Codename Sparta 04 - Das Medusa-Abenteuer
Sie nicht.«
»Ich bin sicher, Sie haben schon viele Geschichten über Indien gehört, Inspektor. Vielleicht auch von den Jains, die den Boden vor sich fegen, damit sie nicht auf einen Floh treten? Nun, ich habe sogar schon Moskitos zerquetscht – und mit Absicht.« Singhs rote Lippen weiteten sich zu einem Lächeln, und ihre weißen Zähne blitzten auf.
Sparta erinnerte das mehr an die hinduistische Kali als an die friedlichen Götter der Jains.
»Trotzdem besitze ich einen gesunden Respekt vor dem Leben, und ganz besonders in seiner höchsten Form«, fuhr Singh fort. »Zuerst schöpften wir die Möglichkeiten, mit Computern zu arbeiten, aus. Auf diesen Forschungen basieren übrigens die modernen organischen Mikrosupercomputer. In der Zwischenzeit gingen wir unserer neurologischen Arbeit an Nicht-Primaten nach – Ratten, Katzen, Hunden und so weiter. Als es dann zu den feineren Problemen der Sprache und der Fähigkeit des Lesens und des Schreibens kam, ließ sich der Mensch durch keine andere Spezies mehr ersetzen.«
Singh nahm ein kleineres Holo in einem Silberrahmen und reichte es Sparta. »Unser erster Patient war ein junger Chimps namens Molly mit einer motorischen Störung. Das arme Ding konnte sich nicht einmal an seine Mutter klammern. In der freien Wildbahn wäre sie wenige Stunden nach der Geburt gestorben, und in Gefangenschaft hätte sie ernsthafte emotionale Probleme entwickelt und vermutlich nicht das Erwachsenenalter erreicht. Ich hatte keine Bedenken, ihr eine Mischung aus organischen Nanochips zu injizieren, die ihre primäre Störung beheben sollten und gleichzeitig auch ein paar andere Parameter zu testen.«
»Sprachparameter?« Sparta gab Singh das Holo zurück, und sie stellte es wieder auf den Schreibtisch. »Es ging eher um Sprachentwicklung. Das Gehirn eines Chimps ist halb so groß wie das eines Menschen, gleicht ihm aber in der wesentlichen anatomischen Struktur. Fossile Schädelreste der ersten Hominiden, die längst ausgestorben sind, aber enger mit den Chimps verwandt waren als wir, weisen bereits eine Entwicklung des Sprachzentrums auf. Im Gehirn eines Chimps gibt es keine angeborenen neurophysiologischen Barrieren zur Sprachentwicklung, wie eng Sie diesen Begriff auch fassen wollen.«
»Die anatomischen Sprachhindernisse wurden dann operativ entfernt, richtig?«
»Wir haben Molly nicht operiert. Das kam erst später, bei den anderen. Es gab durchaus anatomische Schwierigkeiten, aber die Korrekturen waren minimal und schmerzlos, darauf haben wir großen Wert gelegt.« Singh hatte sich fast unmerklich angespannt, beruhigte sich aber, als sie weiter von ihren Erfolgen berichten konnte. »Dieses erste, inoffizielle Nanochip-Experiment mit Molly zeigte erstaunliche Ergebnisse. Ihre motorische Kontrolle verbesserte sich zunehmend, bis sie nicht mehr von durchschnittlichen jungen Chimps zu unterscheiden war. Sie wissen sicher selbst, daß ein junger Durchschnittschimp ein Olympiaathlet im Vergleich zu einem Menschenkind ist. Molly begann außerdem, trotz ihrer primitiven Sprechwerkzeuge interessante Laute von sich zu geben. ›Mama‹ und so weiter.«
Sparta mußte lächeln. »Ein gutes Sanskritwort.«
»Es ist in den meisten Sprachen ein gutes Wort.« Singh lächelte wieder mit blitzenden Zähnen. »Wir wußten, daß wir etwas Außergewöhnliches getan hatten. Wir hatten die Kluft zwischen Mensch und Chimp überbrückt. Ich werde diesen Morgen nie vergessen, als ich zu Mollys Käfig ging, um mit ihr zu ›interagieren‹. Ich hielt ihr einfach meine Hand hin und reichte ihr den Futternapf. Und sie sagte ›Mama‹ zu mir.«
Singhs Augen leuchteten im gedämpften Licht. Sparta wagte es nicht, die Stille zu unterbrechen. »Ich glaube, das war wohl der Augenblick, in dem ich PAKS entwickelte, das Programm zur Ausweitung der Kommunikation zwischen den Spezies.« Singh schwieg einen Moment lang andächtig, bis sie fortfuhr. »Unsere ersten erweiterten Objekte, diese acht, waren ein Jahr später soweit, daß sie mit dem Training beginnen konnten. Die Einzelheiten des Programms und die Auswertung der Ergebnisse sind natürlich in den Aufzeichnungen festgehalten worden.«
»Dort steht aber nichts über Ihren Entschluß, das Programm abzusetzen«, sagte Sparta, »ebensowenig, wie über eine mögliche Weiterarbeit.«
»Ich fürchte, das ging auf die Medienleute zurück, beziehungsweise auf den Willen des Volkes, das leicht hysterisch reagiert, wenn man es geschickt manipuliert. Nachdem
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