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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Calderon-Tals, das einst als das abgelegenste, primitivste Grenzland in ganz Alera gegolten hatte. Sie sah auf die Landschaft hinunter, die weit unter ihnen langsam vorbeizog, und war etwas enttäuscht. Sie hatte Calderon nur selten aus der Luft gesehen, und das Land unter ihr erstreckte sich ringsum meilenweit. Es sah überall gleich aus – entweder wilder Wald mit sanften Bergen, die Falten in einem Tischtuch glichen, oder besiedelte Gegenden, die von den breiten, flachen Streifen der winterlichen Felder geprägt waren, die für den Frühling bestellt wurden. Die Straßen führten schnurgerade zwischen Wehrhöfen und Ortschaften hindurch.
    Vielleicht sah sie sogar genau in diesem Augenblick auf ihr Zuhause hinab. Es gab keinen markanten Punkt, an dem sie es aus dieser Höhe hätte erkennen können.
    »… was dafür gesorgt hat, dass die Seuche sich langsamer in dem Flüchtlingslager ausgebreitet hat«, sagte eine ruhige Frauenstimme.
    Isana blinzelte und sah ihre Begleiterin an, eine schlanke junge Frau mit ernstem Gesicht und dünnem, weißblondem Haar, das ihr wie ein seidenes Tuch bis zu den Ellenbogen reichte. Isana spürte die Geduld und die sanfte Erheiterung des Mädchens, durchsetzt von einer gleichermaßen sanften Traurigkeit, die von ihr ausstrahlte wie Hitze von einem Backofen. Isana wusste, dass Veradis ihrerseits sicher gespürt hatte, dass sie ganz in ihre Gedanken versunken gewesen war.
    Veradis schaute von einem Stapel Notizen auf und zog eine dünne, helle Augenbraue hoch. Die winzige Andeutung eines Lächelns huschte über ihren Mund, aber sie hielt den Schein aufrecht. »Herrin?«
    »Es tut mir leid«, sagte Isana kopfschüttelnd. »Ich habe an Zuhause gedacht. Das kann einen ablenken.«
    »Wie wahr«, sagte Veradis und neigte den Kopf. »Deshalb versuche ich auch, nicht an mein Zuhause zu denken.«
    Ein Speer bitterer Trauer ging kurz von der jungen Frau aus: Der Schaft bestand aus Schuldgefühlen, die Spitze aus Wut. So schnell, wie das Gefühl aufgeblitzt war, verschwand es auch wieder. Veradis setzte ihr Elementarwirken ein, um ihre Emotionen vor Isanas scharfsichtigen Wasserwirkersinnen zu verbergen. Isana war dankbar für die Rücksichtnahme. Da sie über keinerlei Talent im Metallwirken verfügte, um die empathische Empfindlichkeit auszugleichen, die jeder Wasserwirkerin von Isanas Könnerschaft zu eigen war, konnten starke Gefühle so erschreckend und schmerzhaft sein wie ein plötzlicher Schlag ins Gesicht.
    Nicht dass Isana es der jungen Frau verdenken konnte, wie sie empfand! Veradis’ Vater war der Hohe Fürst von Ceres. Sie hatte gesehen, was in ihrer Heimat geschehen war, als die Vord sich darüber hergemacht hatten.
    Jetzt lebte dort nichts Menschliches mehr.
    »Es tut mir leid«, sagte Isana leise. »Ich habe nicht nachgedacht.«
    »Wirklich, Herrin«, sagte Veradis mit ruhiger und leicht abwesender Stimme, ein verräterisches Zeichen dafür, dass sie Metallwirken einsetzte, um ihre Gefühle im Zaum zu halten und zu verbergen, »darüber musst du hinwegkommen. Wenn du versuchst, jeden Gesprächsgegenstand zu meiden, der mich vielleicht an Cer … an meine ehemalige Heimat erinnern könnte, dann wirst du nie mehr ein Wort mit mir sprechen können. Es ist nur natürlich, dass ich jetzt Schmerz empfinde. Aber du hast nichts getan, um ihn zu verursachen.«
    Isana streckte den Arm aus, um Veradis’ Hand einen Augenblick lang sacht zu berühren, und nickte. »Dennoch, mein Kind.«
    Veradis schenkte ihr wieder ein kleines Lächeln. Sie warf einen Blick auf ihre Papiere hinab und sah dann wieder zu Isana hinüber. Die Erste Fürstin straffte Rücken und Schultern und nickte ihr zu. »Verzeihung, was hast du eben gesagt? Irgendetwas über Ratten?«
    »Wir hatten keine Ahnung, ob sie vielleicht die Krankheit übertragen könnten«, sagte die junge Frau, »aber als Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, um drei Lager vor den Vordfängern zu schützen, hat zugleich die Anzahl von Ratten in ihnen stark abgenommen. Einen Monat später waren eben diese Lager so gut wie frei von der Seuche.«
    »Dann nutzen wir das verbliebene Geld, das die Dianische Liga für Sicherheitsvorkehrungen zur Verfügung gestellt hat, um dieselben Maßnahmen nach und nach auch in den anderen Lagern durchzuführen. Diejenigen, die am stärksten von der Seuche betroffen sind, sollen den Vorzug erhalten«, sagte Isana.
    Veradis nickte und zog ein zweites Papier aus dem Stapel. Sie reichte es Isana samt einem

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