Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden
durchführten, hielt NSA-Chef Lincoln D. Faurer bestimmte von der NSA abgefangene Informationen zurück. Dieses perfide Vorgehen stellte sicher, dass die wenigen Offiziere der Marines, die den Anschlag überlebt hatten, dafür verantwortlich gemacht werden würden. Angestiftet von der CIA ging die NSA so weit, „Kampfschadensbewertungen“ zu erstellen, die die ausgeklügelten Lasterbomben einer Beiruter Straßengang namens Amal in die Schuhe schoben. Ein abgekartetes Spiel.
Colonel Tim Geraghty, Kommandeur der Marines im Libanon und damals auf dem besten Wege zum General, musste erleben, wie seine Karriere durch eine „Abmahnung ohne Strafandrohung“ beendet wurde, in der unglaublicherweise ihm die Schuld an dem Anschlag angelastet wurde, weil er ihn nicht vorhergesehen hatte. Sein kommandierender Offizier, Lieutenant Colonel Jim Gerlicht, war seit dem Anschlag querschnittgelähmt und konnte weder Arme noch Beine bewegen. Der Brief, der seine Karriere beendete, wurde ihm im Bethesda Naval Hospital zugestellt.
CIA und NSA sorgten dafür, dass den am Flughafen stationierten Offizieren der Marines die Schuld zugeschoben wurde. Es gibt in der amerikanischen Militärgeschichte kein Beispiel für kaltblütigere und skrupellosere Geheimdienstpolitik. Lincoln Faurer sah zu, wie die Marineinfanterie-Offiziere unehrenhaft in den vorzeitigen Ruhestand geschickt wurden, während er seinen Job behielt und zum Vier-Sterne-General befördert wurde.
Erst 2003 wurden Abschriften der Nachrichten veröffentlicht, die zwischen Teheran und Damaskus ausgetauscht wurden, nachdem Colonel Geraghty, Kommandeur der Marines in Beirut, wiederholt auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes Anträge gestellt hatte. In den 20 Jahren nach dem Anschlag von Beirut sollte die National Security Agency immer wieder versäumen, Entscheidern und Militärkommandeuren rechtzeitig wichtige Informationen zu liefern. Das JSOC sah zu und lernte.
Nach Beirut und Grenada erkannten die Kommandeure beim JSOC, dass sie sich nicht auf konventionelle nachrichtendienstliche Kanäle verlassen konnten, um zielführende Informationen zu beschaffen oder vorhersagbare Aktionen des Feindes zu vereiteln. Insgeheim bezeichneten die JSOC-Planer NSA, CIA und FBI irgendwann als „die drei Verrückten“ (in Anlehnung an die Komiker aus The Three Stooges – A. d. Ü.). Eine Mischung aus politischer Spitzfindigkeit, technischer Unzulänglichkeit, Rivalität zwischen den Diensten und fortgesetzter Inkompetenz machte deutlich, dass das JSOC selbst tätig werden musste, wenn es zeitgerecht zielspezifische Informationen haben wollte.
Als das SEAL-Team 6 erweitert wurde, machte sich das JSOC an die Entwicklung eigener Spezialisten für technische und signalbezogene Informationsgewinnung, Ermittlungen und Recherchen. Das JSOC wurde um ein viertes operatives Element aufgestockt, das das „Schattenreich“ vervollständigte. Die Geheimdienstkomponente des JSOC war das schwärzeste aller schwarzen Programme. Es bekam zahllose Bezeichnungen und Beinamen und änderte so häufig seine Organisationsstruktur und seinen physischen Standort, dass außerhalb des JSOC niemand feststellen konnte, wo es war oder was genau es tat. Die neue Einheit erhielt einen sehr passenden Namen: Sie hieß „Grey Fox“ – Graufuchs.
Als der Krieg gegen den Terror weiterging, erstellte das JSOC eigene Analysen und wählte seine Ziele selbst aus. Bei der CIA gab es noch ein paar Spezialisten für die Erkenntnisgewinnung aus menschlichen Quellen, doch die für die Terrorismusbekämpfung zuständigen waren ähnlich unbedeutend und inzestuös wie der Fachbereich für kreatives Schreiben an einem Elitecollege. Etliche ehemalige SEALs gründeten entsprechende Unternehmen und belieferten staatliche Stellen mit Einschätzungen zur Vorgehensweise und zu den Fähigkeiten von Terroristen. Selbst SEALs, die keine SEALs mehr waren, schlugen die CIA in ihrem eigenen Spiel.
Die Codes des Gegners zu entschlüsseln, ist eine Sache. Den zu fangen, der die Nachricht geschrieben hat, und ihn dazu zu bringen, sie vorzulesen, eine ganz andere. Die milliardenteuren Supercomputer der NSA verloren immer mehr an Bedeutung, als das JSOC terroristischen Organisationen zu Leibe rückte, die schlau genug waren, auf ihre Satellitentelefone zu verzichten, und vertrauenswürdige Kuriere zur Übermittlung von Befehlen und Plänen einsetzten.
1985 erstürmte ein halbes Dutzend palästinensischer Piraten das italienische
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