Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden
eigenartige Lichter geräuschlos über dem Wald und beim Sheriff gehen Ufomeldungen ein. Camp Pickett ist der Spielplatz des SEAL-Teams 6.
„Wie sieht der Zeitrahmen aus?“, erkundigte sich Scott.
„Wenn Sie wissen wollen, wann es losgeht – das entscheidet der Präsident“, entgegnete McRaven. „Schicken Sie Ihre Leute nach Langley und arbeiten Sie einen detaillierten Plan aus.“
Innerhalb von zwei Tagen einen kompletten Schlachtplan aufzustellen, war keine leichte Aufgabe, doch Scott wusste, dass seine Jungs das schaffen konnten. Ihr Arbeitsalltag bestand seit jeher aus intensiver komplizierter Planung, die oft in letzter Minute erfolgte, denn wenn von oben Befehle kamen, dann wollten die Anzugträger diese am liebsten schon zehn Minuten später ausgeführt sehen. Der vollständige Plan für die Mission würde erst nach Wochen stehen und darin würden laufend alle eingehenden aktuellen Informationen einfließen.
Scott nahm die Mappen und erhob sich. „Einen schönen Tag noch“, sagte er. Er schüttelte McRaven die Hand und bedankte sich, nickte Walter zu und ging durch den niedrigen Gang zurück. Auf dem Weg zur Treppe kam er sich vor wie unter Deck eines Schiffes. Fenster gab es nicht.
Im Treppenhaus lief Scott Colonel Jim Overall über den Weg, seinem Freund und Partner von der TF-160, der Hubschrauberstaffel „Night Stalker“. Jim Overall kommandierte die Ghost-Hawk-Staffel und die gesamte TF-160. Sie hatten schon Hunderte von Einsätzen zusammen ausgeführt, miteinander gegrillt und privat Geburtstag gefeiert. Jetzt gingen sie aneinander vorbei und nickten sich nur flüchtig zu.
Jim Overall senkte den Blick und sah die Mappen in Scotts Hand. Und er hörte Admiral McRavens sonoren Bass, der ihn von der Tür des Konferenzraums aus begrüßte. Kerr wusste, jetzt war Jim Overall an der Reihe. Die Piloten wurden separat informiert.
Scott und Jim tauschten einen Blick aus, der so viel sagte wie: Viel Glück. Wir sprechen uns später. Dass man sich ohne Worte verständigen konnte, war bei Spezialeinsätzen lebenswichtig.
Scott nahm die ersten Stufen, als sich die Tür zur Gruft hinter ihm schloss. Das rote Licht leuchtete wieder auf. Sitzung läuft. Scott wusste, Jim Overall würde ungefähr so viel erfahren wie er selbst, mit ein paar zusätzlichen geografischen Informationen. Jim musste die Flugeinsätze planen und ein Pilot musste nun mal vor allen Dingen wissen, wo er hinfliegen sollte. Dass Informationen separat kanalisiert wurden, bezeichnet man als Abschottung.
Bei dieser Operation würde das bis zur letzten Minute so gehandhabt.
Oben angekommen, schob Scott Kerr die Türe auf und trat ins Tageslicht hinaus. Die Sonne blendete ihn. Mein Gott , dachte Kerr, vielleicht ist es so weit.
Bei der Planung stehen die fünf Ws an erster Stelle: wer, was, wo, wann und warum. Aus einem Informationspaket, der sogenannten „Zielakte“, erfahren die SEALs, wer und wo. Auf der Grundlage dieser Parameter planen sie dann, wie und wann. Der wichtigste Abschnitt eines SEAL-Auftrags ist aber der mit der Überschrift „Absicht des Kommandeurs“. Dieser enthält oft, aber nicht immer, das Warum – die eigentliche Begründung des Einsatzes. Das Warum ist manchmal so offensichtlich, dass es gar nicht eigens genannt werden muss, und mitunter so streng geheim, dass es auf Operatorebene nicht weitergegeben werden darf und manchmal nur einer einzigen Person bekannt ist.
Wenn eine Mission ein Täuschungsmanöver ist, wird das den Einsatzkräften nicht immer mitgeteilt. Die entscheidende Information für den Einsatzplan ist im Abschnitt „Absicht des Kommandeurs“ enthalten – ein klarer Satz, der genau angibt, was die übergeordnete Autorität erreicht sehen will.
JSOC ist ein sogenanntes schwarzes Programm. Täuschung ist Teil jeder JSOC-Mission und die SEALs wissen, wie die Rädchen ineinandergreifen und dass die zivilen Teile der Kommandokette ein Spiegelkabinett darstellen – dazu angetan, jedes Stigma des Misserfolgs abzulenken und den Lohn des Erfolgs zu maximieren.
JSOC und SEALs funktionieren als „nationale Agenten“ und haben eine direkte Kommandokette. Scott Kerr, Kommandeur des SEAL-Teams 6, war nur einem Mann unterstellt, nämlich Admiral Bill McRaven, dem JSOC-Kommandeur. Und Bill McRaven seinerseits war nur zwei Personen rechenschaftspflichtig: dem Verteidigungsminister und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten.
Womit also wurde SEAL-Team 6 beauftragt? Was genau wollte der oberste
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