Codename Tesseract - Wood, T: Codename Tesseract - The Killer
Klienten bestand. Manche Makler traten als selbstständige Unternehmer auf. Andere waren Teil eines staatlichen Nachrichtendienstes, einer privaten Sicherheitsfirma, des organisierten Verbrechens oder irgendeiner anderen Gruppierung. Oder sie pflegten irgendwelche geschäftlichen Beziehungen zu den Klienten, zum Beispiel als Rechtsanwalt oder Konsul. Gelegentlich wurde der Klient auch durch andere Mittelsmänner an den Makler weiterverwiesen.
Es ließ sich daher auch nicht völlig ausschließen, dass der Makler in Wirklichkeit in Diensten der Polizei oder eines Geheimdienstes stand, die Victor irgendwie auf die Schliche gekommen waren und ihn nur engagiert hatten, um ihn festnehmen zu können. Eine der vielen Gefahren der beruflichen Unabhängigkeit. Der Makler, von dem Victor diesen Auftrag bekommen hatte, war neu, zumindest was den Kontakt mit Victor betraf. Er wusste nichts über ihn, aber seine Effizienz und sein professionelles Handeln legten nahe, dass er schon öfter mit Auftragskillern zu tun gehabt hatte.
Victor nahm den USB-Stick in die Hand und betrachtete ihn. Sah nicht besonders aufregend aus, aber die Informationen, die er enthielt, mussten es sein. Zumindest für eine bestimmte Person. Er sollte den Stick an einem sicheren Ort seiner Wahl hinterlegen und diesen Ort anschließend an den Makler weitermelden.
Der Makler hatte eigentlich eine persönliche Übergabe gewünscht, doch Victor traf sich prinzipiell nicht mit Personen, die im direkten Zusammenhang mit seiner Arbeit standen, es sei denn, er wollte sie ebenfalls umbringen. Nicht nur, weil er niemandem sein Gesicht zeigen wollte, sondern auch, weil eine vorab vereinbarte Übergabe immer eine perfekte Gelegenheit war, ihn in einen Hinterhalt zu locken. Und jetzt hatte es den Anschein, als wäre er, hätte er sich auf den Wunsch seines Maklers eingelassen, in genau solch einem Hinterhalt gelandet. Durch seine Weigerung waren sie gezwungen gewesen,
ihn unmittelbar nach dem Mord an Ozols zu töten, solange sie noch genau wussten, wo er war. Wenn sie gewartet hätten, bis er den Stick versteckt und den Makler informiert hatte, dann hätten sie ihn womöglich aus dem Blick verloren.
Sollte er vielleicht deshalb umgebracht werden, damit die anschließenden Untersuchungen oder eventuelle Vergeltungsmaßnahmen auf keinen Fall bis zum eigentlichen Auftraggeber zurückführen konnten, dann war das zwar verständlich, aber dumm. Abgesehen von ein paar über das Internet ausgetauschten Informationen existierte keinerlei Verbindung zwischen Victor und dem Makler und schon gar nicht zwischen Victor und dem Klienten. Dieses Verfahren diente dem Schutz aller beteiligten Parteien. Aber vielleicht lag die ganze Sache auch viel einfacher. Vielleicht wollte man einfach die zweite Hälfte seiner Gage sparen. Aber dafür ein ganzes Team von Attentätern zu engagieren war auch nicht gerade billig, auch wenn dieses, nach Victors Einschätzung, nicht annähernd so viel gekostet haben dürfte wie er selbst.
In der Lobby angekommen, nannte er dem Portier Swjatoslaws Namen und bat um die Rechnung. Dann fügte er hinzu: »Sie haben noch ein paar Sachen von mir im Safe.«
Sollte der Mann am Tresen sich entschließen, einen Blick auf das Foto im Reisepass zu werfen, dann würde er auffliegen. Er steckte die Hand in die Innentasche seines Mantels, um die Fünfundvierziger zu entsichern, ließ es aber sein. Der Kerl war jung und schmächtig. Er würde keinen allzu großen Widerstand leisten.
Wenige Sekunden später war der Portier wieder da und reichte Victor einen Reisepass, ein Flugticket und eine Brieftasche mit mehreren Kreditkarten. Er hatte eine unverändert fröhliche Miene aufgesetzt. Victor war froh, dass er sich die Dokumente nicht näher angeschaut hatte. Er sah die Sachen durch, wie jemand, der auf keinen Fall etwas vergessen wollte. Der Flug sollte nach München gehen, Businessclass. In der Brieftasche
lagen zwei Kreditkarten. Sie waren, genau wie das Flugticket, auf den Namen Michail Swjatoslaw ausgestellt. Victor steckte die Brieftasche mitsamt dem Ticket in seine Tasche. Kein Schlüsselbund. Jetzt war es zu spät, sich zu überlegen, wo der vielleicht sein könnte.
Er unterzeichnete die Rechnung und bezahlte mit der abgegriffeneren der beiden Kreditkarten, nicht, ohne vorher einen unauffälligen Blick auf die Rückseite mit der Unterschrift zu werfen. Die Fälschung würde zwar keinen Schriftexperten täuschen, aber für einen Hotelangestellten, der so
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