Codename: Sparta - 5 - Der Jupiter-Diamant
beiden war der flinke Groves eher geneigt, den Psychologen zu spielen. Er hatte den Eindruck, Randolph Mays hätte sich verändert. Sein Widerstand schien gebrochen, denn er wirkte teilnahmslos, als er sich von ihnen aus dem bronzefarbenen, vom Jupiter beherrschten Himmel wieder nach unten bringen ließ.
Der Navigator wollte Professor Forster, dem berühmten Rationalisten, vorschlagen, daß jetzt vermutlich der günstigste Augenblick sei, Mays weiter zu verhören. Vielleicht war der Historiker und Journalist jetzt bereit, sich geschlagen oder die ungeschminkte Wahrheit über sich zuzugeben.
Zuerst mußten sie zur Michael Ventris zurück. Sie glich einem kaum erkennbaren Lichtpunkt neben dem glühenden Wattebausch Amalthea, der mittlerweile regelrecht durch die Nacht stürzte und sich deutlich erkennbar vor dem Hintergrund der Fixsterne bewegte.
Während sie mit der größten Geschwindigkeit auf den Satelliten zutauchten, die ihr Anzugsteuersystem erlaubte, konnte sie beobachten, wie Amalthea sein Aussehen veränderte. Der Rest der Eiskruste schmolz zu heißem Wasser, und das letzte heiße Wasser war im Nu verdampft. Ein sich schnell auflösender Dampfschleier, vergleichbar dem Seidentuch eines Zauberers, das unendlich zögernd und mit vollendeter Eleganz angehoben wird, glitt langsam zur Seite und enthüllte –
– was sie bislang nicht mit eigenen Augen hatten sehen können, auch wenn sie wußten, daß es existierte: das verspiegelte Raumschiff, diese Welt, die eigentlich ein Raumschiff war. Den Diamantenmond.
Im selben Augenblick krachte Jo Walshs Stimme in ihrem Anzugfunk. »Angus, Tony, kommt zurück so schnell ihr könnt. Wir haben hier einen Notfall.«
»Was ist passiert, Jo?«
»Gebt alles, was ihr habt, Jungs. Zapft Mays’ Steuerdüsentreibstoff an, wenn es nicht anders geht. Der Zustand der Umgebung wird zunehmend kritisch – wenn unsere Informanten wissen, wovon zum Teufel sie sprechen.«
Und auf dem Steuerdeck der Ventris:
»… bringen Sie die Ventris in die feste Position 1-80 über dem Äquator. Ich bin nicht ganz sicher, aber ich schätze, daß euch dafür etwa zwanzig Minuten bleiben«, sagte Sparta ruhig über Bordlautsprecher.
»Zwanzig Minuten«, entfuhr es Marianne leise. Sie sah sich um, als wollte sie sehen, ob jemand die Situation retten konnte. Aber Forster und der Captain starrten nur auf den leeren Videoschirm, als könnten sie alleine kraft ihrer Konzentration Sparta dort erscheinen lassen. Hawkins kaute an seiner Lippe, und sah Marianne hilflos an. Selbst Blake, der in Notfallsituationen eher dazu neigte, irgend etwas in die Luft zu sprengen, stand wie gelähmt und niedergeschlagen da.
Forster sagte: »Wir vermissen immer noch McNeil und Groves, Inspektor Troy.«
»Und Mays?« ertönte Spartas Stimme im Funk.
»Ebenfalls. Er ist bei ihnen.«
»Haben Sie Verbindung zu ihnen?«
»Captain Walsh hat sie gerade angewiesen, so schnell es irgend geht zu kommen. Aber wir schätzen, daß sie noch ungefähr fünfzehn Minuten von unserer gegenwärtigen Position entfernt sind.«
Auf der Brücke der Ventris war einen Augenblick lang alles still, bis Spartas Stimme wieder im Funk zu hören war. »Ihr müßt sofort in die feste Umlaufbahn einschwenken. Wenn sie da sind, müssen sie eben sehen, wie sie an Bord kommen.«
»Aber der Treibstoff in ihrem Steuersystem …« setzte Marianne an.
Sparta sprach weiter.
»Offenbar gibt es hier keinerlei Abtrift – so wie ich die Situation einschätze, ist das … Weltschiff auf einer Art automatischem Countdown. Und wir haben den kritischen Umkehrpunkt bereits überschritten.«
»Aber Inspektor Troy …«
»Tut mir leid, Sir, einen Augenblick bitte.« Walsh unterbrach Forsters Antwort mit der diplomatischen Sicherheit eines angestellten Captains, der bei aller Höflichkeit keinerlei Widerspruch duldete. »Ich werde das Schiff auf Kurs bringen und alle in Alarmbereitschaft versetzen. Sie können Ihre Unterredung mit Troy gleich danach wieder aufnehmen.«
Walsh tauschte sich geschäftig mit dem Computer der Ventris aus – ein Start ohne den Bordingenieur bedeutete etwas mehr Arbeit als sonst – und programmierte ihn so, daß er das Schiff auf den Äquator des Diamantenmondes zusteuerte. »Schnallen Sie sich besser an, Sir. Blake, bitte legen Sie sich auf die Couch des Ingenieurs. Miss Mitchell, Mr. Hawkins, nach unten bitte. Schnallen Sie sich für die Kurskorrektur an.«
Einen Augenblick später donnerten die Steuerraketen wie
Weitere Kostenlose Bücher