Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff
bald in einem Irrgarten felsiger Gänge verlaufen. Verzweifelt trat er den Rückweg an. Er und seine Männer kehrten unverrichteter Dinge ans Meeresufer zurück.
Zu ihrer großen Überraschung entdeckten sie Proteus schon in der Brandung. Er schleppte grüne Bänder aus Algen hinter sich her, als er aufs offene Meer hinausschwamm. Die Achaier eilten ihm hinterher und schwammen mit Leibeskräften. Als sie ihn fast eingeholt hatten, erhob sich ein riesiges Geschöpf aus dem Meer. Es sah aus wie eine Riesenqualle von violetter Farbe, und das Licht schien durch das Wesen hindurch. Tausend Tentakel baumelten von seiner Unterseite herab.
Dennoch war Menelaos nahe genug, um nach Proteus zu greifen. Im selben Augenblick jedoch, als seine Hand sich um den Gott schließen wollte, veränderte der Gott sich. Er verwandelte sich in ein riesiges Meeresungeheuer, glatt und grau und bestückt mit ebenso vielen Armen wie ein Tintenfisch. Eine gewaltige Gischt kochte auf. Das riesige Meeresungeheuer, das Proteus aus der Tiefe gerufen hatte, versank in den Fluten und verschwand.«
An dieser Stelle hielt Tzermon inne, und ich meine, er hätte Redfield – ›Poseidon‹ – für einen Augenblick gemustert, bevor er rasch seine Geschichte zu Ende erzählte. »Bald nach Proteus’ Entkommen erhob sich ein starker Nordwestwind. Menelaos bezweifelte, daß der Gott sein Versprechen gehalten hatte, denn in Wirklichkeit hatte die Jahreszeit der Winde begonnen. Nichtsdestoweniger kehrte er mit dem meltemi im Rücken an die aus dem Himmel gespeisten Fluten des Nil zurück, von wo er, nachdem er die unsterblichen Götter beschwichtigt hatte, mit einem günstigen, von den Unsterblichen gesandten Wind in sein Heimatland zurückkehrte.«
Troy, Redfield und ich mußten feststellen, daß es uns die Sprache verschlagen hatte. Die Andeutungen in Tzermons Erzählung waren besorgniserregend. Kurz darauf geriet unsere Unterhaltung ins Stocken. Wir legten uns nieder, um den Rest der Nacht hier in diesem Schrein zu verbringen, dem geräumigsten Gästehaus im Dorf.
Ein tagheller Lichtstrahl teilte das schummrige Zwielicht, und Redfield trat durch die verhängte Tür, gefolgt von Troy.
»Sollte Ihre göttergleiche Blase oder irgendein anderes Organ übervoll sein, so werden Sie ein Stück den Weg hinunter zu Ihrer Linken einen geeigneten Ort finden, wo Sie sich erleichtern können. Zu dumm, daß wir vergessen haben, aus dem Olymp über den Wolken desodorierende Ambrosia mitzubringen.«
»Oh, und aus dem Publikum dürfen Sie sich auch nichts machen«, bemerkte Troy, während ich durch die Tür nach draußen trat. »Diese Menschen sind bemerkenswert leicht zufriedenzustellen.«
Sehr komisch. Ich tat, was ich konnte, um mich nicht von der Kinderschar stören zu lassen, die mir dorthin folgte. Wie auch immer, Publikum hin oder her, das Gefühl, hemmungslos siebenhundert Meter über dem Meer in den kühlen, blauen Morgen zu pinkeln, bereitete mir ein wildes Vergnügen …
Auf dem Rückweg zum Schrein entdeckte ich eine kleine Herde agrimi, die auf den höhergelegenen Hängen hinter dem Turm der Burg herumhüpften – kri-kri, der kretische Steinbock, die wilden Ziegen, welche die Minoer verehrten und die man in unserer Zeit fast nur noch im Zoo findet. Das Weibchen war das Vorbild für jene Ziegennymphe, die Zeus gestillt hatte – die ursprüngliche Amalthea.
Troy, Redfield und ich waren erleichtert, als wir feststellten, daß wir allein im Schrein waren. Wir verglichen unsere Aufzeichnungen vom Vortag. Tzermons Erzählung von Menelaos und Proteus verriet uns deutlich genug, daß Nemo hier war oder hier gewesen war, vielleicht ein oder zwei Jahrhunderte vor uns, vielleicht sogar noch früher. Aber vielleicht auch erst vor kurzem. Seine Beschreibung hätte nicht deutlicher sein können. In dieser Sache, soviel stand fest, waren die Außerirdischen seine Komplizen.
Wie hatte er überlebt? Was war seine Absicht? Wer waren diese ›Priester des Zeus‹, mit denen er in Verbindung stand? Troy hatte die Antwort auf diese Fragen bereits erraten. Mein träges Gehirn jedoch, dem die Abneigung gegen Verschwörungstheorien angeboren schien, erkannte die versteckten Andeutungen nicht sofort.
»Nemo ist uns wieder einmal zuvorgekommen, wie schon so oft«, sagte sie.
»Und er könnte immer noch alles im Keim ersticken«, sagte Blake. »Was meinen Sie damit?« fragte ich besorgt.
»Unser Weltenschiff – seine Schlüsselversion, die Quelle all dessen, was später
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