Codename: Sparta - 5 - Der Jupiter-Diamant
des Jupiter für das Defizit verantwortlich gemacht. Forster jedoch hatte sich die Aufzeichnungen angesehen und dabei bemerkt, selbst wenn man Strahlenausgleich erklärt hatte, blieb immer noch ein Unterschied in der Wellenlänge – den die Planetenwissenschaftler zwar geflissentlich vermerkt, wegen seiner geringen Größe jedoch als unbedeutend abgetan hatten. Ebenso hatte man auch die Präzision der Umlaufbahn des Merkurs als geringfügige Abweichung angesehen, da sie Newton nicht in Frage stellte, bis dann Einsteins Gravitationstheorie im nachhinein zwei Jahrhunderte später ihren quantitativen Wert lieferte.
Dann hatten die Medusen des Jupiter ihr Lied gesungen, und Amalthea war ausgebrochen. Wie es so seine Art ist, beharrte Forster darauf, seine Forschungen wie geplant voranzutreiben, ohne grundsätzliche Änderungen am Entwurf anzukündigen, die möglicherweise wieder die Bürokratie auf den Plan riefen. Er hatte auf dem Weg nach Ganymede tatsächlich ein paar Änderungen am Entwurf vorgenommen, und als ich ihn vor drei Wochen traf, waren er und seine Leute bereits dabei, sie heimlich in die Tat umzusetzen.
Was ich ihm zu sagen hatte, bestätigte ihn in seiner korrekten Einschätzung und unterstrich die Notwendigkeit der Änderungen in seinem Einsatzplan, die er bereits veranlaßt hatte. Aber natürlich bedeutet das WISSEN mehr …«
Ari konnte ihre Sorge nicht länger für sich behalten. »Es bedeutet, daß jeder Versuch, ohne Sparta weiterzumachen, auf ein Desaster hinausläuft.«
»Genau das habe ich Professor Forster auch gesagt. Er hat die Kraft der Beweise nicht geleugnet«, antwortete Jozsef ruhig. »Trotzdem ist er entschlossen, weiterzumachen, gleichgültig, ob mit ihr oder ohne sie.«
»Dann sind er und alle anderen mit ihm zum Tode verdammt. Man muß ihn unbedingt aufhalten … deshalb bist du doch nach Ganymede gereist, Jozsef! Warum hast du dich von ihm so leicht überreden lassen? Kip – du kannst ihn aufhalten«, sagte sie.
»Nicht einmal, wenn ich wollte.«
»Wenn du wolltest …?« Ari sah ihn in ungläubiger Verzweiflung an.
»Ari, die Raumkontrollbehörde hat weder die Absicht noch die Mittel, die Quarantäne auf Amalthea länger aufrechtzuerhalten. Die Indo-Asiaten üben auf Ratsebene einen enormen Druck aus.« Er seufzte ungeduldig. »Sie reden von Sicherheit, von Energiequellen, sogar von Grundlagenwissenschaft. Inzwischen fangen sie an, die ausgebliebenen Dollars der Touristen zu zählen.«
»Und was hat das mit Forster zu tun?« wollte sie wissen.
»Seine Möglichkeiten sind auf ein schmales Startfenster beschränkt. Ob mit oder ohne Ellen – Linda, wollte ich sagen –, es wird jemand auf Amalthea landen. Und zwar schon bald.«
»Uns wäre Forster am liebsten«, sagte Jozsef. »Uns allen, glaube ich.«
»Nein.« Ari versteifte sich. »Nicht ohne sie.«
»Aber das ist vollkommen …« Jozsef räusperte sich geräuschvoll und ließ den Satz unvollendet.
Das übernahm der Commander für ihn. »Das hängt ganz von ihr ab, Ari. Nicht von dir.«
4
Blake Redfield bahnte sich seinen Weg durch die verschlungenen Korridore, vorbei an Ständen mit Jadeschnitzereien, vorbei an Regalen voller Sonderangebote mit Überwachungselektronik, vorbei an Stellagen mit angestrahlten, frisch geschlachteten Enten, die noch Köpfe und Füße hatten, während die Menschen schoben und ihm mit den Ellbogen in die Seite stießen und ihm den Weg versperrten. Außerdem hockten Leute im Kreis auf dem Boden und würfelten oder spielten hsiang-ch’i, oder sie standen heftig gestikulierend und feilschend vor Tanks mit lebenden Forellen, Bergen von Krabben und Stapeln mit blassem, verschrumpeltem Gemüse. Studenten und alte Leute betrachteten durch dicke Brillengläser hindurch echte Bücher aus Papier oder lasen zweifelhafte Zeitungen, die in einem für die meisten Europäer unentzifferbaren Gekritzel gedruckt waren. Alles redete pausenlos in einem melodiösen Kauderwelsch durcheinander, das allen Besuchern vom Nordkontinent als Gebrabbel vorkommen mußte.
Blake hatte sich geschickt verkleidet. Er glich weniger dem jungen Dschingis Khan als einer Flußratte vom Pearl River. Er war ja tatsächlich mütterlicherseits halb Chinese, ansonsten halb Ire, und obwohl er kaum mehr als ein paar der gebräuchlichsten Sätze in Burmesisch oder Thai oder einer der anderen auf Ganymede verwendeten indonesischen Sprachen beherrschte, sprach er doch fließend Mandarin und ein äußerst derbes Kantonesisch, die
Weitere Kostenlose Bücher