Codename Tesseract - Wood, T: Codename Tesseract - The Killer
ließ, da er zwar gut, aber nicht fließend französisch sprach.
Schließlich entfernte er sich vom Ort des Geschehens, hastete genau wie die verängstigte Menge die Straße entlang, obwohl er keine Angst verspürte. Er wäre gerne noch länger geblieben, aber es war jetzt schon alles voller Polizei. Wahrscheinlich waren sogar noch mehr Einheiten im Anmarsch. Die Polizisten beobachteten die Menschenansammlung bereits, suchten nach potenziellen Zeugen und Verdächtigen. Er wollte jetzt auf keinen Fall irgendwelche heiklen Fragen gestellt bekommen.
Er wusste, dass ein Stück weiter entfernt, in einer Seitenstraße, ein Münzfernsprecher stand – weit genug abseits, damit man dort ungestört telefonieren konnte, aber immer noch so
dicht am Hotel, dass der Bericht zeitnah erfolgen konnte. Er würde jedoch erheblich anders ausfallen als erwartet.
Der Mann wusste nicht genau, was im Inneren des Hotels vorgefallen war, aber er brauchte eigentlich nur zwei und zwei zusammenzuzählen. Die Zielperson war entkommen und hatte einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst. Das Team, das den Auftrag übernommen hatte, war nirgendwo zu sehen. Er hatte Gesprächsfetzen aufgeschnappt, in denen von mehreren Leichen die Rede gewesen war. Kein Teammitglied hatte das Hotel verlassen. Man musste kein Genie sein, um sich zusammenzureimen, was passiert war.
Er kam an einer Gruppe junger Frauen vorbei, die direkt auf das Durcheinander zugingen, und bog nach links in die kleine Seitenstraße, wo exotische Düfte aus einem Café auf die Straße wehten. Die Telefonzelle war leer, und er trat ein, zog die Tür hinter sich zu und war froh, dass der Lärm dadurch etwas gedämpft wurde und er besser nachdenken konnte.
Er wählte eine Nummer und überlegte, während er auf die Verbindung wartete, wie er diesen spektakulären Fehlschlag am besten in Worte kleiden sollte.
Sein Auftraggeber würde jedenfalls alles andere als erfreut reagieren.
Kapitel 7
09:15 MEZ
Nicht einmal anderthalb Kilometer entfernt blickte Alvarez auf den Leichnam hinab, der auf einer Edelstahlbahre vor ihm lag, und seufzte tief. Die faltige Haut war bleich, die Augen geschlossen, die Lippen blau verfärbt. Ein kleines, rotes Loch an der linken Schläfe. Die Eintrittswunde. Das Loch in der rechten Schläfe war größer, gröber. Die Austrittswunde.
»Ja«, keuchte er. »Das ist das arme Schwein.«
Der Assistent des französischen Gerichtsmediziners reagierte mit einem leichten Nicken. Er stand einen guten Meter entfernt auf der anderen Seite der Bahre, ein junger Mann Mitte zwanzig. Alvarez sah, dass an seinen Augenbrauen trotz der kühlen Temperaturen Schweißperlen hingen. Unruhig trat der junge Mann von einem Fuß auf den anderen. Alvarez tat so, als hätte er es nicht bemerkt.
Dem Amerikaner war klar, dass er auch nicht gerade zur Beruhigung des Bürschchens beitrug. Er wusste ja, dass seine Miene eigentlich immer finster aussah und dass Menschen, die ihn nicht so gut kannten, sich in seiner Gegenwart unwohl fühlten. Selbst ein Lächeln nützte da nichts. Dazu kam noch seine schiere Masse. Alvarez’ Hals war dicker als sein Schädel, seine Schultern nahmen die ganze Breite eines Türrahmens ein. Im Fall einer Konfrontation war seine äußere Erscheinung durchaus von Vorteil, aber ansonsten einfach nur hinderlich. Er musste sich doppelt so sehr ins Zeug legen wie alle anderen, nur damit seine Gesprächspartner ihm überhaupt trauten.
Er hielt den gerichtsmedizinischen Bericht in der Hand und suchte nach der Beschreibung der Schusswunden. Noch zwei weitere in der Brust. Er machte eine Handbewegung.
»Lassen Sie mal sehen.«
Der junge Mann blickte sich nervös um, bevor er vorsichtig das weiße, schutzimprägnierte Tuch anfasste. Er schlug es zurück und gab den Blick auf den Oberkörper des Leichnams frei.
Alvarez besah sich die beiden sauberen Löcher im Brustbein. »Die sehen ziemlich kleinkalibrig aus. Zweiundzwanziger?«
»Nein«, erwiderte sein Gegenüber. »5,7 Millimeter. In allen drei Wunden. Zwei in der Brust, eine im Schädel.«
»Interessant. «Alvarez beugte sich vor, um noch besser sehen zu können. »Aus welcher Entfernung?«
»Keine Schmauchspuren, also keine aufgesetzten Schüsse, mehr kann ich nicht sagen. Hören Sie, ich bin nur Assistent, kein Fachmann für Ballistik. Ich … ich bin da überfragt.«
Was du nicht sagst, dachte Alvarez. Er überlegte kurz. Die 5,7-Millimeter-Geschosse bedeuteten, dass es eine FN Five-seveN gewesen sein
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