Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth
enthielt ein Geflecht von sphärischen Koordinaten. Winzige Kratzer und Unregelmäßigkeiten deuteten darauf hin, daß das Gerät in Handarbeit entstanden war.
Sie betrachtete es interessiert und genauer, als es mit menschlichem Auge möglich gewesen wäre, dennoch hätte nie jemand vermutet, ihr Blick wäre nicht vollkommen beiläufig gewesen.
Aber das Gehirn ist ein flexibles Organ: Man kann es so trainieren, daß es den sogenannten ›Doppelblick‹ ausschaltet, wie die Benutzer altmodischer, einäugiger Mikroskope wissen. Genau wie diese Alten konnte Sparta ihren Makrozoom im rechten Auge genauestens auf jeden winzigen oder weit entfernten Gegenstand einstellen, ohne das andere Auge zu schließen oder sich durch Blinzeln zu verraten.
»Eine wertvolle Kopie.«
»Sie funktioniert«, sagte Khalid. »Normalerweise kann man das Gerät in den nördlichen Breitengraden auf der Erde als Sternhöhenmesser benutzen – mit entsprechenden Veränderungen vermutlich auch auf dem Mars –, aber seine Hauptfunktionen werden von einer miniaturisierten Trägheitssteuerung durchgeführt.« Er drehte das winzige Meßgerät mit den Fingern, bis ein Bronzepfeil über dem gebogenen Äquator der obersten Scheibe stand. »Mein geistiger Kompaß. Egal, wo ich bin, wohin die Erde sich auch dreht, das Diopterlineal zeigt immer in Richtung Mekka.«
»Ein wunderbares Gerät«, sagte sie ausdruckslos. »Und was hat es mit Ihrer Wahl des Appartements in der Nähe des Shuttleports zu tun?«
»Ganz einfach. Von meinem Fenster aus kann ich den Himmel 200 Grad weit überblicken. Die Quibla zeigt also nur sehr selten auf eine kahle Wand.« Er sah auf. »Ah, da kommt er …«
Der Kellner erschien auf die Sekunde genau, als hätte er es vorher einstudiert. Khalid mußte lächeln, sein unaufdringlicher Charme war so durchsichtig wie der Tisch zwischen ihnen. Die Vorführung des Astrolabiums, das er jetzt wieder in die Tasche steckte, war für Sparta eine faszinierende Ablenkung gewesen – nur über ihren Fall hatte sie nichts Neues erfahren.
Khalid ließ sich vom Kellner die Spezialitäten aufzählen – Ziegenbraten gefüllt mit Knoblauch und Pflaumen, alles auf der Marsstation gezogen, gedünsteter Lachs, frisch per Frachtshuttle aus dem Lagerraum der Doradus – sowie Einzelheiten über verschiedene, noch aufwendigere Gerichte auf der Speisekarte.
Als Sparta grünen Salat bestellte, tat Khalid nicht nur so, als sei dies ein völlig normaler, sondern sogar ein überaus weiser Entschluß; für ihn selbst jedoch war der Lachs zu verlockend.
Der Kellner ging. Sparta sagte: »Erzählen Sie mir über Ihren Streit mit Morland, Dr. Sayeed.«
Sein Lächeln wurde dünner. »Ich werde es Ihnen in groben Zügen erzählen. Ich bin sicher, Sie können es aus Ihren eigenen Quellen ergänzen.«
»Ich habe Zeit genug.«
»Zuerst also etwas über die Vorgeschichte.« Er nippte an seinem Tee und tat, als müsse er seine Worte genau abwägen. »Xenoarchäologen und Xenopaläontologen haben unterschiedliche Aufgabenbereiche«, begann er. »Die Marsatmosphäre war früher reich an Wasserdampf, in der Marswüste floß einmal reichlich Wasser … Selbst heute gibt es noch gelegentlich freies Wasser auf dem Mars, wenn die Bedingungen günstig sind. Aber das sind vereinzelte, unbedeutende Ereignisse. Vor einer Milliarde Jahren oder mehr war das noch anders. Die Atmosphäre war dichter und das Klima milder, die Bedingungen waren gerade lange genug stabil, um Leben und eine rasche Evolution zu ermöglichen. Daher finden wir heute Fossilien von Lebewesen. Daher stammen auch die viel selteneren Beweise, daß der Mars, vielleicht nur kurz, von einer uralten, intelligenten Rasse besucht wurde. Von diesen unglaublich wertvollen Schätzen darf auch nicht das geringste unserer Aufmerksamkeit entgehen.«
Er machte eine Pause, um nachdenken zu können. »Die Aufgabe der Xenologen ist nicht nur schwierig, sondern auch ehrenhaft«, nahm er den Faden wieder auf, »es geht darum, die Vergangenheit zu erhalten. Andererseits« – die Finger seiner rechten Hand öffneten sich wie eine Blume – »wird der Mars in Zukunft wieder ein blühendes Paradies werden. Auch ohne menschliches Eingreifen – vorausgesetzt, wir warten noch eine Milliarde Jahre.«
Als sie auf diese dramatische Äußerung nicht reagierte, fuhr er fort. »Aus der Neigung der Umlaufbahn des Mars um die Sonne und seiner Pole können wir schließen, daß der Planet sich ungefähr alle zwei Milliarden Jahre
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