes, unter welchen Umständen auch immer. Für die Gerechtigkeit mag es anders sein, aber die Gerechtigkeit obliegt dem König. Wir werden die Gerechtigkeit unserem König überlassen, wir werden darauf vertrauen, dass es in seiner Macht steht zu wissen und zu tun, was erforderlich und richtig ist. Wir werden keine Rache nehmen. Wir werden uns nicht in etwas verwandeln, was wir niemals zu sein wünschen würden.«
Wieder waren einige Stimmen zu hören, manche davon wirkten regelrecht aufsässig, und doch wagte es niemand, seinem Erzbischof zu widersprechen.
»Meine Kinder«, fuhr Staynair nun mit noch sanfterer Stimme fort, »ich weiß, dass ihr erbost seid. Ich verstehe auch, warum dem so ist. Aber dies ist eine Zeit der Trauer, nicht des Zorns. Was auch immer ihr über die Männer denken mögt, die heute diesen Versuch unternommen haben, sie waren immer
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