Codename Tesseract - Wood, T: Codename Tesseract - The Killer
auf.
Kapitel 44
Paris, Frankreich Montag 10:07 MEZ
Mit einer vollen Einkaufstüte bepackt kam Rebecca zurück in ihre Wohnung. Sie schloss die Tür hinter sich ab, ging in die Küche, stellte die Tüte auf die Arbeitsplatte und schenkte sich den letzten Rest aus der Kaffeekanne ein. Er schmeckte bitter und lauwarm. Sie trat ins Wohnzimmer, blieb für einen Augenblick im Düsteren stehen und zog dann die Vorhänge auf, um ein wenig Licht hereinzulassen. Paris war grau und deprimierend. Der Regen hatte ihre Haare nass und strähnig werden lassen. Sie musste nicht erst in den Spiegel schauen, um zu wissen, dass sie furchtbar aussah.
Von Paranoia getrieben, kontrollierte sie, ob alle Fenster geschlossen und verriegelt waren. Die Wohnung war alt und besaß
dicke Wände, Fußböden und Decken. Kaum ein Geräusch drang von draußen herein, und die Stille machte sie nervös. Sie holte tief Luft, hätte ihre Anspannung gerne ein wenig besser in den Griff bekommen. Niemand wusste von dieser Wohnung. Es war gar nicht ihre. Früher hatte sie ihrem Onkel gehört und jetzt einem ihrer Cousins. Vor ein paar Jahren hatte sie schon einmal ein paar Wochen lang hier gewohnt. Damals hatte sie einen Schlüssel bekommen, zusammen mit den Worten, dass sie das Apartment jederzeit benutzen könne. Ihr Cousin lebte weiter außerhalb und wollte es nicht vermieten, aber aus Sentimentalität auch nicht verkaufen.
Sie tippte auf die Leertaste ihres Laptops und deaktivierte so den Bildschirmschoner. Sie hatte das Gerät laufen lassen, als sie in die Schweiz gefahren war. Die Rechnerkapazität war so gering, dass ihre Decodierungssoftware etliche Tage, vielleicht sogar Wochen brauchen konnte, bis sie die Datei auf Ozols’ USB-Stick entschlüsselt hatte. Wie nicht anders zu erwarten, war sie noch nicht fündig geworden. Der Bildschirm listete eine fortlaufend größer werdende Zahl an bereits abgearbeiteten Kombinationen auf. Milliarden schon abgehakt, Milliarden noch nicht. So würden sie den Code niemals knacken. Oder Rebecca wäre längst an Altersschwäche gestorben, bevor sie das Passwort erfuhren.
Sie überlegte, ob sie nicht doch ihrem Bekannten in Langley eine E-Mail schicken sollte. Er arbeitete in der Kryptografie und hatte Zugriff auf Supercomputer, die praktisch jeden Code innerhalb von Stunden, wenn nicht von Minuten, entschlüsseln konnten. Aber ihr namenloser Gefährte hatte recht. Dadurch würden sie ihren Feinden zu nahe kommen.
Rebecca hatte zunächst einmal praktisch jeden Begriff eingegeben, der für Ozols irgendeine Bedeutung gehabt haben könnte. Sie hatte im Rahmen ihrer Beteiligung an der ganzen Operation viele Informationen über den Letten gesammelt, um sie an den Killer weiterzugeben. Aber keiner dieser Begriffe hatte irgendetwas
gebracht. Der Code bestand vermutlich aus irgendeiner sinnlosen Zeichenfolge, einer Mischung aus Buchstaben und Zahlen, zur zusätzlichen Absicherung.
Sie brühte sich einen frischen Kaffee auf – schwarz mit Zucker – und setzte sich auf einen kleinen, knarrenden Sessel vor einen zweiten, erst kürzlich erworbenen Computer. Auch der Drucker auf dem Fußboden war neu.
Auf dem Bildschirm war die Homepage einer Investmentberatung in London zu sehen: Hartman and Royce Equity Investments. Die Homepage war minimalistisch und elegant gestaltet, mit einer künstlerisch anmutenden Zeichnung der Skyline von London, aus deren Zentrum der Canary Wharf hervorragte. Dort befanden sich die Büros von Hartman and Royce.
Rebecca klickte sich durch die Homepage, bis sie auf einer Seite landete, auf der die leitenden Mitarbeiter des Unternehmens mit einigen biografischen Eckdaten und Fotos aufgelistet waren. Sie blätterte nach unten und blieb bei dem Namen Elliot Seif hängen. Ein Klick auf den Eintrag öffnete ein Fenster mit detaillierteren Angaben zu seiner Person sowie einem größeren Foto.
Mit einem Rechtsklick speicherte sie das Bild.
In einer Telefonzelle ganz in der Nähe wählte sie die Ländervorwahl für Großbritannien und Seifs Büronummer.
Eine Frau mit einem britischen Akzent meldete sich, höflich und ernsthaft. »Hartman and Royce, Sie sprechen mit Melanie. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich hätte gerne einen Beratungstermin mit einem Ihrer Investmentb erater.«
Als Rebecca fünf Minuten später die Telefonzelle verließ, hatte sie einen Termin mit einem gewissen Mr. Brice für den darauffolgenden Tag, um sich über einige private Investitionen sowie ihr Aktiendepot beraten zu
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