Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden
Kriegsherr erledigt haben, wenn die SEALs am Zielort eintrafen? Admiral McRaven und Captain Scott Kerr wussten beide, dass dieser Auftrag nicht nur militärische Anforderungen stellte, sondern auch politische Auswirkungen hatte.
Wer sich dazu entschließt, in den SEAL-Teams über den Rang eines Commanders aufzusteigen, der geht immer einen Kompromiss ein. Oberhalb der von der Navy als „0 – 5“ bezeichneten Rangstufe führen SEAL-Offiziere Teams und Gruppen. Offiziere über dem Commander-Rang gehen nur noch selten mit den von ihnen befehligten SEALs „auf Tour“. Es kommt schon mal vor, dass ein Commander den Kampfanzug anzieht und ausrückt, doch nicht sehr häufig. Wenn ein SEAL zum Commander befördert wird (nach 15 Dienstjahren), ist er physisch immer noch fit genug für Einsätze. Fast alle Einsatzkräfte des SEAL-Teams 6 sind Mitte 30 oder älter. Doch die Zeiten, in denen ein Commander Mini-U-Boote gesteuert, Türen eingetreten oder Geiseln befreit hat, sind in aller Regel vorüber.
Commander bekommen Schreibtischjobs, fern von der Front, und beschäftigen sich mit Stabs- und Planungstätigkeiten. Sie haben sich als SEAL-Führer im Einsatz ausgezeichnet – so wurden sie Commander –, doch wenn sie erst in diesen Rang aufgestiegen sind, übernehmen sie überwiegend Managementfunktionen. Und in jeder Organisation müssen Manager verstärkt auch politische Fähigkeiten beweisen.
Die Admirale der SEAL-Teams sind, wenn nicht selbst Politiker, so doch sicherlich in der Lage, als Schaltstelle zwischen Politikern und den Männern zu vermitteln, die den Dreizack tragen. Als das Weiße Haus den Auftrag erteilte, eine hochwertige Zielperson zu fassen, die Al-Qaida-Mitglied war, wusste Scott Kerr ebenso gut wie Bill McRaven, dass nicht nur das Leben ihrer Männer in Gefahr geraten könnte, sondern auch ihre eigene Existenz und ihre Karriere von der genauen juristischen Definition eines in ihren Befehlen verwendeten Begriffs abhängen könnten.
Wenn der Befehl lautet, eine Zielperson „zu fassen“, konnten SEALs die nötige Gewalt anwenden, um sie auszulöschen, wie es in den schriftlichen „Rules of Engagement“, dem Einsatzreglement, heißt. Erhalten SEALs den Auftrag, eine Person zu „neutralisieren“, dann fragen sie, wenn sie schlau sind, nach und lassen sich klar bestätigen, was das genau bedeutet. Ziehen sie den Stecker an seinem Telefon oder töten sie ihn? Wenn sie die Anweisung bekommen, jemanden „auszuschalten“, nehmen sie den Betreffenden dann gefangen oder bringen sie ihn gewaltsam zu Tode?
Die Admiräle und Generäle an der Spitze der militärischen Nahrungskette lassen sich von Juristen beraten. Befehle an taktisch Untergebene gehen durch die Hände von JAG-Anwälten, die sicherstellen, dass diese Befehle nicht gegen Regeln der Kriegführung, Einsatzregeln, Genfer Konvention und etliche weitere Vorschriften vorstoßen, zum Beispiel auch solche über Umweltauswirkungen. Immer öfter werden im Gefecht getroffene Entscheidungen von SEALs im Nachhinein von Politikern infrage gestellt und kritisiert.
Scott Kerr war kaum zum Todesstern zurückgeflogen, als der Laserdrucker auch schon seine Befehle ausspuckte. Sie besagten, er solle planen, eine „hochwertige Zielperson in einem nicht permissiven Umfeld zu fassen“ und zwei Offiziere zur „TAD, temporary additional duty“ vorübergehend zur CIA-Zentrale abzukommandieren, um den Planungszyklus einzuleiten. Bei der Einsatzplanung konnten sich Scott Kerr und die Offiziere des Red Squadrons an mehreren warnenden Beispielen orientieren.
Am 31. März 2004 gerieten drei Wachleute, die im Auftrag des Militärs in Falludscha im Irak einen Nahrungsmittelkonvoi sicherten, in einen Hinterhalt. Einer von ihnen war ein ehemaliger Navy SEAL. Nachdem man die drei erschossen hatte, wurden ihre Leichen aus dem Fahrzeug gezerrt, entkleidet, zerstückelt und in Brand gesteckt. 14 Monate später fasste ein SEAL-Team den Verantwortlichen: Ahmed Hashim Abed.
Er wurde in Gewahrsam genommen und behauptete später, er sei während seiner Gefangennahme von einem SEAL geschlagen worden. Geschlagen. Major General Charles Cleveland, Kommandeur des Special Operations Command Centrals der Army und ein Politiker, wie er im Buche stand, bestand darauf, dass sämtliche an der Festnahme Ahmed Hashim Abeds beteiligten SEALs wegen Misshandlung und Körperverletzung angeklagt wurden. Die Regierung Obama stimmte zu und ließ zu, dass der Fall vor Gericht kam. Die SEALs, die
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